Missbrauch von Leiharbeit Opposition und Gewerkschaft werfen Merkel Ahnungslosigkeit vor
Die Kritik an Kanzlerin Angela Merkels Auftritt in der ARD-"Wahlarena" ebbt nicht ab, und die Opposition wittert Morgenluft: Beim Thema Leiharbeit wirft die Spitzenkandidatin der Grünen, Karin Göring-Eckhardt, der Bundesregierung "komplette Ahnungslosigkeit" vor.
Der designierte IG-Metall-Chef Detlef Wetzel blies gegenüber der "Frankfurter Rundschau" ins gleiche Horn: "Die Unkenntnis der Bundesregierung über die betriebliche Realität ist erschreckend." In der "Wahlarena" hatte ein Zuschauer geschildert, dass er seit zehn Jahren für die selbe Firma in Leiharbeit beschäftigt sei. Merkel hatte dazu gesagt: "Ich halte das für einen sehr krassen Fall. Wenn es mehrere Fälle über zehn Jahre gibt, bin ich bereit, mir das anzuschauen."
Bundesarbeitsgericht hat Dauer-Status untersagt
Im Juli hatte das Bundesarbeitsgericht geurteilt, Betriebsräte könnten ihre Zustimmung zum Einsatz von Leiharbeitern verweigern, wenn dieser auf Dauer angelegt sei. Zu Beginn ihrer Stellungnahme betonte die Kanzlerin, dass auch Zeitarbeit sicher besser sei als Beschäftigungslosigkeit und erntete dafür grundsätzliche Zustimmung. Dass die Wirtschaft immer wieder Ausweichmanöver suche, kritisierte Merkel jedoch.
Die SPD fordert, die Ausleihfrist für Leiharbeiter an dasselbe Unternehmen auf maximal ein Jahr zu begrenzen. Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Hubertus Heil warf Merkel in der "Frankfurter Rundschau" zudem vor, ihr Herz für Leiharbeiter erst vor der Bundestagswahl zu entdecken. Die IG Metall betonte, eine zehnjährige Einsatzzeit bei einem Unternehmen sei zwar nicht die Regel, "aber auch kein Einzelfall".
Hundt bestreitet massenhaften Missbrauch
Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt sieht das anders. Er mischte sich in die neu entflammte Debatte ein und bestritt massenhaften Missbrauch des Faktors Leiharbeit. Einzelfälle möge es geben, doch "die vorhandenen gesetzlichen Möglichkeiten bieten jede Handhabe, dies zu verhindern", sagte Hundt der "Passauer Neuen Presse".
Wie es diese Beschäftigungslösung eigentlich vorsieht, erfolge der Einsatz von Zeitarbeitskräften vorübergehend, um Auftragsspitzen abzudecken, so Hundt. Er konkretisierte: "Mehr als 50 Prozent der Einsatzzeiten sind kürzer als sechs Monate."
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hatte unlängst deutlich gemacht, Leiharbeit und Werkverträge einschränken zu wollen - im Falle eines Wahlsiegs. Zu dessen Realisierung kann er am Mittwochabend beitragen, dann muss auch er sich Bürgerfragen in der ARD-"Wahlarena" stellen.