Kommentar Auszeit für den Bischof - sieht so Papst-Diplomatie aus?
Für Bischof Tebartz-van Elst beginnt heute der Advent. Die Zeit der Erwartung, wie es mit ihm und seinem Bischofsamt in Limburg weitergehen soll. Bis Weihnachten nämlich will der Papst eine Entscheidung treffen.
Ein Kommentar von Maria Magdalena Held
Zwei Monate Auszeit hat Papst Franziskus ihm und sich verordnet. Zwei Monate Bedenkzeit für den Vatikan, um die Ergebnisse der Untersuchungskommission zu prüfen. Von einer Rückkehr Tebartz-van Elsts nach Limburg wird erst einmal gar nicht gesprochen.
Es heißt, Gottes Mühlen mahlen langsam. Doch für eine Institution, die in Ewigkeiten denkt, bedeutet eine Entscheidung binnen zweier Monate fast eine überstürzte Handlung. Zwei Monate sind zu kurz, um einen Skandal wie diesen im Vergessen versinken zu lassen oder zu vertuschen. Das ist schon eine erste gute Nachricht. Es sind Kontrollgremien eingesetzt und Personen in Positionen gerückt, die die Handlungsfähigkeit des Bistums Limburg garantieren. So weit sind die Wogen geglättet. Der Bischof kann und darf seinen Dienst in Limburg zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausüben, so die Anordnung aus dem Vatikan.
Auszeit lässt Spielraum für Interpretationen
Wer in der Wirtschaft ein Großprojekt verbockt, tritt zurück, nimmt vielleicht noch einen goldenen Handschlag mit, lässt einige Zeit verstreichen und strebt dem nächsten lukrativen Posten entgegen. Was aber macht ein Bischof, der seiner Aufgabe nicht gewachsen ist? Unfähige Kirchenfürsten gab es in der Kirchengeschichte schon oft, Konsequenzen wie heute allerdings nicht: Sein Dienstherr verordnet ihm eine Auszeit, prüft die Sachlage und sucht nach einer weiteren Verwendung für ihn, sodass Kirche und Person möglichst wenig Schaden nehmen.
Ein Papst ist nicht erpressbar durch die öffentliche Meinung. Auch diese Botschaft steht hinter der Suspendierung. Papst Franziskus ist lösungsorientiert und formuliert diplomatisch - so wirkt es zumindest auf den ersten Blick. Die "Auszeit" lässt Spielraum in viele Richtungen. Oder hat er eine Rückkehr Tebartz-van Elsts nach Limburg mit dieser Formulierung schon ausgeschlossen? Hat er schon Fakten geschaffen? Viele Katholiken im Bistum Limburg wollen die Mitteilung natürlich so lesen.
Kirchenrechtler deuten die Auszeit als schärfste Waffe, die das Kirchenrecht zulässt, um einen Bischof faktisch seines Amtes zu entheben. Faktisch ist Kirchenrechtler Thomas Schüller zufolge Franziskus momentan Bischof von Rom und Limburg.
Wird der Finanzskandal zum Katalysator der katholischen Kirche?
Das, was als Finanz- und Bauskandal begonnen hat, kann ein Katalysator für die Kirche in Deutschland werden. Die Laien wurden nicht nur gehört, ihr Protest fiel sogar auf fruchtbaren Boden: Die Kirche räumt in den eigenen Reihen auf. Kein Platz für Verschwendung, Verschleierung, Verblendung. Das kann nicht folgenlos für die anderen deutschen Diözesen bleiben. Das wird Initiativen wie "Wir sind Kirche“ stärken. Endlich ein Erfolg für die, die im System Kirche etwas verändern wollen, die sich oft fragen lassen müssen, warum sie diesem "Verein" eigentlich noch angehören und nicht schon längst aus dieser Amts-Kirche ausgetreten sind.
Noch viele Großbaustellen in der Kirche
Laien sollten wohl in Zukunft selbstbewusster auftreten können und mehr Einfluss bekommen. Es gibt ja auch noch viel zu tun in der Kirche - weltweit. Ihr Reichtum könnte die größte Wunde der Kirche in Deutschland sein. In die legt nun der Papst seinen Finger, der die Armut wieder zur Tugend erhebt. Oder wiegt die verlorene Glaubwürdigkeit noch schwerer?
Den Umgang mit Flüchtlingen in Lampedusa und Europa hat Franziskus scharf kritisiert. Es gibt noch einige kirchliche Großbaustellen, zu denen er Klartext reden könnte: Aids, Verhütung, Frauen in der Kirche, Scheidung, Missbrauch. Die Liste ist lang und die Hoffnungen der Katholiken groß. Auch hier lassen Franziskus´ bisherige Handlungen großen Freiraum für Interpretationen.
Demut üben in Afrika
Festzuhalten ist im Fall von Franz-Peter Tebartz-van Elst: Die Bischofsweihe gilt ewig. Tebartz-van Elst wird Bischof bleiben, unabhängig davon, wo er welche Aufgabe auch immer in Zukunft ausüben wird. Es heißt, er sei ein exzellenter Theologe mit scharfem Verstand und äußerst versiert, wenn es um gesellschaftliche Umbrüche geht - in der Theorie. Sein Problem: Ihm fehlen Lebenserfahrung und die Nähe zur Basis. Die Menschen, über die er so klug schreibt, haben ihn in Limburg nie akzeptiert. Vermutlich wird er nirgendwo als Seelsorger erfolgreich sein, es scheint ihm nicht zu liegen. Er wird immer der "Protz-Bischof" bleiben.
Vielleicht gäbe der jetzt so isolierte Musterschüler einen glänzenden Theologie-Professor ab? Bischof Tebartz-van Elst wird jetzt einiges zum Nachdenken mitgenommen haben in seine Auszeit. Ein bisschen hat ihn Papst Franziskus ja schon in die Wüste geschickt. Vielleicht könnte er in dieser inneren Wüste auch Heiner Geißlers Idee aufgreifen und sich in Afrika in Demut üben. Anreise bitte nicht erster Klasse.