Brisante Landtagswahlen CDU und SPD drohen gleich mehrere Debakel
Im einstigen CDU-Stammland Baden-Württemberg liegen die Grünen in aktuellen Umfragen vor den Christdemokraten. Und die SPD dümpelt bei kläglichen 13 Prozent dahin - das ist kaum mehr als der Wert für die AfD.
Damit droht beiden großen Volksparteien bei der Landtagswahl am 13. März ein richtiges Debakel.
Bloß keine Panik zeigen
Doch äußerlich gibt man sich - noch - gelassen: Panik im Konrad-Adenauer-Haus? Wenigstens dieser Eindruck soll partout vermieden werden. Es hört sich nach Merkelscher Sachlichkeit an, wie in der Bundes-CDU über das drohende Drama für die Partei gesprochen wird.
Würden die Grünen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann tatsächlich erstmals in einem Bundesland stärkste Kraft werden, sollte die Südwest-CDU doch über eine Juniorpartner-Rolle in der Regierung nachdenken, verlautet nüchtern aus der CDU-Spitze.
CDU stürzt unter 30-Prozent-Marke
Umfragen von ARD und ZDF bescherten der CDU einen schwarzen Freitag - die Grünen liegen einige Punkte vorne. Die CDU in Baden-Württemberg, meistens über dem Bundestrend, könnte unter 30 Prozent stürzen - das gab es noch nie.
2011 holte sie trotz Stuttgart 21 und Fukushima fast 40 Prozent. Mit dem Aufstieg der rechtspopulistischen AfD wiederum könnte die Parteienlandschaft in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt durcheinandergeraten.
Keine Zweifel an der Kanzlerin
Doch trotz pragmatischer CDU-Krisenanalyse gilt: Auch für Merkel wäre ein Absturz ihrer Partei im Ländle eine schwere Schlappe. Dass die Parteivorsitzende dann persönliche Konsequenzen zöge oder in der CDU eine Rücktrittsdebatte ausbräche, gilt als ausgeschlossen. Merkel sei die Richtige, sie habe früher als alle anderen den Wandel in der Gesellschaft und die Notwendigkeit der Anpassung der CDU erkannt, sagen selbst Christdemokraten, mit denen sich Merkel schon ordentlich gestritten hat. Die CSU dürfte sich aber bei einem Debakel in ihrer Kritik an Merkels Flüchtlingskurs bestätigt fühlen.
Die Gründe für die sinkenden CDU-Umfragewerte in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wollen CDU-Bundespolitiker aber keinesfalls bei Merkel verorten. Zwar hätten die CDU-Spitzenkandidaten Julia Klöckner in Mainz und Guido Wolf in Stuttgart wegen der Flüchtlingskrise unter erschwerten Bedingungen kämpfen müssen. Was CDU-Anhänger aber gar nicht schätzten, seien Klöckners und Wolfs plumpe Versuche, sich noch kurz vor der Wahl von Merkel abzusetzen, während sie in besseren Zeiten von der Kraft der Kanzlerin profitieren wollten. Das rieche nach Verrat.
Kretschmann bei CDU-Klientel sehr beliebt
Die Welt sei aber verdreht, heißt es in Berlin. Konkurrent Kretschmann, ein grüner Konservativer, stütze die CDU-Chefin so sehr, dass Merkel-Fans glaubten, sie müssten zur Stärkung der Kanzlerin die Grünen wählen. So mahnte CDU-Generalsekretär Peter Tauber in dieser Woche ernsthaft: "Wer Angela Merkel in dieser schwierigen Zeit unterstützen will, der muss CDU wählen."
Ganz schwarz will die Partei noch nicht sehen. Von den drei Bundesländern ist sie bisher nur in Sachsen-Anhalt an der Macht - jede zusätzliche Regierungsbeteiligung würde sie als Erfolg werten.
SPD nur knapp vor der AfD
Auch für die SPD und Sigmar Gabriel droht der Wahlabend ziemlich ungemütlich zu werden. Bei 13 Prozent liegt die Partei laut Umfragen in Baden-Württemberg und damit gleichauf mit der AfD. (hier geht's zu den Grafiken zur Wahl in Ba-Wü)
Für eine Volkspartei in einem wichtigen Flächenland mit starker Industrie wäre das ein Debakel - ebenso wie die Aussicht, in Sachsen-Anhalt als aktueller Juniorpartner in der Regierung hinter den Rechtspopulisten nur noch auf Rang vier im Parteien-Ranking zu landen. (hier geht's zu den Wahl-Grafiken für Sachsen-Anhalt)
Hoffen auf einen Sieg Dreyers
Eine Hoffnung eint und mobilisiert die SPD: Wenn es Malu Dreyer in Mainz schafft, die CDU und Klöckner noch abzufangen und Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz zu bleiben, könnte das von den anderen Katastrophen ablenken. (hier finden Sie die Grafiken zur Wahl in Rheinland-Pfalz) Auch der Niedergang der CDU in Baden-Württemberg käme der SPD zupass.
Eine Diskussion um Gabriels Zukunft als Parteichef soll nach dem Wahltag nicht stattfinden. Der Vizekanzler hat klar gemacht, dass er auf jeden Fall weitermachen will: "Man läuft in einer Krise, wie Deutschland sie derzeit erlebt, nicht davon. Ich trage Verantwortung für die SPD und unser Land und werde dieser Verantwortung weiter nachkommen." Ob das auch für die Kanzlerkandidatur gilt, bleibt abzuwarten.
Kleine Erfolge für Gabriel
Gabriels Offensive für sozial benachteiligte Deutsche in der Flüchtlingskrise hat der SPD viel Aufmerksamkeit gebracht. Ob es hilft, verunsicherte "kleine Leute" an die SPD zu binden und vom Wechsel zur AfD abzuhalten, sei dahingestellt.
Gabriels Ringen, die in der Krise aufgebrochene Spaltung des Landes zu mindern und der Union ein paar Milliarden für Integration, Schulen und Kitas herauszuleiern, wird in der Partei einhellig honoriert. Auch die Art, wie Merkel ("SPD macht sich klein") und Finanzminister Wolfgang Schäuble ("Erbarmungswürdig") Gabriel auflaufen ließen, könnte der SPD helfen, die eigene Anhängerschaft im Wahlkampf-Endspurt zusätzlich zu motivieren.