Türkischer Außenminister Cavusoglu wiederholt Nazi-Vorwurf gegen Deutschland
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hat das heutige Deutschland erneut mit der Nazi-Zeit verglichen. "Der Nazi-Vergleich bezieht sich auf diverse Praktiken", sagte er der Deutschen Welle.
"Die Nazi-Geschichte ist ein sensibles Thema für Deutschland, das wissen wir", so der Minister. "Allerdings erinnern uns bestimmte Entwicklungen und Tendenzen in Europa und das, was in letzter Zeit geschehen ist, wirklich sehr an die Atmosphäre vor dem Zweiten Weltkrieg".
Er verwies auf Rassismus, Fremdenhass und Intoleranz in Europa. "Der Nazi-Vergleich besagt also nicht, dass irgendeine Person ein Nazi ist, sondern er bezieht sich auf diverse Praktiken."
Keine Gnade mit Yücel
Zur Inhaftierung des "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel sagte Cavusoglu: "Yücel wurde nicht festgenommen, weil er in der Türkei als Journalist tätig war. Er wurde festgenommen aufgrund bestimmter Tätigkeiten, die Deutschland sehr wohl bekannt und nach türkischem wie deutschem Recht illegal sind." Er fügte hinzu: "Würden wir Details veröffentlichen, dann würden sich hier eine Menge Leute schämen." Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Yücel als Agenten Deutschlands bezeichnet.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte die türkischen NS-Vergleiche erneut scharf und warnte zugleich vor einer weiteren Entfremdung zwischen Deutschen und Türken. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) nutzte die Parlamentssitzung am Donnerstag, um ebenfalls hart mit der Türkei ins Gericht zu gehen. Kritik an Merkels Türkei-Politik kam von den Linken, die ein Ende der Rüstungsexporte in das Land forderten.
Weitere Wahlkampfveranstaltungen geplant - aber eigentlich verboten
Cavusoglu kündigte derweil vor der Volksabstimmung über die neue türkische Verfassung am 16. April noch etwa 30 Wahlkampfveranstaltungen in Deutschland an. Darüber seien die deutschen Behörden informiert worden, so Cavusoglu nach Angaben des Nachrichtensenders CNN-Türk. Mit Blick auf mehrere Absagen von türkischen Wahlkampfveranstaltungen durch deutsche Kommunalbehörden erklärte der Minister: "Was wir von Deutschland erwarten ist, dass es dieses Problem regelt."
Dabei verstößt die Praxis türkischer Politiker, im Ausland Wahlkampf zu machen, offenbar gegen das heimische Wahlgesetz. Dort heißt es in Artikel 94/A: "Im Ausland und in Vertretungen im Ausland kann kein Wahlkampf betrieben werden." Der Vertreter der Oppositionspartei CHP in der Wahlkommission, Mehmet Hadimi Yakupoglu, sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Regierungspartei AKP selbst habe das Gesetz 2008 eingeführt.
In dem Gesetz sei aber nicht geregelt, wer dessen Einhaltung kontrolliere und welche Strafen bei Verstößen angewendet würden, sagte Yakupoglu. "Deshalb besteht es nur als moralische Regel." Die Vorgabe werde von "allen Parteien" missachtet. Nicht nur die AKP, auch Oppositionsparteien betreiben immer wieder Wahlkampf im Ausland.
In einem Beschluss vor dem Referendum am 16. April spezifiziert die türkische Wahlkommission (YSK), dass Wahlkampf im Ausland in geschlossenen Räumen nicht gestattet ist. Weiter legt der YSK-Beschluss Nummer 109 vom 15. Februar zum Ausland unter anderem fest, Wahlkampfansprachen seien auch auf offenen Plätzen nicht zulässig. Wahlkampfmaterialien dürften nicht verteilt werden. In Printmedien dürfe keine Wahlwerbung geschaltet werden.