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Martin Schulz: "In eine Regierung Merkel werde ich nie eintreten"


Schulz am Tag nach dem Debakel
"In eine Regierung von Angela Merkel werde ich nie eintreten"

t-online, David Ruch

25.09.2017Lesedauer: 3 Min.
Martin Schulz hat mit dem Neuaufbau der SPD eine schwere Aufgabe vor sich.Vergrößern des Bildes
Martin Schulz hat mit dem Neuaufbau der SPD eine schwere Aufgabe vor sich. (Quelle: Michael Dalder/Reuters-bilder)
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Nach dem Debakel bei der Bundestagswahl schwört SPD-Chef Martin Schulz seine Partei auf die Oppositionsrolle ein. Für den künftig enorm wichtigen Posten des Fraktionsvorsitzes im Bundestag schlägt er die bisherige Arbeitsministerin Andrea Nahles vor. Um den Wahlschock zu verdauen, bleibt der SPD wenig Zeit: Schon Mitte Oktober gilt es, das bislang in einer Koalition mit den Grünen regierte Niedersachsen zu verteidigen.

Von David Ruch

Im Fußball heißt es: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. SPD-Parteichef Martin Schulz benutzt diese Floskel am Tag nach dem Wahldebakel, um seiner geschundenen Partei wieder Mut zu machen. "Eine neue Runde hat begonnen", sagt er. Und: "Es beginnt eine neue Saison." Das Signal an die Genossen: Aufstehen. Mund abputzen. Weiter geht’s.

40 Abgeordnete weniger im Bundestag

Die SPD hatte am Vorabend eine historische Niederlage erlebt. Sie kommt auf nur noch 20,5 Prozent – ein Minus von 5,2 Prozent im Vergleich zur Wahl 2013. Es ist das schlechteste Ergebnis für die SPD überhaupt bei einer Bundestagswahl. Im neugwählten Parlament wird die Partei mit nur noch 153 Abgeordneten vertreten sein – 40 weniger als zuletzt.

Um den Schock abzufedern, trat Schulz noch am Wahlabend die Flucht nach vorn an. Er erklärte die Große Koalition für umgehend beendet und kündigte den Gang in die Opposition an. Und er versprach der Partei einen Neuanfang.

Präsidium und Vorstand unterstützen Nahles

Am Montag konkretisiert Schulz auf einer Pressekonferenz im Willy-Brandt-Haus: "Ich habe der Parteispitze empfohlen, dass Andrea Nahles künftig die Bundestagsfraktion anführen soll." Sowohl das SPD-Präsidium als auch der Parteivorstand seien seinem Vorschlag gefolgt seien. Deshalb werde er der Fraktion Nahles als neue Vorsitzende vorschlagen.

Das Amt selbst zu übernehmen, stand für ihn angeblich nicht zur Debatte. "Ich habe nie darüber nachgedacht, Vorsitzender der Bundestagsfraktion zu werden", sagt Schulz. Seine Aufgabe sei es, die SPD nicht nur in Berlin, sondern im Land zu stärken. "Ich möchte in beiden Welten bestehen.".

Die bisherige Arbeitsministerin wäre damit die erste Frau an der Spitze der sozialdemokratischen Fraktion. Die streitlustige Rheinland-Pfälzerin wird dem linken Flügel zugerechnete, gilt aber als Pragmatikerin. Nach dem Wahldebakel 2009 richtete sie als Generalsekretärin mit Sigmar Gabriel die Partei wieder auf.

Nahles brachte SPD-Vorhaben nach vorne

An der Spitze des Arbeitsministeriums brachte sie ab 2013 die sozialdemokratischen Kernprojekte Mindestlohn und Rente mit 63 auf den Weg. "Andrea Nahles ist eine erfahrene Politikerin, die in Berlin als auch in ihrem Landesverband Rheinland-Pfalz über eine hohe Reputation verfügt", sagt Schulz.

In der neuen Rolle würde die 47-Jährige zur wichtigsten Figur in der SPD-Führung neben Schulz. Der Parteichef bekräftigt am Montag, auch als Oppositionspartei "die Zukunft des Landes gestalten" zu wollen. Die SPD werde der künftigen Regierung in konstruktiver Form entgegentreten. "In der Demokratie ist vielleicht sogar die Opposition die entscheidendere Kraft als die Regierung. Weil es ist die Opposition, die der Regierung zeigt, was sie falsch macht." Die SPD sei für die neue Aufgabe gut aufgestellt und gehe geschlossen in die Auseinandersetzung.

Erneute Absage an Groko

Auf die Frage, ob die SPD im Fall eines Scheiterns von Verhandlungen zwischen Union, FDP und Grünen doch wieder für eine Groko bereitsstehen würde, sagt Schulz: Er gehe davon aus, dass Merkel eine große Anhängerin der "schwarzen Ampel" sei. Jamaika werde auch wegen der inhaltlichen Nähe der Parteien zustande kommen. Und wenn das Bündnis wider Erwarten doch platzt? "In eine Regierung von Angela Merkel werde ich nie eintreten", bekräftigt Schulz.

Seine Partei schwört er am Montag auf eine ausführliche interne Aufarbeitung der Wahlniederlage ein. Bis zum Parteitag Anfang Dezember würden die Sozialdemokraten in Gremien, in Klausursitzungen und acht Regionalkonferenzen mit den Mitgliedern über den eigenen Kurs beraten. Die Wahl-Niederlagen von 2009 und 2013 seien nicht ausreichend aufgearbeitet worden. "Wir dürfen die Fehler, die gemacht worden sind, nicht wiederholen", mahnt Schulz.

"Neue Fraktion braucht jetzt Zeit"

Ganz ohne Reibungen aber wird der Neuanfang nicht vonstatten gehen. Der Vorsitzende des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, warnt bereits mit Blick auf den künftigen Fraktionsvorsitz vor vorschnellen Festlegungen. "Die neue SPD-Fraktion braucht jetzt Zeit, die notwendigen personellen Fragen in Ruhe zu diskutieren", sagte Kahrs der "Rheinischen Post". "Vorschnelle Festlegungen über die Fraktionsführung helfen nicht weiter und daher lehnen wir diese ab." Ob die kurzfristig angesetzte Entscheidung über die Neubesetzung in der Fraktion also schon diesen Mittwoch fällt – ungewiss.

Die SPD muss den Wahlschock schnell wegstecken. Am 15. Oktober steht die vorgezogene Landtagswahl in Niedersachsen an. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) will dann sein Amt verteidigen. Die Chancen könnten schlechter sein: Trotz deutlicher Verluste holten die Sozialdemokraten in Niedersachsen mit 27,4 Prozent von allen Bundesländern noch das beste Ergebnis.

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