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Angela Merkel in Duisburg-Marxloh: "Die Mutti kommt zu Multikulti"


Merkel wirbt in Marxloh für Integration
"Wir brauchen mehr Menschen mit Migrationshintergrund"

Von afp
25.08.2015Lesedauer: 3 Min.
Merkel in Marxloh: Die Kanzlerin begrüßt Duisburger per Handschlag und wirbt für mehr Integration.Vergrößern des Bildes
Merkel in Marxloh: Die Kanzlerin begrüßt Duisburger per Handschlag und wirbt für mehr Integration. (Quelle: dpa-bilder)

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in das Duisburger Problemviertel Marxloh gewagt. Sie diskutierte mit den Bürgern - und brach eine Lanze für die Integration ausländischer Mitbürger. "Wir müssen aufpassen, dass nicht jemand schon Urenkel hier hat und dann immer noch angeguckt wird, als ob er vorgestern gekommen ist", sagte die CDU-Politikerin.

Sie forderte die Bevölkerung auf, Menschen mit ausländischen Wurzeln als gleichwertige Mitbürger anzuerkennen: Eine Gesellschaft, die da nicht "offenherzig" sei, könne Zuwanderern nicht vorwerfen, "dass die sich nicht integrieren".

Merkel wünscht sich Engagement

Zugleich nahm sie aber auch die Migranten in die Pflicht: "Wir brauchen nicht nur in der Politik, aber auch in der Politik, aber vor allem auch in der Polizei, bei den Sozialarbeitern, bei den Lehrern mehr Menschen mit Migrationshintergrund", sagte Merkel. Denn die könnten Zuwanderer besser verstehen und für junge Menschen ein Vorbild sein. Sie bitte daher Menschen mit Migrationshintergrund, sich zu engagieren. Das sei für das Zusammenleben von Menschen verschiedener religiöser, ethnischer und kultureller Hintergründe unabdingbar.

"Die Mutti kommt zu Multikulti"

Die 60 Teilnehmer des Treffens mit der Kanzlerin stellten Merkel zahlreiche Fragen zu den Themen Zusammenleben und Integration. Einer der Bürger beschrieb den Besuch Merkels in Duisburg mit den Worten "die Mutti kommt zu Multikulti". Weitere Fragen drehten sich etwa um Bildung und die prekäre Kassenlage von Kommunen wie Marxloh.

Duisburg-Marxloh geriet zuletzt wegen Straßenkriminalität und gewalttätigen Ausschreitungen gegen die Polizei in die Schlagzeilen. Die Polizeigewerkschaft befürchtet das Entstehen eines rechtsfreien Raums. Rund 64 Prozent der Bewohner von Marxloh haben einen Migrationshintergrund.

"Denen helfen, die wirklich Hilfe brauchen"

Aber auch Probleme - etwa durch den Zuzug sogenannter Armutsflüchtlinge aus EU-Ländern wie Bulgarien und Rumänien - wurden angesprochen. So fühlt sich der türkische Einzelhändler durch Lärm und Dreck neu ankommender Südosteuropäer belästigt. Ein Lehrer schwärmt von der alten Multikulti-Atmosphäre im Viertel und beklagt dann, dass diese nun kippe. Die Türken zögen weg, weil Schleuser Roma aus Bulgarien und Rumänien in viel zu engen Wohnungen einferchten. Merkel bekommt zudem einen Brief von Anwohnern überreicht, die Maßnahmen gegen Schlepper fordern. Eine bulgarische Sozialarbeiterin klagt ebenfalls, ihre Landsleute würden ausgebeutet. Von sich verbreitendem Hass ist die Rede.

Und wie meistens bei Bürgerdialogen prallen dabei große Politik und Einzelschicksale aufeinander. So betont Merkel beim Hinweis auf die fehlende Krankenversicherung für einige Migranten aus Südosteuropa, dass Deutschland zwar Bürgerkriegsflüchtlingen etwa aus Syrien helfe, aber nun nicht jedem EU-Bürger eine Krankenversicherung anbieten könne. "Das ist dann auch die Härte der Politik", sagt sie, auch wenn dies vielleicht nicht überall gut ankommt.

Zugleich forderte sie die beiden südosteuropäischen Staaten auf, die Gründe dafür zu beheben, dass ihre Staatsbürger nach Deutschland kommen. Die beiden Staaten seien schließlich EU-Mitglieder und keine Bürgerkriegsländer wie etwa Syrien. Menschen dürfe nicht vorgemacht werden, sie könnten in Deutschland bleiben, obwohl sie nicht verfolgt würden: "Dann können wir nicht mehr denen helfen, die Hilfe brauchen."

Flüchtlinge "fair verteilen"

Zudem will Merkel an die EU-Mitgliedsstaaten appellieren, Flüchtlinge fair auf die Länder zu verteilen. "Drei oder vier von 28 können nicht die ganze Last tragen", sagte sie.

Merkel hatte sich bereits am Montag gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten François Hollande dafür ausgesprochen, dass die EU-Mitglieder sich auf eine einheitliche Liste "sicherer Herkunftsstaaten" verständigen. Die Einstufung dient dazu, Asylbewerber aus diesen Ländern schneller zurück in die Heimat zu schicken, weil sie nicht als politisch verfolgt angesehen werden.

Der Besuch Merkels in Marxloh ist eine von 150 Veranstaltungen der Bundesregierung in der Reihe "Gut leben in Deutschland - was uns wichtig ist". Die Ergebnisse dieses Bürgerdialogs sollen wissenschaftlich ausgewertet werden und zumindest teilweise in einen Aktionsplan münden.

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