"Wir saufen heute ab" Chaos an deutsch-österreichischer Grenze
Tausende Flüchtlinge drängen von Österreich über die Grenzen zu Bayern. Die Bundespolizei versucht, die Situation unter Kontrolle zu behalten. Doch die Lage spitzt sich zeitweise zu: Hunderte Menschen müssen stundenlang in der Kälte warten.
Behördensprecher Frank Koller sagte am Sonntagabend, das Nachbarland schicke deutlich mehr Menschen als vereinbart nach Deutschland. "Wir saufen heute ab", sagte Koller.
In Simbach im niederbayerischen Landkreis Rottal-Inn standen am Abend knapp 1000 Menschen, für die ein Nachtlager organisiert werden musste. Später verlagerte sich die Problematik nach Wegscheid im Landkreis Passau. Hier mussten die Behörden ebenfalls etwa 1000 Menschen versorgen.
Nur Decken gegen eisige Temperaturen
"Wir werden es schaffen müssen, aber wir wissen nicht, wie lange es dauert", sagte Koller. Die Flüchtlinge mussten daher bei Temperaturen um den Gefrierpunkt längere Zeit mit Decken im Freien verbringen.
In der Notunterkunft in Wegscheid gebe es nur für 250 Menschen Platz. Daher sollten Busse organisiert werden, um die restlichen Asylbewerber an andere Orte zu bringen. In Passau erwartete die Polizei bis Mitternacht laut Koller noch 20 bis 35 Busse aus Österreich. Es könne aber auch sein, dass diese in andere Städte ausweichen.
Vorsichtshalber solle aber die Dreiländerhalle wieder als Notunterkunft geöffnet werden. In dieser Situation könne man nicht mehr agieren, sondern nur noch reagieren, sagte Koller. "Es sind einfach zu viele Menschen auf einen Schlag."
Absprachen in Gefahr
Auf der anderen Seite der Grenze sah es auch nicht besser aus: Ein Sprecher der Polizei in Österreich sagte der Nachrichtenagentur APA, am Grenzübergang Passau-Achleiten sollten etwa 2000 Flüchtlinge ankommen. Es würden wohl viele Menschen nach Oberösterreich gebracht, um den Druck vom slowenisch-österreichischen Grenzübergang in Spielfeld zu nehmen.
Die deutschen Behörden hätten im Laufe des Tages jedoch immer weniger Flüchtlinge übernommen. Wenn aber die Deutschen nicht mitspielten und die zugesagte Zahl an Menschen übernehmen, werde man vor einem Problem stehen.
Schon am Samstag waren nach Angaben der Bundespolizei allein in der Passauer Grenzregion mehr als 4000 Menschen angekommen. Mehrere hundert Flüchtlinge mussten daher in der Nacht zum Sonntag längere Zeit im Freien warten.
Koller sagte, es habe mit Österreich die klare Absprache gegeben, dass Deutschland an den wichtigsten Übergängen pro Stunde 50 Menschen über die Grenze lasse. Nur dann sei es möglich, die Flüchtlinge geordnet in Erstaufnahmeeinrichtungen zu bringen und so zu verhindern, dass die Menschen im Freien ausharren müssen. Doch schon jetzt werde diese Zahl bereits deutlich überschritten.
Krise auch in Slowenien
Ein Grund für die Probleme könnte möglicherweise in Slowenien liegen: Das kleine Alpenland meldete seinerseits einen neuen Rekordandrang von Flüchtlingen. Am Sonntag werde bis Mitternacht mit 15.000 Menschen gerechnet, berichtete die Regierung am Abend in Ljubljana.
Die Menschen haben jedoch nicht Slowenien als Ziel, sondern wollen weiter nach Österreich und vor allem nach Deutschland.
Nie zuvor seien wiederum vom Nachbarland Kroatien so viele Flüchtlinge an einem einzigen Tag an die slowenische Grenze gebracht worden. Allein in den letzten Stunden habe der EU-Nachbar fünf Züge mit Flüchtlingen und 1000 weitere Menschen in Bussen an die Grenze gefahren, hieß es weiter.