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TV-Kritik zu Maybrit Illner: Ein großes TV-Kuddelmuddel


Illners großes TV-Kuddelmuddel
Durcheinander schreiende Politiker mal drei

t-online, Eine TV-Kritik von Nico Damm

Aktualisiert am 11.03.2016Lesedauer: 3 Min.
Hatte sich mit ihrer Talk-Show zu den Landtagswahlen viel vorgenommen: Maybrit Illner.Vergrößern des Bildes
Hatte sich mit ihrer Talk-Show zu den Landtagswahlen viel vorgenommen: Maybrit Illner. (Quelle: dpa-bilder)

Welch eine Wort-Lawine! In einer Sondersendung diskutierte Maybrit Illner mit gleich zwölf Gästen über alle drei anstehenden Landtagswahlen. Und natürlich über Flüchtlinge. Inhaltlich gab es wenig Neues, dafür leidenschaftlichen Streit - und einen großen Knall im Studio.

Was ist schlimmer als durcheinander schreiende Politiker im Wahlkampf? Durcheinander schreiende Politiker, die drei Wahlkämpfe gleichzeitig führen. Die Redaktion von ZDF-Talkfrau Maybrit Illner hielt das allerdings für Stoff, um ein kleines TV-Experiment durchzuführen.

Drei Tage vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt versuchte sie ein neues Sendeschema: viele Gäste, aber jeder hatte nur wenig Zeit und vor allem war nicht jeder Politiker. Sortiert nach Bundesländern trafen Spitzenpolitiker aller großen Parteien in Zweier- und Dreier-Runden auf politisch interessierte Bürger. Die anderen hatten währenddessen Pause. Hauptthema war, wie sollte es anders sein, der Umgang mit den Flüchtlingen.

Kipping gegen Petry

Der kalkulierte Crash kam früh: Da redeten der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Thomas Strobl und Linken-Chefin Katja Kipping zeitweise gleichzeitig auf AfD-Vorsitzende Frauke Petry ein: "Sagen Sie doch was zu den Angriffen auf Flüchtlingsheime! Sie haben immer noch nichts dazu gesagt!“ Petry brachte hier wenig Greifbares heraus, wetterte dafür aber mit altbekannter Rhetorik gegen den aus ihrer Sicht aufgeblähten Sozialstaat: "Leistung muss sich wieder lohnen!".

"Von der AfD werden die Ängste der Menschen auf übelste Art ausgenutzt", schoss Strobl zurück. Ängste vor einer angeblichen Islamisierung seien ohnehin nur vorgeschobener, genereller Fremdenhass: Auf Heime, in denen kurz nach der Wende ehemalige DDR-Bürger untergebracht waren, seien ebenso Brandsätze geflogen.

Für die Linken-Chefin Kipping kann nur eine gute Sozialpolitik die Sorgen der Menschen zerstreuen. Doch das ginge nicht, wenn man wie die AfD "Steuergeschenke für Superreiche" verteilen wolle, weil "die Verkäuferin denselben Steuersatz zahlt wie der Aufsichtsratsvorsitzende".

Spannend auch die Konfrontation von Petry mit einem engagierten Sozialarbeiter, der mit Flüchtlingen arbeitet. "Viele Asylbewerber haben kein Bleiberecht", so Petry. Man müsse stärker zwischen Asyl- und Einwanderungsrecht trennen. Norbert Scheiwe hielt dagegen: "Not ist keine olympische Disziplin." Die Jugendlichen in seiner Einrichtung integrierten sich prima. "Einige kamen als Analphabet, drei Jahre später haben sie den Hauptschulabschluss gemacht und sind in einer Lehre."

"Besorgter Bürger" als Talk-Gast

Auch die "besorgten Bürger" kamen zur Wort: Grünen-Urgestein Claudia Roth versuchte eindringlich, einen Familienvater aus Baden-Württemberg zu beruhigen, der Angst hat, dass ein geplantes Flüchtlingsheim in der Nähe seines Hauses Gefahr für seine Kinder mit sich bringt.

Die Zahlen, die die Sendungsmacher immer wieder präsentierten, waren auf ihrer Seite: Die Zuwanderung scheint einen leichten Anstieg der Kriminalitätsrate bedingt zu haben, aber eben nur einen recht marginalen. Zudem machten über 60 Prozent nicht Körperverletzung, sondern Vergehen wie Diebstahl, Urkundenfälschung und Schwarzfahren aus.

Etwas wirr wurde es, als Illner die Mainzer Studentin Emine Aslan, eine Kopftuch tragende Deutsche mit Migrationshintergrund, zum Thema Integration befragte: Ob es sie beunruhige, wenn in einigen Jahren oder Jahrzehnten die meisten Deutschen ausländisch klingende Namen hätten?

Erstaunlicherweise stieß sich Aslan nicht an der hanebüchenen Prognose, sondern antwortete sachlich, dass ja Namen wie Wieczorek früher auch mal sehr ausländisch geklungen hätten. Der Druck auf Einwanderer sei derzeit enorm. Und: "Oft ist mit Integration Assimilation gemeint."

Arbeit und das "Bürokratiemonster"

Letzter Block der Mammut-Sendung: Flüchtlinge und Arbeit. Dazu sagte Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), man arbeite daran, Geflüchtete schneller in Arbeit zu bringen, aber es sei ein "Stresstest für das System". FDP-Parteivorsitzender Christian Lindner sprach hingegen von "Chaos" und plädierte für den Abbau von bürokratischen Hürden. Für Nahles kaschierte das nur eine neoliberale Agenda: "Als Sie das letzte Mal von einem Bürokratiemonster sprachen, ging es um den Mindestlohn."

Einige Schlagabtausche und Gespräche mit einem Vorzeige-Integrierer und einer Flüchtlings-Arbeitgeberin später war klar, dass Maybrit Illner das Talk-Fernsehen an diesem Abend nicht revolutioniert hat. Aber eine normale Sendung wäre über die fast zwei Stunden sicher anstrengender gewesen. Wer trotzdem mittendrin döste, wurde unsanft geweckt: Da fiel im Studio irgendwas richtig laut zu Boden. Was, das blieb zwar geheim, war aber dennoch unterhaltsamer als manche Talk-Sprechblase.

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