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Nahostkonflikt: Wie viel Leid ertragen die Menschen in dieser Weltgegend?


Konflikt im Nahen Osten
Der Irrsinn hinter der Kriegslogik im Nahen Osten

  • Gerhad Spörl
MeinungVon Gerhard Spörl

17.05.2021Lesedauer: 4 Min.
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Ein zusammengestürztes Haus nach einem israelischen Luftangriff im Gaza-Streifen: Die erneute Eskalation der Gewalt helfe Netanyahu und der Hamas, meint t-online-Kolumnist Gerhard Spörl.Vergrößern des Bildes
Ein zusammengestürztes Haus nach einem israelischen Luftangriff im Gaza-Streifen: Die erneute Eskalation der Gewalt helfe Netanyahu und der Hamas, meint t-online-Kolumnist Gerhard Spörl. (Quelle: t-online)

Die Eskalation der Gewalt hilft paradoxerweise beiden Feinden: Benjamin Netanjahu wird sich wohl an der Macht halten, anstatt ins Gefängnis zu gehen, und die Hamas gewinnt mit jeder Rakete an Renommee.

Es gibt Probleme, die verlieren an Schärfe, weil Zeit vergeht. So fand sich Deutschland unter Qualen mit den Gebietsverlusten nach dem Zweiten Weltkrieg ab. Es gibt andere Probleme, für die sich durch eine unerwartete Wendung von heute auf morgen eine Lösung finden lässt. So war es, als Amerika und China plötzlich beschlossen, diplomatische Beziehungen aufzunehmen. Und es gibt den Nahen Osten – das verzweifelte Beispiel für Probleme, die nicht vergehen, sondern sich mit Härte und Hass vollsaugen.

Im Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis herrschte sieben Jahre lang eine explosive Ruhe. Damit ist es vorbei und diesmal lässt die Hamas noch mehr Raketen auf den Süden Israels niederregnen als beim letzten Mal. Allerdings sind die Geschosse wieder nicht raffiniert genug, um die hochgradig raffinierte israelische Luftabwehr in Verlegenheit zu bringen, aber einige Raketen kommen eben doch durch und töten Zivilisten. Im Gegenschlag töten israelische Artillerie und Luftwaffe wichtige Figuren in der Hierarchie der Hamas, aber natürlich auch Kinder, Frauen und Männer.

Ein unkontrollierbarer Konflikt

Dieser Irrsinn wiederholt sich seit vielen Jahren. Aber wie viel Leid vertragen die Menschen, verträgt diese Weltgegend eigentlich? Wie viele Verletzte, Versehrte, Tote?

Dass der Konflikt diesmal wieder in einen Krieg umschlagen kann, hängt an zynischen Kalkulationen auf beiden Seiten. Wer, wie die Regierung Netanjahu, arabische Familien aus ihren Häusern in Ostjerusalem vertreiben lässt, weiß natürlich, dass Unruhen folgen. Wer außerdem Polizisten mit Blendgranaten in die Al-Aksa-Moschee schickt, in der sich die Betenden versammelt haben, provoziert mit Bedacht. Vielleicht herrschte in der israelischen Regierung die Illusion vor, dieser Konflikt sei kontrollierbar und werde bald schon wieder abklingen. Ist er aber nicht. Denn nun ziehen arabische Israelis und Israelis durch friedliche Städte wie Akkon, liefern sich Straßenschlachten und plündern Geschäfte. Das ist neu, das bleibt.

Dass der Konflikt nach Israel einwandert, hilft paradoxerweise beiden Feinden, Benjamin Netanjahu wie der Hamas. Das ist die Logik, die im Nahen Osten herrscht.

Netanjahu und Hamas profitieren

Netanjahu war gerade daran gescheitert, eine neue Regierung zu bilden. Gehört er aber nicht mehr der Regierung an, droht ihm wegen etlicher Anklagen das Gefängnis. Nun schart sich das Land wieder um ihn, weil er in Konflikten aufblüht und Sicherheit ausstrahlt. Vermutlich wird er sich auf diese Weise an der Macht halten können.

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Die Hamas herrscht im Gaza, dem kleinen Küstenstreifen am Mittelmeer mit mehr als zwei Millionen Menschen, armselig und vollgepfropft. Sie hat nichts zu bieten, außer wilder Kriegsrhetorik und bitterer Repression. Sie beantwortet jede israelische Provokation dankbar mit Raketenbeschuss. Militanz ist ihr Lebenselixier. Der ewige Konkurrent Mahmud Abbas tat der Hamas zusätzlich den Gefallen, die Wahlen im Westjordanland abzusagen. Die letzte Wahl fand vor 17 Jahren statt.

Viel wäre gewonnen, wenn die Palästinenser untereinander weniger verfeindet wären und mehr Energie auf den zivilen Aufbau in Gaza aufbrächten. An Geld mangelt es nicht. Das fließt reichlich, zum Beispiel aus Katar und der EU. Am Willen mangelt es, etwas aufzubauen. Und an der Einsicht, dass sich Israel nicht ins Meer treiben lässt.

Verzweiflung, Hass und Hilflosigkeit

So ist das immer schon, so geht das schon lange zu. Nichts wird sich ändern. Nichts wird besser. Es gibt diese trostlose Routine, mit der der türkische Präsident Erdoğan so tut, als sei ihm das Schicksal der Palästinenser eine Herzensangelegenheit. Protest kommt auch aus den Golfstaaten, die sich aber in Wahrheit unter der Regie der USA mit Israel arrangiert haben, denn sie haben ja einen gemeinsamen Feind. Das ist der Iran, der die Kriege in Syrien und im Jemen nutzt, um Hegemonialmacht zu werden. Dazu unterstützt er Milizen wie Hamas und Hisbollah für Stellvertreterkleinkriege gegen Israel.

Die Palästinenser werden sowohl von der arabischen Welt alleingelassen als auch im Machtspiel des Nahen Ostens missbraucht. Die einseitige Solidarität in den deutschen Städten, grundiert mit grellem Antisemitismus, ist nicht mal ein schwacher Trost. Grund genug zur Erkenntnis, dass sich die Palästinenser auf niemand verlassen können – dass sie sich selber helfen müssen.

Israel ist militärisch haushoch überlegen. Solange Premiers vom Schlage Netanjahu regieren, wird es sich im Westjordanland und Ostjerusalem ausbreiten. Die Gerichte hindern sie nicht daran, im Gegenteil. Die israelische Friedensbewegung, die für Ausgleich mit den Palästinensern eintritt, unterstützt nur eine kleine Minderheit. An die Koexistenz zweier Staaten glaubt niemand mehr.

So lädt sich dieser ewige Konflikt in diesen Tagen noch mehr mit Verzweiflung, Hass und Hilflosigkeit auf. Wie lange noch? Bis auf beiden Seiten Leute an die Macht kommen, die einsehen, dass es so nicht weitergeht.

Hier finden Sie alle Kolumnen von Gerhard Spörl.

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