Anne Will zur Saarland-Wahl "Eine überraschend klare Sache"
Wahlsieger CDU, SPD geschlagen. Unspektakulärer als prognostiziert endete die Saarland-Wahl. Dennoch diskutierte Anne Will mit ihrer aktuellen Runde die Zahlen.
Die Gäste
- Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz
- Sahra Wagenknecht (Die Linke), Fraktionsvorsitzende im Bundestag
- Katrin Göring-Eckardt (Die Grünen), Fraktionsvorsitzende im Bundestag
- Volker Kauder, Vorsitzender der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion
- Markus Feldenkirchen, Hauptstadtkorrespondent "Der Spiegel"
Das Thema
"Das war eine überraschend klare Sache", eröffnete Will die Sendung. Für Rot-Rot-(Grün) reicht es nicht, einzige Option in Saarbrücken ist eine Große Koalition. Ob der Schulz-Effekt für die SPD schon verpufft sei, fragte Will Feldenkirchen. Der bezeichnete das als "infantile Politikbetrachtung". Die Saarländer hätten über eine Ministerpräsidentin entschieden, der sie vertrauten. Für die Merkel-Schulz-Frage auf Bundesebene sei die Saarland-Wahl "so bedeutsam wie die letzte Landratswahl in der Lausitz", so der Journalist. Szenenapplaus.
Dennoch schwebte im Folgenden die Bundestagswahl wie ein drohendes Gewitter über der Sendung. Alle Teilnehmer hatten nämlich schon auf Wahlkampfmodus umgestellt.
Die Fronten
Die SPD hatte habe nicht erreicht, was man sich erhofft habe, sagte SPD-Frau Dreyer. Um dann nachzuschieben: "Na ja, es war eine Landtagswahl" - nur nicht Hoffnungsträger Martin Schulz beschädigen lassen. Im Duell mit Bundeskanzlerin Angela Merkel sei "noch nichts gelaufen".
Volker Kauder von der CDU freute sich dagegen wie ein Honigkuchenpferd, sprach von einem "schönen Start ins Wahljahr". Man sah ihm die Erleichterung an.
Erstaunlicherweise freute sich auch Wagenknecht trotz verlorener Hoffnung auf Regierungsbeteiligung über ein "gut zweistelliges" Ergebnis. Will entfuhr ein überraschtes "Echt?". Vielmehr machte die Moderatorin die Rechnung auf, dass der "Lafontaine-Faktor" bei jüngeren Generationen, die den SPD-Landes-Übervater der 90-er nicht mehr kennen, nicht gezogen habe.
Wagenknecht musste davon ablenken und brachte wieder Schulz ins Spiel. Der habe "die Hoffnungen nie untersetzt", die SPD beziehe keine klare Position. Will konterte mit Zahlen. Die Wähler hätten einfach Angst vor Rot-Rot gehabt.
Aufreger des Abends
Ob es nicht eine gute Idee sei, diese Koalition nicht mehr ins Spiel zu bringen, kitzelte Will Dreyer. Das sei eine "wirklich ganz schräge Art der Debatte", echauffierte sich Wagenknecht. 40 Prozent im Saarland hätten Rot-Rot-Grün gut gefunden.
Zudem wünschte sich die Mehrheit mehr soziale Gerechtigkeit. Mit der CDU ginge das nicht. Die SPD wolle "nur den Kanzler stellen", beziehe aber ansonsten keine Stellung.
Da platzte Dreyer der Kragen: "Da krieg ich langsam die Krise", schimpfte sie. Wagenknechts Thesen seien "absurd". Als Beispiel für SPD-Pläne zählte sie etwas das Arbeitslosengeld Q auf. Auch Feldenkirchen biss sich an der Linken-Politikerin fest. Die Linke habe sich über zehn Jahre am falschen politischen Gegner abgearbeitet, der SPD. Anstatt der Union oder der AfD. Das wirke sich auf das politische Empfinden der Bürger aus.
Tiefpunkt des Abend
Überhaupt nicht schön war der Diskussionsstil. Je länger die Sendungsuhr tickte, um so aggressiver gaben sich die Teilnehmer. Göring-Eckardt, die keine schönen Grünen-Zahlen präsentieren konnte, blieb nichts anderes übrig, als die Politik der Großen Koalition in Berlin zu geißeln. Mit einer CDU, die den "Dobrindt-Schwachsinn" von der Maut und Seehofer-Querfeuer mitmachen müsse. Mit einer SPD, die Erfolge für sich proklamiere, die keine seien.
Allerdings war der CDU-Mann auch kein Kind von Traurigkeit. Nahezu stoisch lobpreiste er Unions-Erfolge und teilte vor allem gegen Wagenknecht kräftig aus. Diese blieb sich ihrer bekannten Linie "je lauter und unbeirrter, umso besser" treu.
Resultat war ein gegenseitiges Anblaffen, Rederecht-Einfordern und Kreuz-und-Quer-Reden. Da läuft jede Diskussion in der Maikäfergruppe im Kindergarten Sonnenschein geordneter. Das Chaos war den Inhalten abträglich. Konnte man doch den Eindruck gewinnen, man wollte hier schon die Claims für künftige Koalitionen abstecken.
Will-Moment
Dabei hatte die Moderatorin ihre Pappenheimer zunächst im Griff, was im Publikum zur Hoffnung Anlass gab, die Sendung würde veilleicht nicht auf eine totale Wahlkampf-Show hinauslaufen.
Will war frech: "Kann Martin Schulz doch nicht über Wasser laufen?", fragte sie Dreyer. Die konnte nur stutzen und betonen, es habe sich um eine Wahl im Saarland gehandelt. Oder als Will Kauder fragte, ob er Schulz mehr Effekt zugetraut habe. Der stotterte und meinte: "Ich rede ja lieber über mich, als über andere."
Da ginge es ihm wie Dreyer, die nach dem Wahltag wohl auch nicht mehr so gerne über Schulz spreche, konterte Will. Dreyer lächelte darüber hinweg. Dieser Esprit verpuffte jedoch.
Was schade war
Der Zuschauer bekam das, was zu erwarten war. Eine erste Einstimmung auf viele bevorstehende Diskussionen, die vom Wahlkampf zur Bundestagswahl geprägt sein werden. Diese hier war laut. Immerhin schickten die Parteien hohe Hausnummern ins Studio. So laut, dass im Kreuzfeuer viele Positionen nicht mehr zu hören waren. Da wären bohrende Fragen nötig gewesen. Warum nicht die Frage nach sozialer Gerechtigkeit in den Parteiprogrammen in den Ring werfen und dann Farbe bekennen lassen?
Stattdessen gab es vor allem gegenseitige Vorwürfe, wurde der jeweils anderen Partei vermeintliches Dilettantentum unter die Nase gerieben. Ein Hoffnungsschimmer ist: Der Wähler kennt das schon.