Atomkraft-Debatte FDP fordert Prüfung von längeren AKW-Laufzeiten
Wie kann die Energieversorgung gesichert werden? Der FDP-Fraktionschef regt an, die Atomkraftwerke möglicherweise länger laufen zu lassen.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr fordert eine offene Debatte über die Laufzeiten der Atomkraftwerke angesichts der drohenden Energieknappheit. t-online sagte Dürr: "Die Bundesregierung sollte daher prüfen, inwieweit wir auch Kernenergie zur Überbrückung nutzen können."
Dürr erklärt zudem: "Wir müssen die Lücke, die durch die Drosselung der russischen Gaslieferungen entsteht, schnellstmöglich schließen. Zwar ist es richtig, dafür auch auf Kohle zu setzen. Genauso wie die Verlängerung der Kohleverstromung sind auch Gaslieferungen aus Katar natürlich kein Herzenswunsch. Aber dies ist jetzt notwendig."
Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour hatte zuvor Kritik an der Idee geübt, die Atomkraftwerke weiterlaufen zu lassen, dies sei nicht umsetzbar. Dürr sagt dazu: "Ideologische Debatten können wir uns angesichts drohender Energieengpässe im kommenden Winter nicht leisten. Wir dürfen keinesfalls sehenden Auges in eine Energieknappheit laufen."
CSU-Chef Markus Söder hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Debatte um die vorübergehende Verlängerung der Atomkraft die Verbreitung falscher Argumente vorgeworfen. Es sei "fachlicher Blödsinn" zu sagen, es seien keine Brennstäbe für die Atomkraftwerke zu bekommen, sagte Söder am Montag im Anschluss an eine Sitzung des CSU-Vorstands in München vor Journalisten. "Überall in der Welt sind sie besorgbar, alle europäischen Nachbarn machen das" – es sei nicht erklärbar, warum Deutschland das nicht gelingen solle.
Scholz hatte dem "Münchner Merkur" gesagt, wenn es problemlos möglich wäre, die Laufzeit von Atomkraftwerken um ein oder zwei Jahre zu verlängern, würde sich jetzt wohl kaum jemand dagegen stellen. Unter Berufung auf Fachleute sagte Scholz, die Brennstäbe reichten aber nur bis Jahresende. "Neue Brennstäbe zu besorgen, dauert nach diesen Aussagen zwölf bis 18 Monate – mindestens." Deshalb helfe die Atomkraft jetzt nicht weiter.
Söder: Grundbedürfnisse stehen unter Druck
Söder hielt dagegen, es gebe "keine Argumente – außer rein ideologische Basta-Argumente –, die Kernkraft nicht zu verlängern, zumindest bis diese Krise überwunden ist". Der CSU-Chef sprach sich für eine Verlängerung der Laufzeiten bis ins Jahr 2025 aus. Neben Problemen mit der Gasversorgung erwarte er auch eine Stromlücke. "Es ist ein Gebot der Stunde, hier energiepolitische Vernunft zu zeigen", sagte Söder.
Söder kritisierte die gesamte Bundesregierung. Diese müsse die Sorgen der Menschen viel ernster nehmen. "Die Grundbedürfnisse wie Essen, Heizen, Nahrungsmittel und Arbeitsplätze stehen unter Druck", sagte der CSU-Vorsitzende.
Deshalb sei nun ein Konzept für die nächsten Monate oder vielleicht Jahre nötig. Zunächst müsse dabei transparent gemacht werden, was die Folgen einer möglichen Gasnotlage seien. Es müsse klar sein, wer das Gas gedrosselt oder sogar abgeschaltet bekomme.
Grüne bezeichnen Söder-Vorschläge als "hanebüchen"
Die Grünen kritisierten die Vorschläge des bayerischen Ministerpräsidenten als "hanebüchen". Der Parteivorsitzende der Grünen, Omid Nouripour, sagte am Montag in Berlin, er würde Söder "empfehlen, einmal mit den Zuständigen auch in den Betrieben zu sprechen, bevor er wirklich jenseits aller Fakten Vorschläge macht". Was Söder da mache, sei "eindeutig ideologisch und, ehrlich gesagt, hanebüchen".
Gegen eine verlängerte Laufzeit der verbliebenen drei Atomkraftwerke gebe es zahlreiche Argumente, führte der Grünen-Vorsitzende aus. Beispielsweise fehle es an Brennelementen. Diese wären auch kurzfristig nicht zu beschaffen.
"Durch die Art und Weise, wie die russische Seite nicht nur den Krieg führt, sondern jetzt auch Gas als Waffe einsetzt, ist unsere Energiesicherheit bedroht", sagte der Co-Parteivorsitzende. In so einer Lage sei es zwar "nicht schön, aber machbar", Kohlekraftwerke weiterlaufen zu lassen. Der Weiterbetrieb der drei Atomkraftwerke sei dagegen schlicht nicht machbar.
- Nachrichtenagenturen AFP und dpa