Nach halber Amtsperiode Hohe Zustimmung für Bundespräsident Gauck
Zur Halbzeit der Amtsperiode von Bundespräsident Joachim Gauck wünscht sich nach einer Umfrage gut die Hälfte der Bürger, dass er ein zweites Mal antritt. Die Zustimmung für seine bisherige Arbeit ist noch viel größer.
51 Prozent würden es begrüßen, wenn Gauck 2017 das Amt für weitere fünf Jahre übernehmen würde, ergab die repräsentative Befragung des YouGov-Instituts im Auftrag der "Bild". Nur ein Viertel will ihn nicht noch einmal, ein weiteres knappes Viertel ist unentschlossen. Gauck hat am kommenden Donnerstag die Hälfte seiner ersten Amtszeit hinter sich.
78 Prozent bewerten seine bisherige Arbeit als gut, wie eine TNS-Emnid-Umfrage für das Nachrichtenmagazin "Focus" ergab. Nur 13 Prozent der Befragten sehen sie eher kritisch. Die Zustimmung für den früheren Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde ist im Westen mit 81 Prozent deutlich größer als im Osten mit 69 Prozent.
Kontrovers diskutierter Auftritt
Gab es am Anfang die Befürchtung, der große Redner Joachim Gauck hätte am Ende doch nicht so viel zu sagen wie von seinen Förderern gedacht, ist es jetzt, zur Halbzeit der fünfjährigen Amtsperiode, eher umgekehrt. Das Gedenkjahr 2014 bietet die Gelegenheit zu wichtigen Ansprachen, historischen Bezügen, Aufrufen und Mahnungen. Noch nie aber hat einer seiner Auftritte auch so viel Widerspruch und Kritik hervorgerufen wie der am 1. September auf der Danziger Westerplatte.
Nun ist es mit der Geschichtswissenschaft etwa so wie mit der Juristerei: zwei Historiker, drei Meinungen, mindestens. Aber unbestreitbar ist: Kritische Anmerkungen gab es eine ganze Menge zu Gaucks scharfen Worten aus Danzig in Richtung Moskau. "Die Geschichte lehrt uns, dass territoriale Zugeständnisse den Appetit von Aggressoren oft nur vergrößern", sagte Gauck zur Ukraine-Krise.
Vor allem warf man dem Bundespräsidenten das vor, was er nicht gesagt hat. Dass er zum 1. September, dem Beginn des Zweiten Weltkriegs, in dessen Verlauf in der Sowjetunion 20 Millionen Menschen oder mehr getötet wurden, das Leid dieses Landes oder seiner Nachfolgestaaten nicht einmal erwähnte, das verwunderte.
Es hat eine Weile gedauert
In der Bevölkerung schmälert dies alles seine Beliebtheit nicht. Unbestritten hat Gauck, nach den beiden Rücktritten seiner Vorgänger Horst Köhler und Christian Wulff, das Verhältnis der Deutschen zu ihrem höchsten Staatsamt normalisiert. Sie mögen ihren Bundespräsidenten und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt.
Es hatte eine Weile gedauert, bis der frühere Chef der Stasi-Unterlagenbehörde in seinem neuen Amt als Bundespräsident angekommen war. Am 18. März 2012 war er mit großer Mehrheit gewählt worden. Er hielt gute Reden, zur Flüchtlingspolitik und zur Eurokrise, zur deutschen Schuld in Israel oder den Niederlanden - das Echo hielt sich in Grenzen.
Sicherheitskonferenz als Wendepunkt
Vermutlich wird man Gaucks Worte vor der Sicherheitskonferenz in München im Januar dieses Jahres als einen Wendepunkt seiner Amtszeit werten. "Eines gleich vorweg: Dies ist ein gutes Deutschland, das beste, das wir jemals hatten." Mit diesem Satz begann er sein Plädoyer für eine verantwortlichere Rolle Deutschlands in der Welt, keinesfalls nur militärisch, aber eben auch. Deutsche Waffenlieferungen für die Kurden im Irak lassen sich seitdem auch mit den Worten Gaucks begründen.
Dass man seinen Appell für mehr Verantwortung immer wieder auf das militärische Engagement verkürzt, ist sicher ungerecht. Ein ebenso wichtiges Thema ist ihm die Solidarität mit Flüchtlingen und Asylbewerbern. Am 30. Juni appellierte er an die europäischen Partner, die Verantwortung angesichts der Not nicht hin- und herzuschieben.
Dies darf - ausnahmsweise - auch als Kritik an der Bundesregierung gelesen werden. Ansonsten aber legt Gauck viel Wert darauf, sich nicht auf Konfliktkurs zu Kanzlerin Angela Merkel zu begeben, sieht dafür auch keinen Anlass.
Rechtsradikalen "Spinnern" entgegen treten
Gauck hat in den zweieinhalb Jahren rund 300 offizielle Reden gehalten und an zahlreichen Diskussionen teilgenommen. So im August 2013 vor der Bundestagswahl in Berlin. Vor Schülern fiel da der Satz, man müsse rechtsradikalen "Spinnern" entgegen treten.
Die NPD klagte, und das Verfassungsgericht musste entscheiden. In ihrem Urteil vom 10. Juni 2014 ließen die Richter dem Amt des Bundespräsidenten eine bemerkenswerte Stärkung zukommen. "Wie der Bundespräsident seine Repräsentations- und Integrationsaufgaben mit Leben erfüllt, entscheidet der Amtsinhaber grundsätzlich selbst."
Noch zweieinhalb Jahre hat Gauck Zeit. Ob er über eine zweite Amtszeit auch nur nachdenkt, darüber sagt er nichts