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G20-Gipfel in Hamburg: "Sicherheitspolitisch höchst bedenklich"


G20: Polizei sauer auf Merkel
"Es wird zu schwersten Ausschreitungen kommen"

t-online, Jonas Mueller-Töwe

Aktualisiert am 06.07.2017Lesedauer: 3 Min.
Wasserwerfer der Polizei in HamburgVergrößern des Bildes
Proteste gegen den G20-Gipfel in Hamburg: Bereits in der Nacht zu Mittwoch setzte die Polizei Wasserwerfer ein. (Quelle: Daniel Reinhardt/dpa-bilder)
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Sicherheitszonen, Proteste, Verletzte und Festnahmen: Der G20-Gipfel macht Hamburg in den kommenden Tagen zum Hexenkessel. Kriminalbeamte, Forscher und Opposition kritisieren die Kanzlerin. Merkel hatte die Stadt zum Austragungsort bestimmt - auch aus symbolischen Gründen.

Kurz vor Beginn des G20-Gipfels hat der Hamburger Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) seine Kritik an der Wahl des Veranstaltungsortes deutlich verschärft. "Es wird höchstwahrscheinlich zu schwersten Ausschreitungen kommen", sagt Jan Reinecke im Gespräch mit t-online.de. Bereits in den vergangenen Tagen war es zu Auseinandersetzungen gekommen. Mehrere Demonstranten und Polizisten wurden verletzt. In der Nacht zu Mittwoch hatte die Polizei einen Protest in St. Pauli mit Wasserwerfern beendet.

Insgesamt sei Hamburg als Veranstaltungsort "sicherheitspolitisch höchst bedenklich", sagt Reinecke. "Der Austragungsort war eine politische Entscheidung - die Polizei wurde nicht gefragt." Auch in Strategiebesprechungen der Polizei hätten Führungskräfte einschließlich des Einsatzleiters immer wieder diese Kritik geäußert. "Die unmittelbare Nähe der Messe ist polizeilich nur schwer zu kontrollieren." Die Polizei Hamburg habe nun "das Maximum herausgeholt", halte dafür aber den Atem der Stadt an.

Behr: Sicherheit überwiegt Freiheit

Wissenschaftler Rafael Behr teilt die Bedenken des BDK-Vorsitzenden. Der Polizeiforscher und Kriminologe lehrt an der Akademie der Polizei Hamburg und der Uni Hamburg. „Das Ausmaß der notwendigen Sicherheitsvorkehrungen wurde in der Politik vermutlich nicht von Anfang an bedacht", sagt Behr im Gespräch mit t-online.de. "Was wir nun sehen, ist das Ergebnis eines dynamischen Prozesses, in dem sich Sicherheit gegenüber der Freiheit durchgesetzt hat.“

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Die Entscheidung für Hamburg sei insofern nachvollziehbar, da nur wenige Städte in Deutschland über die infrastrukturellen Voraussetzungen für eine derart große Konferenz verfügten. Der Preis des Gipfels sei aber eine "Zerreißprobe für die offene Gesellschaft", wie Behr es nennt. "Einsatzkräfte der Polizei werden zum Feindbild, Demonstranten kriminalisiert, Kritiker verdammt, Privatpersonen durch Sicherheitsmaßnahmen in ihrem Bewegungsspielraum eingeschränkt."

Politik fehlte die Sensibilität

Den politischen Entscheidern habe es möglicherweise an Sensibilität gemangelt, den zivilgesellschaftlichen Willen mit in die Entscheidung einzubeziehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Hamburg gemeinsam mit Olaf Scholz, dem Ersten Bürgermeister der Stadt, zum Austragungsort bestimmt. An Symbolik wurde dabei nicht gespart: Die Weltoffenheit der Stadt verbinde sich besonders gut mit dem G20-Gipfel, so die Bundesregierung in einer Mitteilung.

An der Durchführbarkeit des eigentlichen Gipfels zweifelt Polizeiforscher Behr nicht. Die sogenannte "Pufferzone" um das Messegelände werde aber zum Feld militanter Angriffe und Gegenmaßnahmen. "Der Gipfel ist dort durchführbar. Aber zu welchem Preis? Diese Planung wird es nun Kritikern ermöglichen, von einer gewissen ‚Arroganz der Macht‘ zu sprechen", sagt Behr.

Auch die Opposition übt Kritik. Die Bundesregierung trage auf jeden Fall einen Teil der Verantwortung. Die "Problemkonstellation war ja lange voraussehbar", sagt Irene Mihalic, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, zu t-online.de. Sicherheitslage und Demonstrationsrechte hätten bei der Wahl des Austragungsortes stärker berücksichtigt werden müssen. "Think Big ist manchmal einfach nicht die beste Idee."

Bis zu 100.000 Demonstranten erwartet

Das Gipfeltreffen der 20 größten Industrienationen und Schwellenländer (G20) findet am 7. und 8. Juli in Hamburg statt. Um die reibungslose Durchführung zu gewährleisten, hat die Polizei sogenannte Sicherheitszonen im Stadtgebiet eingerichtet, in denen Demonstrationen untersagt sind. Erwartet werden bis zu 100.000 Menschen, die gegen den Gipfel demonstrieren wollen, darunter bis zu 8000 gewaltbereite.

Mindestens 19.000 Polizisten sollen im Einsatz sein, eine spezielle Gefangenensammelstelle wurde eingerichtet. Außerdem hat die Stadt Hamburg die Bundeswehr zu Hilfe gerufen, wie aus einer Kleinen Anfrage der Grünen-Fraktion an die Bundesregierung hervorgeht.

Die Bundeswehr soll demnach unter anderem ein "Luftlagebild" erstellen. Ob dabei Aufklärungsflugzeuge des Typs "Tornado" zum Einsatz kommen werden, wie beim G8-Gipfel in Heiligendamm 2007, wollte ein Sprecher der Hamburger Polizei weder bestätigen noch dementieren.

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