Unions-Spitze kämpft um Glaubwürdigkeit Merkel schließt Steuererhöhungen angeblich aus
Teilerfolg für SPD und Grüne: Ohne deren Zutun debattiert die Union über Steuererhöhungen, die sie im Wahlkampf noch ausgeschlossen hat. Nun versucht die Parteispitze, den Geist wieder in die Flasche zu bekommen. Fraktionsvize Michael Fuchs berichtet von einem Telefonat mit Kanzlerin Angela Merkel, die ihm versichert habe, auch nach der Wahl Steuererhöhungen auszuschließen.
Merkel habe deutlich gemacht, dass Steuererhöhungen auch künftig nicht das Ziel der Union seien, sagte Fuchs der "Passauer Neuen Presse". Auch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe dementierte Medienberichte, wonach er sich für einen erhöhten Spitzensteuersatz im Gegenzug zu Entlastungen bei der Kalten Progression ausgesprochen habe.
Signale für Zugeständnisse gesendet
Zuvor wurden aus den eigenen Reihen allerdings Signale für Zugeständnisse an die Steuererhöhungspläne von SPD und Grünen gesendet. Und das, obwohl noch nicht einmal klar ist, ob die beiden Parteien mit der Union überhaupt über eine mögliche Koalition sprechen wollen.
So wiederholte der in der Union geschätzte Haushaltsexperte Norbert Barthle seinen früheren Vorschlag zu einer moderaten Anhebung des Spitzensteuersatzes für Besserverdienende. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble erklärte Steuererhöhungen in einem Interview mit der "Zeit" nicht zum Tabu, sondern will den Verlauf von Koalitionsgesprächen abwarten.
Überhaupt keine Spekulationen aufkommen lassen will derweil die CSU. In der Landtagsfraktion sagte CSU-Chef Horst Seehofer laut Teilnehmern, es sei "unverantwortlich", wenn jetzt - noch vor Beginn von Koalitionsverhandlungen - Steuererhöhungen vorausgesagt würden. Bayerns Finanzminister Markus Söder sagte: "Mit der CSU gibt es keine Steuererhöhungen."
Die Union muss sich bewegen
Dabei ist eigentlich klar, dass sich die Union bewegen muss, wenn sie mit SPD oder den Grünen ein Bündnis eingehen will, deren Haupt-Wahlkampfthema höhere Steuern für Besserverdienende war. Zudem kämen auch der Union mehr Einnahmen gelegen. Immerhin hat sie Milliarden-Investitionen in Bildung, Forschung und Straßen sowie höhere Mütterrenten versprochen.
Es würde also nicht überraschen, wenn das Spitzenpersonal sich intern im Vertrauen schon einmal darüber austauschen würde. Nur wäre es der Union lieber gewesen, nach außen so tun zu können, als hätte man sich nach harten Verhandlungen - und nicht schon voreilig und freiwillig - dem Druck der SPD oder den Grünen beugen müssen.
Die Union hat nun dieses Problem: Anstatt still ihren Wahlsieg zu genießen und sich wie die SPD erst einmal überhaupt nicht groß zu rühren, muss sie ihre Wahlversprechen erneuern, um glaubwürdig zu bleiben und nicht schon vor Koalitionsverhandlungen Positionen preis zu geben.