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In Flüchtlingscamps herrschen teils unhaltbaren Zustände


Schlimme Zustände in deutschen Flüchtlingscamps
"Ich bin dankbar hier zu sein, aber ich hasse die Zeltstadt"

t-online, are, mit Material von dpa

Aktualisiert am 08.08.2015Lesedauer: 4 Min.
In Dresden sind im Zeltlager an der Bremer Straße 900 Flüchtlinge untergebracht.Vergrößern des Bildes
In Dresden sind im Zeltlager an der Bremer Straße 900 Flüchtlinge untergebracht. (Quelle: dpa-bilder)
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Auf der Flucht vor Krieg, Gewalt und Hunger in ihren Heimatländern machen sie sich auf den gefährlichen Weg in überfüllten Booten und vollbeladenen Lkws nach Deutschland. Hier angekommen, werden sie in Turnhallen, Flughäfen oder Zeltstädten untergebracht. Aus Teilen der Gesellschaft schlägt ihnen der blanke Hass entgegen. Doch das Thema Flüchtlinge hat noch eine andere Seite: die teils unhaltbaren Zustände in den vollkommen überfüllten Aufnahmelagern.

Besonders schlimm ist einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) zufolge die Lage in Dresden. Die Helfer beschreiben die Zustände in der Zeltstadt als grauenhaft. Der Mediziner Kai Loewenbrück spricht von einer "humanitären Katastrophe" und "kriegsähnlichen Zuständen", die von der verantwortlichen Landesregierung aber beschönigt werde.

"Kriegsähnliche Zustände" in Dresden

Das Lager, so der Mediziner, sei überbelegt und unterversorgt. Mehr als 40 Menschen würden in einem Zelt schlafen, Kinder im Staub spielen. Die Wohncontainer seien überhitzt und es würden Fieber, Durchfall und Krätze ausbrechen, weil es zu wenig Toiletten und Waschmöglichkeiten gibt. Die Versorgung mit Medikamenten sei unzureichend und das Verbandsmaterial seit Jahren abgelaufen.

"Verstoß gegen Kinderrechtskonvention"

Die Dresdner Ausländerbeauftragte Kristina Winkler wirft den Zeltbetreibern "eklatante Verstöße gegen die Kinderrechtskonvention der UN" vor. Die Zustände würden keinen Maßstäben der Jugendämter für den Umgang mit Kindern gerecht. Eigentlich müsste man alle Kinder aus dem Zeltlager herausholen, so Wagner.

Die Berichte von Helfern decken sich mit Aussagen der Betroffenen: "Ich bin dankbar, in Deutschland sein zu dürfen, hier ist Frieden. Aber ich hasse die Zeltstadt", sagt ein 28-jähriger Syrer der "FAZ". Aber Dresden ist nur ein Ort des Grauens.

Platzmangel und die Hitze, aber auch unterschiedliche Sprachen und Kulturen führen immer wieder zu gewalttätigen Ausschreitungen unter den eigentlich hilfsbedürftigen Menschen. Zusammen mit der Angst vor Übergriffen von außen und der Sorge, wieder abgeschoben zu werden, entwickelt sich eine explosive Stimmung unter den zusammengepferchten Menschen, die sich jederzeit entladen kann. Beispiele hierfür gibt es genug.

Raub und Massenschlägereien

In einer Gießener Gemeinschaftsunterkunft wurden vergangene Woche zwei Bewohner verletzt. Nach Erkenntnissen der Polizei waren 40 bis 50 Personen in ein Zelt auf dem Gelände eingedrungen. Sie hätten die dort untergebrachten Bewohner geschlagen und bestohlen. Einige Angreifer sollen Latten oder Stöcke eingesetzt haben. Die Verletzten wurden ins Krankenhaus gebracht. Die Hintergründe für die Auseinandersetzung unter den Flüchtlingen sind laut Polizei unklar.

In Heidelberg sind bei einer Massenschlägerei zwischen etwa 50 Menschen in einer überfüllten Flüchtlingsunterkunft zwei Bewohner und ein Sicherheitsmitarbeiter verletzt worden. Zwei große Gruppen unterschiedlicher Nationalitäten seien mit Eisenstangen aufeinander losgegangen, teilte die Polizei mit. In der Heidelberger Anlage leben mehr als 2600 Menschen - ausgelegt war sie ursprünglich für 1000 Asylbewerber.

13 Streifenwagen und eine Hundestaffel waren im Einsatz. Was die Schlägerei ausgelöst hat, ist unklar. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts auf gefährliche Körperverletzung gegen Unbekannt.

Tumulte wegen Fußball und Wassermangel

Oft sind die Gründe für die Gewaltausbrüche harmlos. In Trier war ein Fußballspiel unter Flüchtlingen aus Albanien und Syrien Anlass dafür, dass sich mehr als 200 Zuschauer prügelten. 70 Polizisten mussten die Lage wieder beruhigen. Das Lager in der Luxemburger Straße in Trier beherbergt 1450 Menschen - ursprünglich sollten dort nur 370 Personen untergebracht werden.

In einer Unterkunft in Mannheim kam es zu Tumulten, nachdem drei Männer bei der Wasserausgabe leer ausgegangen waren. Ihrem Protest schlossen sich nach Polizeiangaben rund 200 Menschen an, die von Mitarbeitern der Unterkunft Getränke forderten. Die Masse versuchte, ein Getränkelager aufzubrechen. Rund 50 Polizisten waren mit Pferden im Einsatz, um die Lage zu beruhigen. Zwei der Männer wurden festgenommen, verletzt wurde niemand.

Bei der Getränkeausgabe stand nach Angaben des Regierungspräsidiums Karlsruhe nicht genügend Wasser bereit. Die Menschen erhalten regulär zwei Liter Wasser pro Tag, bei Hitze auch mehr. "Eine Knappheit darf in der Form nicht vorkommen", so ein Sprecher. Man habe geklärt, dass es das künftig nicht mehr geben werde.

Warnung vor Flüchtlings-Ghettos

Unterdessen melden sich angesichts des wachsenden Zustroms von Flüchtlingen immer mehr kritische Stimmen. DGB-Chef Reiner Hoffmann fordert mehr Unterstützung des Bundes für die Kommunen. "Hier muss dringend der Bund Verantwortung übernehmen", so Hoffmann. "Wir haben auch eine besondere humanitäre Verantwortung Flüchtlingen gegenüber."

Hoffmann warnt vor einer "Ghettoisierung" bei der Unterbringung von Asylsuchenden. "Das kann keiner wollen, da muss man frühzeitig gegensteuern." Die Kommunen müssten finanziell entlastet werden, würden bisher aber zum großen Teil alleingelassen. Die Flüchtlingspolitik müsse außerdem europäisch koordiniert werden.

Bis es soweit ist, haben Politik und Sicherheitskräfte nur diskussionswürdige Lösung: Die Polizei will laut Aussage des rheinland-pfälzischen Innenministers Roger Lewentz (SPD) ihre Präsenz in Trier erhöhen. Und auf Fußballspiele soll vorerst verzichtet werden.

Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) sagte der "FAZ", er werde nicht akzeptieren, dass die reichste Industrienation der Welt mit 450.000 Menschen überfordert sei. Die Frage, wir wir mit den Menschen in Not umgehen, sei die Nagelprobe für Deutschland, so Hilbert. In Sachsen stehen im Übrigen 10.000 Wohnungen leer.

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