Steinmeier legt gleich los Alter und neuer Außenminister liest Putin die Leviten
Vier Jahre lang musste Frank-Walter Steinmeier (SPD) den eher unglücklich agierenden Guido Westerwelle (FDP) gewähren lassen. Jetzt hat der Sozialdemokrat wieder das Ruder im Auswärtigen Amt übernommen und gleich am ersten Tag Russlands Präsident Wladimir Putin im Streit um die Ausrichtung der Ukraine die Leviten gelesen.
Steinmeier kündigte nach seinem obligatorischen Antrittsbesuch in Paris schon für Donnerstag eine Reise ins Nachbarland Polen an. Dort wolle er nach einer Lösung für die Krise in der Ukraine suchen. Auf den Vorschlag des ukrainischen Oppositionsführers Vitali Klitschko, eine Rolle als Vermittler zu übernehmen, ging er allerdings nicht näher ein.
Es sei "völlig empörend", machte Steinmeier deutlich, wie Russland die Notlage der Ukraine ausgenutzt habe, um den EU-Assoziierungsvertrag zu verhindern. Genauso empörend sei das gewaltsame Vorgehen der ukrainischen Sicherheitskräfte gegen die friedlichen Demonstranten gewesen.
EU soll sich hinterfragen
Kiew legte das Abkommen indes kurz vor der geplanten Unterzeichnung auf Eis und rückte am Dienstag stattdessen näher an Moskau heran. Russlands Präsident Wladimir Putin sagte seinem kremlfreundlichen ukrainischen Amtskollegen Viktor Janukowitsch Milliardenhilfen und deutlich vergünstigte Gaslieferungen zu.
Janukowitschs Versuch, Geld aus Brüssel zu erpressen, war zuvor gescheitert. Im eigenen Land sieht er sich wie die Regierung prowestlichen Massenprotesten und Rücktrittsforderungen ausgesetzt.
Die EU, gab Steinmeier zu bedenken, müsse sich auch selbst fragen, ob sie die Schwäche und Zerrissenheit der Ukraine zwischen Ost und West nicht unterschätzt habe. Erst dann könne man entscheiden, "ob wir zur Stabilisierung hilfreich sein können".
"Blockdenken verhindern"
In seiner Rede vor mehreren hundert Diplomaten knüpfte er trotz der Ermahnungen Richtung Kreml auch an den Begriff einer "Modernisierungspartnerschaft" mit Russland an, die er 2008 vorgeschlagen hatte. Die Entwicklung der vergangenen Jahre verfolge er "nüchtern und ohne Verklärung".
Auf jeden Fall müsse ein Rückfall in altes Blockdenken und Sprachlosigkeit verhindert werden. "Mir ist egal, wie das Konzept am Ende heißt", sagte er.
Verbesserung des transatlantischen Verhältnisses
Steinmeier kündigte auch an, sich nach der NSA-Affäre und anderen Konflikten um eine Verbesserung in den Beziehungen zu den USA zu bemühen. "Das transatlantische Verhältnis steht unter erheblichem Stress." Insgesamt müsse sich die deutsche Diplomatie neuen Herausforderungen stellen. "Mit der bloßen Beschwörung des Altbekannten und Bewährten kommen wir in Zukunft nicht mehr ganz durch."
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will eine Konfrontation zwischen der EU und Russland vermeiden. "Ich glaube, ein Bieterwettbewerb wird das Problem nicht lösen", erklärte sie am Dienstagabend in der ARD-Sendung "Farbe bekennen". Nötig seien weitere Gespräche der EU und auch Deutschlands mit Russland.
Gegenseitiges Lob
Steinmeier hatte zwischen 2005 und 2009 gut und eng mit Merkel zusammengearbeitet. Sie agierte bislang allerdings selbst schwerpunktmäßig außenpolitisch und ließ so vor allem Westerwelle blass wirken. Steinmeier kündigte an, "an den Grundkoordinaten der deutschen Außenpolitik" festzuhalten.
Ausdrücklich lobte er seinen Vorgänger für dessen Europa-Engagement und eine "Kultur der militärischen Zurückhaltung". Westerwelle sagte zu Steinmeier: "Ich bin fest davon überzeugt, dass das gute außenpolitische Jahre unter Ihrer Führung werden."