Gesetzesänderungen gefordert Zahl der Kinderehen in Deutschland steigt
In Deutschland werden immer mehr minderjährige Mädchen verheiratet. Das meist gegen ihren Willen und mit älteren Männern.
Demnach haben die Bundesländer mehr als 1000 Kinderehen gezählt, wobei mit einer höheren Dunkelziffer zu rechnen ist. Die Scharia aber auch Traditionen im Kulturkreis der Roma bilden dabei meist die Grundlage.
Der "Welt am Sonntag" kündigte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) an, das Thema anzugehen. Dazu soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet werden, die ab dem 5. September ihre Arbeit aufnehmen soll.
Das ist die rechtliche Lage
Deutsche Gesetze untersagen eigentlich eine Eheschließung vor der Volljährigkeit. Ausnahmen sind aber möglich, wenn die Ehepartner das 16. Lebensjahr vollendet haben.
Selbstbestimmunsgrecht der Mädchen wird beschnitten
Laut SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann würden diese Ehen meist ohne Zustimmung der Minderjährigen arrangiert. Das aber schränke deren Selbstbestimmungrecht ein. Oppermann erklärte der "Welt am Sonntag", dass junge Flüchtlinge aufgeklärt werden müssen, welche Rechte sie in Deutschland haben: "Denn Kinderehen führen bei Mädchen oft zu frühen Schwangerschaften und Schulabbruch."
Die in Deutschland gültige Strafbarkeit von Zwangsehen dürfe nicht untergraben werden. Oppermann dazu:" Niemand, erst recht nicht ein Kind, darf zur Ehe gezwungen werden." Armin Schuster, Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Innenausschuss des Bundestages, fordert, dass die Ehemündigkeit ausschließlich nach deutschem Recht bewertet werden müsse.
Problem ist die Anerkennung des Rechtes des Herkunftslandes
Derzeit werden hierzulande Ehen meist nach den Gesetzen bewertet, die in dem Land gelten, in dem die Ehe geschlossen wurde. Problem: Die zahlreichen Flüchtlinge kommen aus Ländern, in denen Kinderehen auch gegen den Willen vor allem der Mädchen zulässig sind.
Im Juni erst machte ein Urteil des Oberlandesgerichtes Bamberg Schlagzeilen. Darin hatte das Gericht die Ehe einer 15-jährigen mit einem 21 Jahre alten Mann abgesegnet.
Die beiden flohen aus Syrien, wo sie bereits verheiratet waren. Das Jugendamt in Augsburg hatte die Ehe nicht anerkannt und das Paar getrennt und wurde in dieser Entscheidung vom Familiengericht bestätigt. Das Oberlandesgericht aber hob die Entscheidung auf.
Auch der Deutsche Kinderschutzbund verlangt, dass die Ausnahmeregelung aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch gestrichen werden und die Volljährigkeit zum Maß der Dinge wird. Der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers fordert laut "Welt am Sonntag" eine Änderung des Strafrechts, damit auch Ehen, die durch eine religiöse oder soziale Zeremonie und nicht vor einem Standesamt geschlossen werden, als Zwangsverheiratung und damit als Straftatbestand erfasst werden können. Als Strafmaß sollten fünf Jahren Haft festgelegt werden.
Auch die Bundesländer Bayern und Nordrhein-Westfalen sehen Handlungsbedarf. Für das Kinderhilfswerk Unicef sagte Geschäftsführer Christian Schneider der "Welt am Sonntag": "Für das Wohl von Flüchtlingskindern, die in Deutschland leben, trägt der Staat eine besondere Schutzverantwortung – für sie gelten die gleichen Grundsätze wie für deutsche Kinder." Dazu gehören seiner Meinung nach auch feste rechtliche Vorgaben für die Erstaufnahmeeinrichtungen oder Gemeinschaftsunterkünfte von Flüchtlingen.