Türkei droht mit Ende des Flüchtlingspakts Union und SPD werfen Erdogan "Erpressung" vor
Politiker verschiedener Parteien kritisieren die Türkei und Präsident Recep Tayyip Erdogan für die Drohung, den Flüchtlingsdeal platzen zu lassen, falls kein Datum für die Einführung der Visafreiheit festgelegt wird. Die Union und SPD sprechen von "Erpressung".
"So haben Staaten nicht miteinander umzugehen", sagte CDU-Vize Thomas Strobl der "Rheinischen Post".
Der Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), rief die türkische Regierung auf, zu einer sachlichen Debatte zurückzukehren. "Sowohl Falschbehauptungen von Erdogan in Sachen Finanzen als auch Drohungen bringen uns nicht weiter", sagte Weber der Zeitung "Die Welt".
Er bezog sich damit auf den Vorwurf Erdogans, die EU bleibe zugesagtes Geld für die Flüchtlingshilfe schuldig. "Wir brauchen jetzt mehr Sachlichkeit", sagte Weber.
Oettinger weist Forderungen zurück
EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) wies die türkische Forderung nach Visafreiheit zurück, sollte Ankara die Auflagen aus Brüssel nicht einhalten. "Visafreiheit gibt es nur nach Erfüllung unserer Vorgaben", sagte der deutsche Kommissar der "Passauer Neuen Presse". "Es wird keinen Rabatt für die Türken geben", stellte er klar.
Dabei geht es vor allem um die von der EU geforderte Entschärfung der türkischen Anti-Terrorgesetze, die nicht mehr gegen Oppositionelle und Journalisten angewandt werden sollen.
"Deutschland darf sich nicht erpressen lassen"
Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag, Gunther Krichbaum, warnte Ankara vor eigenen Nachteilen. "Mit derlei Drohungen setzt die Türkei weitaus mehr aufs Spiel als ein Flüchtlingsabkommen", sagte der CDU-Politiker unter Verweis auf die Milliarden-Zahlungen der EU zur Verbesserung der Flüchtlingsinfrastruktur in der Türkei. Die EU sei weiterhin zur Visafreiheit bereit, wenn die Bedingungen erfüllt seien, sagte Krichbaum. "Hier muss die Türkei noch liefern."
"In keinem Fall darf sich Deutschland oder Europa erpressen lassen", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. Die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen (Linke) forderte sogar die Verhängung von Sanktionen gegen den türkischen Präsidenten.
Im Flüchtlingspakt hatte Ankara versprochen, illegal nach Griechenland übergesetzte Flüchtlinge zurückzunehmen. Im Gegenzug sagte die EU Finanzhilfen zu und stellte unter anderem die Visumfreiheit für Türken in Aussicht.