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Zum journalistischen Leitbild von t-online.US-Geheimdienstchef Pompeo Der Mann, der die CIA "bösartiger" machen will
CIA-Chef Mike Pompeo ist ein Hardliner – eng an der Seite Donald Trumps. Jetzt verrät er, wie er den Präsidenten brieft, seinen Geheimdienst umkrempelt und auf Kim Jong Un blickt.
Vom CIA-Hauptquartier in Langley bis zum Weißen Haus in Washington sind es 14 Kilometer. Mike Pompeo fährt die Strecke entlang des Potomac so gut wie jeden Morgen, um den US-Präsidenten über die Lage in der Welt zu informieren. Er liefert den sogenannten "Presidential Daily Brief", den Lagebericht, den die US-Geheimdienste Tag für Tag erstellen.
30 bis 40 Minuten dauern die Sitzungen, über deren Verlauf der CIA-Direktor nun einige Details preisgab. Sobald er mit den Worten "Pompeo, Sie sind dran" ins Oval Office gerufen wird, bespricht er demzufolge drei Elemente: ein aktuelles Thema, am Dienstag etwa die türkische Offensive in Syrien. Ein Thema, das bald ansteht – etwa die Vorbereitung auf die Reise zum Weltwirtschaftsforum. Und dann ein grundlegendes Thema, das noch nicht akut ist. Welches es am Dienstag war, wollte Pompeo nicht verraten.
Ansonsten lieferte Pompeo bei einem seltenen öffentlichen Auftritt in Washington viele interessante Einblicke. Der 54-Jährige spielt eine Schlüsselrolle dabei, welche Politik aus Donald Trumps Ideen folgt. Die Briefings veranschaulichen, welchen Einfluss er darauf hat, was Trump von den Spionagediensten zu sehen bekommt. Gleichzeitig ist Pompeo der Mann, der Trumps Politik in den Geheimdienstapparat trägt.
Umso interessanter war sein Auftritt am Dienstag beim "American Enterprise Institute", einer konservativen Denkfabrik. Zum Jahrestag seiner Ernennung zum CIA-Direktor sprach er nicht nur über das heikle Verhältnis von Trump und den Geheimdiensten, sondern auch über seine Mission, die CIA "aggressiver" zu machen – sowie seine Einschätzung, welche Nordkoreas Diktator Kim Jong Un verfolgt.
Ist das Thema Russland tabu?
Das tägliche Briefing ist wichtig, weil Trump wiederholt den Geheimdiensten öffentlich das Misstrauen ausgesprochen hat, was ihre Erkenntnisse zu Einflussoperationen Russlands im US-Wahlkampf angeht. Und weil sich hier die Frage stellt, wie Trump Informationen verarbeitet – oder eben nicht. Die "Washington Post" berichtete zuletzt, dass die Geheimdienstler in ihren Unterrichtungen das Thema Russland so gut wie vermeiden, um Trump nicht zu erzürnen.
Weil Pompeo die Debatten kennt, betonte er umgehend, welche schlauen Fragen Trump in den Briefings stellt.
Pompeos Rolle ist eine doppelte: Er ist der Mann, der bei Trump das Vertrauen in die Dienste wiederherstellen soll. Aber der seiner Behörde gleichzeitig auch die Prioritäten des Präsidenten einimpft. Kritiker sehen es mit Argwohn, dass Pompeo im August die direkte Aufsicht über eine Spionageabwehreinheit übernahm, die mit der Russland-Frage beschäftigt ist.
"Tag für Tag Geheimnisse stehlen – und sich nicht entschuldigen"
Denn nicht nur dabei liegt Pompeo ganz auf Trumps Linie: der Atomdeal mit Iran? Schlecht! Barack Obamas Nordkorea-Politik? Viel zu lasch! Schon als Kongressabgeordneter der Tea-Party-Bewegung fiel er mit heftigen Vorwürfen gegen Hillary Clinton auf und mit der Forderung, man müsse wieder mehr Gefangene ins (immer noch nicht geschlossene) Lager Guantanamo bringen.
Der Präsident ist voll des Lobes. Kein Wunder, dass im Weißen Haus bereits der Plan kursierte, Pompeo könne den in Ungnade gefallenen Außenminister Rex Tillerson beerben. Doch so nah wie jetzt wäre der CIA-Direktor als Außenminister nicht.
Pompeo gab sich am Dienstag anders als manche Vorgänger nicht als Bürokrat, sondern als Macher. Mit harter Hand und breiter Brust will er die rund 20.000 Mitarbeiter starke CIA führen. "Unsere Agenten sollen Tag für Tag Geheimnisse stehlen", stellte Pompeo gleich zu Beginn klar. "Das ist unsere grundlegende Mission, wir werden davor nicht zurückschrecken und wir werden sie aggressiv erfüllen und ohne uns dafür zu entschuldigen."
Agenten bekommen mehr Freiheit
Nach innen will er den Dienst schlank führen und klingt dabei wie ein Berater, der Unternehmen auf die Management-Methode agil trimmen will. 40 Prozent der Entscheidungen, die sein Vorgänger getroffen habe, habe er delegiert. Er will, dass die CIA "aggressiver" und "bösartiger" agiert, größere Risiken eingeht. Bislang zeigt sich das daran, dass Agenten im Einsatz unter ihm mehr Autonomie erhalten.
Er muss dabei auch peinliche und schmerzhafte Leaks verhindern, wie es sie zuletzt mehrfach gab. So wurden in den vergangenen Jahren mehr als ein Dutzend Quellen in China verhaftet oder getötet, offenbar wegen eines Maulwurfs. Zuletzt ging dem Dienst ein Großteil seiner Cyberwaffen verloren – sie standen bei Wikileaks.
Feuerprobe Nordkorea
Pompeos Erfolg dürfte sich auch in der Nordkorea-Krise festmachen. Dazu sagte er, dass neue "kreative Ansätze" etwa bereits für die Entdeckung gesorgt hätten, dass Russen und Chinesen trotz der Sanktionen das Regime in Nordkorea mit Treibstoff versorgt hätten.
Die Frage, ob die CIA Kim Jong Un als rationalen Akteur einschätze, bejahte Pompeo am Dienstag. Er glaube nicht, dass Nordkoreas Diktator das Atomprogramm als Absicherung für sein Regime betreibe. Kim wolle Atomwaffen als Drohmittel einsetzen und damit eine koreanische Wiedervereinigung "unter seiner Herrschaft" anstreben.
Die CIA gehe davon aus, dass Kim nicht ruhen werde, bis Nordkorea die Fähigkeit habe, mehrere Atomraketen gleichzeitig abfeuern zu können.
Pompeos Job ist es, das zu verhindern.
Quellen und weiterführende Informationen:
- eigene Recherchen
- Bericht in der "Washington Post" über Geheimdienstbriefings für Trump
- Porträt von Pompeo bei "BBC News"