Altkanzler zeigt Verständnis für Putin Schröder rechnet mit Merkels Russland-Politik ab
Altkanzler Gerhard Schröder meldet sich im "Spiegel" zu Wort - und rechnet mit der Außenpolitik seiner Nachfolgerin ab: Die Verhandlungen mit Griechenland seien "zu wenig europäisch und zu deutsch", und die internationale Isolation Russlands falsch. Für Moskaus Ängste vor einer Einkreisung durch den Westen zeigt der Putin-Freund Verständnis - für die Sorgen von Polen und Balten vor einer russischen Vormachtstellung in Osteuropa aber nicht.
Die Bundesregierung, so kritisiert der ehemalige Regierungschef im "Spiegel"-Interview, hätte nicht zulassen dürfen, dass die EU-Kommission "nur mit der Ukraine und nicht auch mit Russland über eine EU-Assoziierung verhandelte".
Auch die Versuche, Russland durch Wirtschaftssanktionen international zu isolieren, hält der Sozialdemokrat für falsch. Einen Ausschluss Russlands aus der G8-Gruppe hätte er als verantwortlicher Kanzler abgelehnt: "Gerade in der Krise sind Gespräche zwingend erforderlich", so Schröder.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte jüngst Russlands Annexion der Krim im März 2014 und das anschließende Referendum als eine "völkerrechtswidrige" Politik gegeißelt, die Berlin nicht anerkenne und auch "nicht vergessen werde".
Moskau vom Westen eingekreist
Der frühere Bundeskanzler zeigt zudem Verständnis für Moskaus Ängste vor einer Einkreisung durch die Nato, die mit den beiden baltischen Staaten Lettland und Estland bereits an Russland grenzt. Dahinter steckt offensichtlich Schröders Kritik an einer Osterweiterung des westlichen Militärbündnisses nach dem Ende des Kalten Krieges.
"Mit dem Ende der Sowjetunion hat der Warschauer Pakt aufgehört zu existieren, während die Nato nicht nur weiterbestand, sondern sich erheblich nach Osten ausgedehnt hat." Russlands Präsident Wladimir Putin, das stellt Schröder ebenfalls klar, habe zwar mit der Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel gegen das Völkerrecht verstoßen. Doch würde Putin die verbliebene Ukraine als "selbstständigen Staat" akzeptieren.
Polens Grenzen nicht in Gefahr
Kaum nachvollziehen kann Schröder hingegen die Ängste der Polen und Balten vor dem russischen Nachbarn: Er kenne "niemanden, auch nicht in Russland, der so verrückt wäre, es auch nur in Erwägung zu ziehen, die territoriale Integrität Polens oder der baltischen Staaten infrage zu stellen", so Schröder.