Schwierige Koalitionssuche Weder SPD noch Grüne wollen mitregieren
Bei der Suche nach einem neuen Koalitionspartner für CDU-Kanzlerin Angela Merkel zeichnet sich keine rasche Lösung ab. Weil sie jeweils große eigene Nachteile fürchten, wächst bei SPD und Grünen die Skepsis vor einer Regierungszusammenarbeit mit einer fast übermächtigen Union. Vertreter beider bisheriger Oppositionsparteien empfehlen der jeweils anderen Seite eine Zusammenarbeit mit der Union.
Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, der Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs, sagte im ARD-Morgenmagazin: "Ich glaube, dass jetzt die Grünen dran sind." Im Sinne der Demokratie gehe das gar nicht anders: Andernfalls gäbe es 80 Prozent Regierung und nur 20 Prozent Opposition im Bundestag.
Grünen-Chef Cem Özdemir geht dagegen von einer Großen Koalition aus und sagte, die Konzessionen der Union gegenüber den Grünen müssten "viel, viel größer sein" als gegenüber der SPD.
Eine "Frage der Logik"?
CSU-Chef Horst Seehofer nannte ein Koalition von Union und SPD unterdessen eine "Frage der Logik". Er verwies in der "Leipziger Volkszeitung" auf die Rolle des Bundesrates bei der Gesetzgebung - CDU/CSU und Grüne hätten gemeinsam in der Länderkammer "keine einzige Stimme zusammen".
In der SPD mehren sich allerdings Forderungen, die Parteibasis über eine Neuauflage der Großen Koalition abstimmen zu lassen. Auf dem Parteikonvent am Freitag müsse per Beschluss festgelegt werden, dass eine Regierungsbeteiligung nur nach einem positiven Votum der Parteibasis durch einen Mitgliederentscheid möglich sein dürfe, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Axel Schäfer der "Rheinischen Post".
Fraktionsvize warnt vor Auseinanderfallen der SPD
Andernfalls drohe ein Auseinanderfallen der Partei. Schäfer ist auch Vorsitzender der SPD-Bundestagsabgeordneten aus Nordrhein-Westfalen. Zuvor hatten bereits andere SPD-Landesverbände für einen Mitgliederentscheid plädiert, sollte es zu einem Koalitionsvertrag mit der Union kommen. Bayerns SPD-Chef Florian Pronold sagte der "Bild"-Zeitung: "Wir brauchen über einen Koalitionsvertrag zur großen Koalition zwingend eine Mitgliederbefragung." Auch der baden-württembergische SPD-Chef Nils Schmid warb für ein solches Vorgehen.
Nach Informationen der "Leipziger Volkszeitung" aus führenden Parteikreisen will die SPD für eine Koalitionsbildung bis Mitte November ohnehin keinerlei Entscheidung oder Vorentscheidung treffen. Die Parteispitze habe sich darauf verständigt, bis dahin "alles offen zu halten, ohne aber in Schockstarre zu verfallen". Vom 14. bis 16. November trifft sich die SPD in Leipzig zu ihrem Parteitag.
Neuwahlen als letzter Ausweg?
Welche Optionen bleiben, wenn sich weder die Sozialdemokraten noch die Grünen auf eine Koalition einlassen? Ein rechnerisch mögliches rot-rot-grünes Bündnis schlossen sowohl SPD als auch Grüne wiederholt aus.
Gedankenspielen über eine Minderheitsregierung der Union erteilte Stefan Müller, der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, eine Absage. "Das kann nicht funktionieren", sagte Müller der "Bild"-Zeitung. Der CDU-Abgeordnete Christian Hirte sieht eine Neuwahl als möglichen Ausweg. "Wenn sich Rot-Grün parteitaktisch verweigern, zum Wohl unseres Landes Verantwortung zu übernehmen, muss neu gewählt werden", sagte er der Zeitung.