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Islamischer Staat: Die perfide Strategie des IS mit den Flüchtlingen


Neue Taktik der Terroristen
Die perfide Strategie des IS mit den Flüchtlingen

dpa, Von Christiane Jacke

Aktualisiert am 04.06.2016Lesedauer: 3 Min.
Ein Terrorverdächtiger (hinten Mitte) wird zum Haftrichter gebracht.Vergrößern des Bildes
Ein Terrorverdächtiger (hinten Mitte) wird zum Haftrichter gebracht. (Quelle: dpa-bilder)

Die Festnahme von Islamisten, die einen Anschlag in Düsseldorf geplant haben sollen, lässt Böses ahnen. Ist es tatsächlich die neue Strategie des Islamischen Staates (IS), ihre Terroristen als Flüchtlinge getarnt ins Land zu schleusen, um so alle in Misskredit zu bringen?

Hamza C. kam im vergangenen Juli nach Deutschland. Erst landete der junge Mann in einer Erstaufnahmestelle in Eisenhüttenstadt. Am 11. September 2015 registrierte er sich in einem Flüchtlingsheim im 1000-Einwohner-Ort Bliesdorf in Brandenburg. Zwischenzeitlich tauchte er ab, ließ sich monatelang nicht in der Asylunterkunft blicken.

Am Donnerstag folgte dort der Zugriff von Spezialkräften der Polizei: Hamza C. steht unter Terrorverdacht. Der 28-Jährige soll mit drei Kumpanen geplant haben, einen Terroranschlag in der Düsseldorfer Altstadt zu verüben, im Auftrag von führenden Köpfen der Terrormiliz IS. Auch seine mutmaßlichen Komplizen lebten - zum Teil zumindest zeitweise - in deutschen Flüchtlingsunterkünften.

Könnte Debatte schwieriger machen

Ausgerechnet Männer, die sich als syrische Flüchtlinge ausgaben, sollen also vom Islamischen Staat zum Töten ins Land geschleust worden sein. Sollte sich das bewahrheiten, könnte das die - ohnehin aufgeheizte - Debatte über die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen noch um einiges schwieriger machen.

Im vergangenen Spätsommer und Herbst ging es drunter und drüber in Deutschland. Täglich kamen Tausende Flüchtlinge ins Land. Im November waren es allein in einem Monat mehr als 200.000. Es kamen so viele Menschen auf einmal, dass die Behörden mit dem Papierkram nicht hinterherkamen. Wie viele Flüchtlinge unregistriert einreisten und bis heute noch nicht erfasst sind, weiß niemand genau.

Wendt: neue Strategie

Schnell fragten die ersten, ob das nicht ein Sicherheitsrisiko sei. Ob der IS die Lage nicht nutzen könnte, um eigene Leute nach Europa und Deutschland zu schmuggeln. Anfangs winkten Nachrichtendienstler noch ab. Doch sie wurden eines Besseren belehrt. Spätestens seit den Anschlägen von Paris ist klar, dass der IS tatsächlich diesen Weg nutzt. Und nun ist Deutschland betroffen.

Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, meint, es sei ganz offensichtlich die Strategie des IS, Flüchtlinge in Verruf zu bringen, indem die Terrororganisation eigene Leute als Asylbewerber nach Europa einschleuse. "Nötig wäre das nicht. Der IS hat viel Geld und könnte andere Wege nutzen."

Ein paar Dutzend Verfahren

Der IS tue es trotzdem, um gezielt Flüchtlinge in Misskredit zu bringen und Ängste vor ihnen zu schüren. "Dem muss man entschieden entgegentreten." Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen erklärte kürzlich, es gehe dem IS dabei auch um eine Machtdemonstration.

Hinweise, dass sich Dschihadisten angeblich unter Flüchtlinge mischen, bekommt die deutsche Polizei viele. 385 waren es bislang. Aber nur ein Bruchteil der Hinweise habe wirklich Substanz, heißt es aus Sicherheitskreisen. Es seien auch viele unzutreffende Denunziationen darunter. Nur in einem Teil der Fälle eröffnen die Beamten ein Ermittlungsverfahren. 49 sind es aktuell.

AfD nutzt Ängste aus

Aus der AfD kommen nach dem Auffliegen der mutmaßlichen Terrorpläne in Düsseldorf Stimmen nach dem Motto: "Na siehste, wir haben es doch immer gesagt." AfD-Vize Alexander Gauland forderte: "Spätestens jetzt sollten alle Asylbewerber und deren Heime unter spezielle Beobachtung gestellt werden."

Die Flüchtlingskrise hat die Republik aufgewühlt. Und Rechtsausleger nutzen gerade das Thema Sicherheit eifrig, um diffuse Ängste vor Flüchtlingen zu verbreiten.

Regierung rät zu Besonnenheit

Die Regierung rät zu Besonnenheit. Für eine grundsätzliche Bewertung des Falles sei es zu früh - und für Schlussfolgerungen erst recht, mahnt das Innenressort. Das gelte auch für die Frage, was für ein Gefahrenpotenzial möglicherweise von einzelnen Flüchtlingen ausgehen könnte.

"Gefahrenpotenzial" - das gibt es überall. Da wären die fanatischen Einzeltäter, die sich im Stillen radikalisieren und aus dem Nichts zuschlagen. Es gibt Leute, die bei Polizei und Geheimdiensten einfach durchs Raster fallen. Und es gibt jene, die den Sicherheitsbehörden zwar schon mal aufgefallen sind, aber dann von deren Radar verschwinden.

Es fehlt an Personal

Die Zahl der gefährlichen Islamisten, denen Polizei und Geheimdienste einen Anschlag zutrauen, ist mit fast 500 so hoch wie nie. Es fehlt an Personal, sie alle rund um die Uhr zu überwachen.

Und nun ist da die neue Dimension: Sollten sich die bisherigen Ermittlungen bewahrheiten, wäre dies der erste Fall, in dem konkrete Pläne für einen großangelegten Anschlag in Deutschland direkt von der IS-Führung kamen. Das gibt den Sicherheitsbehörden zu denken.

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