"Unglaubliche geheime Aktivitäten" Türkischer Geheimdienst hat 6000 Spitzel in Deutschland
Der türkische Geheimdienst MIT soll in Deutschland ein Informanten-Netz mit Tausenden Mitarbeitern unterhalten. Deutsche Politiker sind alarmiert angesichts der zunehmend aggressiven Praktiken der Agenten.
Der MIT verfüge über rund 800 hauptamtliche Offiziere in Westeuropa, berichtete die "Welt am Sonntag" (WamS). Das Blatt beruft sich auf einen "einflussreichen Sicherheitspolitiker", der namentlich nicht genannt wird. Demnach befinden sich die meisten der Agenten in Deutschland. Dazu kämen noch 6000 weitere Spitzel des MIT.
Der für Geheimdienste mit zuständige Hans-Christian Ströbele bestätigte: Es gebe "unglaubliche geheime Aktivitäten" des MIT. Der Grünen-Abgeordnete ist Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages, das für die Kontrolle der Geheimdienste zuständig ist.
Repression statt Aufklärung
Ströbele kündigte in dem Blatt an: "Ich werde gleich nach den Ferien im Kontrollgremium das Thema 'Arbeit des türkischen Geheimdienstes in Deutschland' auf die Tagesordnung setzen." Verfassungsschutz, BND und Polizei müssten dringend ihre Kooperation mit der Türkei überprüfen. "Sonst laufen sie Gefahr, bei strafbaren Handlungen mitschuldig zu werden."
Geheimdienst-Experte Erich Schmidt-Eenboom erläuterte gegenüber der "WamS", Deutschland habe die Aktivitäten des türkischen Geheimdiensts immer geduldet. Nun gehe es aber nicht mehr nur um nachrichtendienstliche Aufklärung, "sondern zunehmend um nachrichtendienstliche Repression".
Auch der Vorsitzende des Gremiums, Clemens Binninger (CDU), verlangt Auskunft über die bilaterale Zusammenarbeit der Dienste: "Die jüngsten Ereignisse in der Türkei haben nicht nur Auswirkungen auf die Sicherheitslage sondern möglicherweise auch auf die Zusammenarbeit der Nachrichtendienste."
"Spiegel": MIT will Auslieferung von Gülen-Anhängern erzwingen
Der "Spiegel" hatte zuvor berichtet, der MIT habe den Bundesnachrichtendienst (BND) aufgefordert, auf Entscheidungsträger und Gesetzgeber einzuwirken, damit Anhänger von Fethullah Gülen ausgeliefert würden. Die türkische Regierung hält den in den USA lebenden Prediger für den Drahtzieher des versuchten Militärputsches am 15. Juli.
Der BND selbst teilte lediglich mit, über "operative Aspekte" werde ausschließlich der Bundesregierung und dem Bundestag Auskunft gegeben. Der "Spiegel" berichtete weiter, bislang seien 40 offizielle Fahndungs- und drei Auslieferungsersuchen an die Bundesregierung geschickt worden.
"Erdogan versucht, Einfluss auf die Menschen in Deutschland zu nehmen", sagte auch Innenminister Thomas de Maizière der "Bild am Sonntag". Es müsse zwar akzeptiert werden, wenn der türkische Präsident in Deutschland Reden vor Anhängern halte. "Aber klar ist: Die deutsche Regierung trägt die Verantwortung für alle Menschen hier, auch für die türkischen Staatsbürger."
Der Vorsitzende der Kurdischen Gemeinde Deutschland, Ali Toprak (CDU), sagte der "WamS": "Die Erdogan-nahen Organisationen in Deutschland wie der Islamverband Ditib oder der AKP-Ableger UETD müssen verstärkt unter die Lupe genommen werden. Da ist auch der Verfassungsschutz gefordert."