Wegen Streit um Böhmermann Kubicki: Merkel macht die Justiz lächerlich
Die Entscheidung der Kanzlerin, nicht die Regierung, sondern Staatsanwaltschaft und Gerichte sollten im Falle des umstrittenen Erdogan-Gedichts das letzte Wort haben, findet der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki völlig falsch. Seiner Ansicht nach verhöhne Merkel damit die Justiz, erklärte er im "Tagesspiegel".
Angela Merkel (CDU) hatte am vergangenen Freitag dem Antrag der Türkei auf Strafverfolgung wegen Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten stattgegeben. Kubicki, stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP, zudem selbst Rechtsanwalt und seit 35 Jahren Strafverteidiger, sagte: "Die Entscheidung der Bundeskanzlerin gegen das Votum des Justiz- und des Außenministers, die Ermächtigung zur Strafverfolgung nach Paragraf 103 Strafgesetzbuch in der Causa Erdogan zu erteilen, ist eine Verhöhnung der Justiz und rechtsstaatlich äußerst fragwürdig."
Merkel hatte in ihrer Erklärung betont, die Entscheidung bedeute weder eine Vorverurteilung noch sei sie eine vorgreifende Entscheidung zur Grenze der Meinungsfreiheit. Danach hatten Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Bundesjustizminister Heiko Maas in einer gemeinsamen Erklärung klar gestellt, die SPD-geführten Ressorts seien gegen die Erteilung der Ermächtigung gewesen.
"Justiz der Lächerlichkeit preisgegeben"
Kubicki verwies nun darauf, Angela Merkel habe zugleich erklärt, besagter Paragraph 103 solle abgeschafft werden. Darüber sind sich "soweit erkennbar, alle politischen Kräfte einig", so der FDP-Politiker weiter. Deshalb werde auch "niemand ernsthaft glauben, dass es bis zur Abschaffung des Paragraphen 103 eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung geben kann". Durch die von Merkel erteilte Ermächtigung würden deshalb "völlig sinnlos justizielle Ressourcen vergeudet und die Justiz selbst der Lächerlichkeit preisgegeben".
Weiter kritisierte Kubicki im "Tagesspiegel", Angela Merkel habe mit ihrer Entscheidung "der Staatsanwaltschaft Mainz die Möglichkeit genommen", die Ermittlungen auf der Grundlage des allgemeinen Beleidigungsparagrafen einzustellen "und Herrn Erdogan auf die Privatklage gemäß der Paragrafen 374 und 376 Strafprozessordnung zu verweisen".
Kubicki sieht Türkei nicht in EU
Dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan attestierte der FDP-Politiker in der "Bild"-Zeitung eine Persönlichkeitsstörung. Wer 2000 Klagen gegen Bürger und Journalisten einreiche "muss persönlichkeitsgestört sein", so Kubicki. Für ihn stehe fest, auch wenn die Türkei den Schlüssel zur Reduzierung des Flüchtlingsstroms in der Hand halte, könne sie "auf absehbare Zeit kein EU-Mitglied werden".