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Vierte Impfung für alle? Djir-Sarai übt scharfe Kritik an Karl Lauterbach


Vierte Impfung für alle?
FDP-Generalsekretär übt scharfe Kritik an Lauterbach

Von afp, dpa, t-online
Aktualisiert am 16.07.2022Lesedauer: 3 Min.
Karl Lauterbach (SPD): Der Bundesgesundheitsminister hält eine vierte Corona-Impfung auch bei jüngeren Menschen für sinnvoll.Vergrößern des Bildes
Karl Lauterbach (SPD): Der Bundesgesundheitsminister hält eine vierte Corona-Impfung auch bei jüngeren Menschen für sinnvoll. (Quelle: imago-images-bilder)

Lauterbach sieht auch für unter 70-Jährige einen Vorteil in einem zweiten Booster – entgegen der Stiko-Empfehlung. Djir-Sarai kritisiert sein Vorpreschen.

Aus der FDP kommt scharfe Kritik an einem Vorstoß des Gesundheitsministers zur zweiten Booster-Impfung. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagt dem Nachrichtenportal t-online: "Herr Lauterbach tut meiner Meinung nach gut daran, der Stiko bei Impfempfehlungen nicht vorauszugreifen." Djir-Sarai ergänzt: "Als zuständiger Minister sollte er sich vielmehr darum kümmern, dass die Pandemiebekämpfung jetzt effizient gehandhabt wird und wir im Herbst schnell auf eine verlässliche Datenerhebung und ein besseres Datenmanagement zurückgreifen können."

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte zuvor auch Menschen unter 60 Jahren eine vierte Corona-Impfung empfohlen. "Wenn jemand den Sommer genießen will und kein Risiko eingehen will zu erkranken (...), dann würde ich in Absprache natürlich mit dem Hausarzt auch Jüngeren die Impfung empfehlen", sagte Lauterbach am Donnerstag im "Spiegel"-Spitzengespräch über eine zweite Auffrischungsimpfung. "Dann hat man einfach eine ganz andere Sicherheit."

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Das Long-Covid-Risiko sei "deutlich reduziert für ein paar Monate", ebenso wie das Infektionsrisiko, sagte Lauterbach. Einen an Omikron angepassten Impfstoff könnten die Menschen auch nach der vierten Impfung nehmen. Einen solchen Impfstoff könnte es Ende August oder Anfang September geben, das hänge aber von der Zulassung ab, sagte der Gesundheitsminister.

Lauterbach geht damit über die Empfehlungen von EU und Ständiger Impfkommission hinaus. Die EU hatte am Montag eine zweite Auffrischungsimpfung für Menschen ab einem Alter von 60 Jahren empfohlen. In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) bislang eine zweite Booster-Impfung für Menschen ab 70 Jahren, Risikopatienten sowie Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen und Beschäftigte im medizinischen Bereich und in Pflegeeinrichtungen.

Lauterbach sagte, Impfentscheidungen seien immer eine Entscheidung zwischen Arzt und Betroffenen. Die Stiko "empfiehlt ja nur im Allgemeinen". Eine zweite Auffrisch-Impfung mit der meist nötigen vierten Spritze haben laut RKI inzwischen knapp 6,2 Millionen Menschen oder 7,5 Prozent der Bevölkerung. Bei Über-60-Jährigen sind es 21,3 Prozent.

Auch von der Stiko kommt Kritik

Auch der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, wandte sich gegen breite Viertimpfungen auch für jüngere Menschen. Er kenne keine Daten, die einen solchen Ratschlag rechtfertigten, sagte er der "Welt am Sonntag" und fügte hinzu: "Ich halte es für schlecht, medizinische Empfehlungen unter dem Motto "Viel hilft viel" auszusprechen".

Lauterbach empfiehlt Masken in Innenräumen

Mit Blick auf die weiter hohen Ansteckungszahlen sagte Lauterbach, er rate jedem, in Innenräumen besonders bei schwacher Lüftung Maske zu tragen. Die Sieben-Tage-Inzidenz gab das RKI am Freitag mit 719,2 an – nach 720,4 gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen am Vortag und 699,5 vor einer Woche. Die Inzidenz liefert aber kein komplettes Bild – vor allem weil nicht alle Infizierten auch PCR-Tests machen, aber nur diese in die Statistik eingehen. Lauterbach erläuterte mit Blick auf die Dunkelziffer, die tatsächliche Sieben-Tage-Inzidenz dürfte bei 1.400 bis 1.500 liegen. "Wir haben zu hohe Fallzahlen. Eine Durchseuchung wäre etwas ganz anderes."

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich drückt bei den Vorbereitungen für die Zeit nach dem Sommer aufs Tempo. "Wichtig ist, dass wir uns rechtlich durch ein neues Infektionsschutzgesetz auf die Situation im Herbst vorbereiten", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Länder und Kommunen müssten rechtssichere Schutzmaßnahmen ergreifen dürfen. "Ich hoffe, dass wir noch rechtzeitig sind." Er verwies darauf, dass im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen bereits etwa die Hälfte der Sommerferien vorüber sei. Die zum Frühjahr deutlich zurückgefahrenen Corona-Bestimmungen im Infektionsschutzgesetz laufen am 23. September aus. Die Regierung berät über Anschlussregelungen.

Das RKI sieht generell einen weiterhin hohen Infektionsdruck in allen Altersgruppen, wie es im Wochenbericht von Donnerstagabend hieß. Die Sieben-Tage-Inzidenz der gemeldeten Fälle blieb demnach im Vergleich zur vorherigen Berichtswoche weitgehend unverändert – "es zeichnet sich ein Plateau ab", schrieb das Institut. Allerdings seien auch bei gleichbleibenden Fallzahlen weitere Anstiege schwerer Erkrankungen, von Hospitalisierungen und Todesfällen zu erwarten. Aus 235 Alten- und Pflegeheimen (Vorwoche: 192) seien Ausbrüche gemeldet worden.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen AFP und dpa
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