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Nach Jamaika-Aus: Martin Schulz erteilt Großer Koalition eine Absage


Jamaika-Sondierungen gescheitert
Schulz erteilt Großer Koalition eine Absage

dpa, t-online, dru, DED

Aktualisiert am 20.11.2017Lesedauer: 4 Min.
SPD-Chef Martin Schulz: Seine Partei hat sich für Neuwahlen ausgesprochen.Vergrößern des Bildes
SPD-Chef Martin Schulz: Seine Partei hat sich für Neuwahlen ausgesprochen. (Quelle: Kay Nietfeld/dpa)

Das Scheitern der Jamaika-Sondierungen hat Deutschland in

Die SPD bleibt auch nach dem Scheitern der Jamaika-Gespräche bei ihrem Nein zur Neuauflage einer Großen Koalition. "Wir scheuen Neuwahlen unverändert nicht", sagte Parteichef Martin Schulz am Montag nach einer Vorstandssitzung in Berlin. Die SPD stehe angesichts ihres Ergebnisses bei der Bundestagswahl "für den Eintritt in eine Große Koalition nicht zur Verfügung".

Die FDP hatte in der Nacht die Gespräche über ein Regierungsbündnis mit CDU, CSU und Grünen überraschend abgebrochen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stürzt damit in die schwerste Krise ihrer zwölfjährigen Amtszeit. "Es ist ein Tag mindestens des tiefen Nachdenkens, wie es weitergeht in Deutschland", sagte sie.

Am Mittag beriet Merkel mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Schloss Bellevue über die nächsten Schritte. In dieser heiklen und bisher einmaligen Situation in der Geschichte der Bundesrepublik kommt dem deutschen Staatsoberhaupt eine herausragende Rolle zu. Er kann den Bundestag auflösen, wenn Merkel bei einer Kanzlerwahl auch im dritten Durchgang die nötige Mehrheit verfehlt.

Steinmeier muss dies allerdings nicht tun. Dann könnte Merkel mit einer Minderheitsregierung weiter regieren, da auch eine große Koalition als mögliches Bündnis ausfällt. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin hielt Neuwahlen gegen Ostern für wahrscheinlich.

Lindner: "Besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren"

FDP-Chef Christian Lindner begründete den Abbruch der Sondierungen damit, dass es nicht gelungen sei, eine Vertrauensbasis zu schaffen. "Nach Wochen liegt heute unverändert ein Papier mit zahllosen Widersprüchen, offenen Fragen und Zielkonflikten vor." Wo es Übereinkünfte gebe, seien diese mit viel Geld der Bürger oder Formelkompromissen erkauft worden. "Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren", erklärte Lindner.

Bundeskanzlerin Merkel bedauerte das Aussteigen der FDP aus den Verhandlungen. Die Union habe geglaubt, dass man gemeinsam auf einem Weg gewesen sei, bei dem man eine Einigung hätte erreichen können, sagte die CDU-Vorsitzende. Sie kündigte an, im Laufe des Montags Bundespräsident Steinmeier über den Stand der Dinge zu informieren.

Am Vormittag beriet sie mit dem CDU-Vorstand in einer Telefonkonferenz über das weitere Vorgehen. Die Union werde in den nächsten Wochen weiter verantwortlich handeln, versicherte Merkel. Sie werde als geschäftsführende Bundeskanzlerin alles tun, dass das Land auch durch diese schwierigen Wochen gut geführt werde.

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Göring-Eckardt: Bündnis hätte zustande kommen können

CSU-Chef Horst Seehofer bezeichnete den Abbruch der Sondierungen als "Belastung" für Deutschland. Eine Einigung sei "zum Greifen nahe" gewesen. Auch bei der Migrationspolitik - eines der umstrittensten Themen in den Sondierungen - wäre eine Einigung möglich gewesen. Er sei den ganzen Tag davon ausgegangen, dass es eine Einigung auf Koalitionsverhandlungen gibt, sagte Seehofer. Das hätte es ermöglicht, eine Antwort auf das Wahlergebnis zu geben, nämlich die Polarisierung zu bekämpfen und "politisch-radikale Kräfte" zurückzudrängen. Bei der Bundestagswahl hatte die rechtsnationale AfD als drittstärkste Kraft 12,6 Prozent der Stimmen geholt.

Auch international wird die Entwicklung in Berlin mit Sorge gesehen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte am Montag: "Es ist nicht in unserem Interesse, dass sich das verkrampft." Macron setzt sich für eine Reform der Europäischen Union ein und ist dazu auf eine stabile Regierung in Deutschland angewiesen.

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Die Grünen-Spitze warf der FDP vor, sich vor ihrer Verantwortung gedrückt zu haben. "Ein Bündnis hätte zustande kommen können", sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Bei Klimaschutz, Landwirtschaft und Migration sei man am Ende näher beieinander gewesen, als man es gedacht hätte. Parteichef Cem Özdemir sagte, die Grünen hätten bis zur letzten Sekunde die Bereitschaft gehabt, eine Koalition zu bilden. "Ein Partner hatte diese Bereitschaft nicht." Die FDP habe die einzig mögliche Konstellation zur Regierungsbildung "leider abgelehnt und zunichte gemacht". Die Grünen seien bei vielen Themen an ihre Schmerzgrenzen und darüber hinaus gegangen.

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Trittin: "schockiert über diesen Abgang"

Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin sagte, es habe ein Gesamtpaket vorgelegen aus Klimaschutz, Familiennachzug, Arbeitsrecht, Abschaffung des Soli-Steuerzuschlags und Mütterrente. Darauf hätten sich die Grünen einigen können. Die FDP habe zu diesem Zeitpunkt aber schon ihre Pressemitteilung über den Abbruch der Gespräche vorbereitet. Als Lindner diesen vor der Presse verkündet habe, hätten Grüne, CDU und CSU gemeinsam vor den Bildschirmen gestanden und "schockiert über diesen Abgang" zugesehen.

Trotz der angespannten Lage schloss die SPD eine Neuauflage der großen Koalition erneut kategorisch aus. Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz hatte am Sonntag bekräftigt, für den Fall eines Scheiterns stehe seine Partei nicht für eine Regierungsbeteiligung zur Verfügung. "Der Wähler hat die große Koalition abgewählt", sagte er bei einer SPD-Konferenz.

SPD schließt GroKo weiter aus

SPD-Parteivize Ralf Stegner bestätigte via Twitter die Position der Sozialdemokraten. "Das Ergebnis der Bundestagswahlen hat sich für die SPD durch die langen Sondierungswochen und Erklärungen anderer Parteien nicht geändert", schrieb Stegner. Er sehe für Kanzlerin Merkel keine Zukunft mehr. Aber auch ohne Merkel werde die SPD keine große Koalition eingehen.

Die SPD-Spitze hatte am Abend der Bundestagswahl am 24. September unmittelbar nach dem historischen Absturz auf 20,5 Prozent entschieden, eine rechnerisch mögliche erneute große Koalition mit der Union abzulehnen und in die Opposition zu gehen.

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Linke fordert Neuwahlen

Die Linke sprach sich für Neuwahlen aus. "Die Schwarze Ampel ist krachend gescheitert", sagte Parteichefin Katja Kipping der "Berliner Zeitung". "Es muss jetzt schnellstmöglich Neuwahlen geben, denn eine Fortsetzung der großen Koalition kann sich niemand ernsthaft wünschen." Neuwahlen seien die demokratisch angemessene Konsequenz. Und sie würden zeigen, dass das System Merkel nicht mehrheitsfähig sei. "Nach dem Scheitern einer Mitte-Rechts-Regierung ist die Zeit für eine linke Alternative gekommen."

Zentraler Streitpunkt bei den Sondierungen war am Sonntag bis zuletzt das Thema Migration. CDU, CSU und FDP wollten eine Begrenzung der Zuwanderung. Die Grünen wollten dies nicht, hatte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer am Abend im ZDF unterstrichen. Um diesen Punkt habe es neben den Themen Klima, Energie und Finanzen die größten Diskussionen gegeben. Eine Einigung in der Migrationspolitik insgesamt wäre Voraussetzung für die Aufnahme formeller Koalitionsverhandlungen gewesen.

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