"Schlechter Deal für die USA" Trump verkündet Katastrophe für das Klima
Die Warnungen vom Papst, von Kanzlerin Merkel und Klimaexperten waren vergebens. Donald Trump zeigt der Welt die kalte Schulter: Die USA verlassen das Pariser Klimaschutzabkommen. Gegen den Rat von Freund und Feind. Trump argumentiert mit "America First". Dass die Rechnung aufgeht, glauben nicht viele.
Fast 30 Grad, die Sonne brennt auf die Rosen im Garten des Weißen Hauses. Eine Militärband macht Musik. Donald Trump macht Weltpolitik. Mit fester Stimme sagt er den Satz, den viele befürchtet hatten: "Die USA werden sich aus dem Pariser Klima-Übereinkunft zurückziehen." Die USA als größte Volkswirtschaft der Welt, verabschieden sich aus dem historischen Klima-Deal.
Trump hält das für gut für die Vereinigten Staaten: "America First!" Verlassen kann die USA das Abkommen nach einem langwierigen Trennungsprozess wohl tatsächlich erst, wenn Trump womöglich schon nicht mehr Präsident ist - nach der Wahl 2020. Millionen Jobs würden dadurch gerettet, Milliarden an Beiträgen, unter anderem für den UN-Klimafonds gespart. "Ich kann nicht mit gutem Gewissen einen Deal gutheißen, der die Vereinigten Staaten abstraft", sagte Trump.
Klimavertrag neu verhandeln
Man wolle sofort mit Verhandlungen für ein besseres Abkommen beginnen, sagte Trump. Es müsse aber klar sein, dass ein neuer Vertrag besser für die amerikanischen Arbeiter sei. Das jetzige Abkommen lade die Kosten bei den amerikanischen Bürgern ab. "Der Rückzug liegt im ökonomischen Interesse und wird für das Klima keine Rolle spielen", sagte er.
"Wir ziehen uns zurück, aber wir werden neue Verhandlungen beginnen und sehen, ob wir einen Deal hinbekommen, der fair ist. Wenn uns das gelingt, ist das großartig. Wenn nicht, ist es auch Ok", sagte Trump. "Das Pariser Abkommen ist auf höchster Ebene ungerecht für die USA."
Frankreich, Deutschland und Italien gehen davon aus, dass das Pariser Abkommen nicht neu verhandelt werden kann. Es biete "substanzielle wirtschaftliche Chancen für Wohlstand und Wachstum", heißt es in einer von Italien verbreiteten gemeinsamen Erklärung. Zwar wollen neben China auch andere wichtige Länder den Vertrag weiter befolgen. Es wird aber befürchtet, dass Trumps Alleingang eine Kettenreaktion auslöst und sich auch andere der 195 Unterzeichner vom Klimaschutz verabschieden.
Trump attackiert andere Länder scharf
In seiner Rede hat der US-Präsident andere Länder diesbezüglich scharf attackiert. "Es geht hier weniger ums Klima, sondern mehr darum, dass andere Länder einen finanziellen Vorteil gegenüber den USA bekommen", erklärte Trump. "Dieselben Nationen, die uns bitten, im Abkommen zu bleiben, sind die Nationen, die Amerika kollektiv Milliarden kosten", fügte er hinzu. Kurz vor der Entscheidung in Washington hatten EU-Spitzenpolitiker den US-Präsidenten noch einmal eindringlich vor einem Ausstieg gewarnt.
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Der frühere US-Präsident Barack Obama hat dagegen die Entscheidung seines Nachfolgers kritisiert. "Diese Regierung schließt sich einer kleinen Handvoll von Nationen an, die die Zukunft verleugnet", hieß es in einer verbreiteten Stellungnahme. Obama betonte, das Abkommen sei vor eineinhalb Jahren dank der "beharrlichen und charakterfesten" Führung der USA in der internationalen Gemeinschaft ermöglicht worden. Obama hatte das Abkommen mit vorangetrieben. Es müsse alles getan werden, um die Erde für die kommenden Generationen zu bewahren, erklärte er nun.
Leugner des Klimawandels
Der Ausstieg der Vereinigten Staaten - weltweit nach China zweitgrößter Produzent von Treibhausgasen - ist ein massiver Schlag gegen das internationale Regelwerk. Die absehbare Entscheidung hatte schon vor Trumps Auftritt rund um den Globus eine Welle des Protestes ausgelöst, die sich nach der Entscheidung fortsetzte.
Der Schritt von Trump kam nicht mehr überraschend, es hatte sich bereits in den Tagen und Wochen zuvor eine Tendenz abgezeichnet - obwohl das Weiße Haus und die US-Regierung in sich völlig zerstritten in der Frage war. Auf der einen Seite die Vernunft-Fraktion um Außenminister Rex Tillerson, die gestützt von Wissenschaftlern, ausländischen Kollegen und Wirtschaftsbossen vehement für einen Verbleib in der historischen Vereinbarung warb. Auf der anderen Seite die Eiferer um den Nationalisten Stephen Bannon.
Seit Tagen wurden Informationen durchgestochen. Trump hatte sich eine illustre Schar von Leugnern des menschgemachten Klimawandels eingeladen, als er seine Entscheidung bekanntgab. Die Heritage Foundation, ein erzkonservativer Think Tank, der jede Art von Klimaschutz rundheraus ablehnt, schickte gleich fünf Vertreter in den Rosengarten.
Keine wirtschaftlichen Vorteile
An seiner Seite war auch Vizepräsident Mike Pence - das Gesicht der traditionellen US-Republikaner, die als einzige größere politische Kraft in der Welt den Klimawandel nicht für eine große Gefahr für die Menschheit halten. Schon die Republikaner-Ikone Ronald Reagan hatte 1986 die Solarspiegel aus dem Weißen Haus werfen lassen, die sein demokratischer Vorgänger Jimmy Carter hatte anbringen lassen.
Die wirtschaftlichen Vorteile für die Vereinigen Staaten dürften sich in Grenzen halten. Aus dem Ausland kamen bereits Signale, dass Marktzugänge für US-Unternehmen dann nicht möglich seien, wenn sie Wettbewerbsvorteile aus dem Nichbeachten von Paris geltend machten. Wirtschaftsexperten glauben, das Setzen auf veraltete, nicht zukunftsträchtige Industrien wie Kohle und Öl werde höchstens kurzfristig Arbeitsplätze bringen - langfristig aber in die Sackgasse führen.
"Stehen auf der richtigen Seite der Geschichte"
Klimaschützer, Politiker und Wirtschaftsführer aus aller Welt hatten schon vorher deutlich gemacht, was sie von der Entscheidung im Weißen Haus halten: Nichts! "Wir stehen auf der richtigen Seite der Geschichte", hatte EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete getwittert. Wer nach seiner Ansicht auf der falschen Seite steht, sagte er nicht explizit, das brauchte er auch nicht.
Es wurden aber auch Stimmen laut, die Trumps Entscheidung durchaus etwas abgewinnen konnten. Es könnte sich als besser herausstellen, wenn eine Regierung wie die Donald Trumps, mit einer Partei im Hintergrund wie den US-Republikanern, nicht im Abkommen bleibe und dort nur Unruhe stifte.
China für mehr Klimaschutz
Das Paris-Abkommen werde auch diese Politik der USA überdauern, betonte Cañete. Zuvor hatten mehrere Politiker noch flehentliche Appelle nach Washington geschickt. "Es ist entscheidend, dass alle Parteien am Paris Abkommen festhalten", schrieben die Regierungschefs der stark vom Klimawandel betroffenen nordischen Länder Schweden, Norwegen, Finnland, Island und Dänemark in einem gemeinsamen Last-Minute-Brief an Trump - auch das war vergebens.
Ob das Paris-Abkommen, von 195 Ländern unterzeichnet und von 147 bereits ratifiziert - darunter auch die USA - durch Trumps Schritt in seinen Grundfesten erschüttert wird, hängt nun von vielen Faktoren ab. Einer davon heißt China, ein anderer Russland. Chinas Ministerpräsident Li Keqiang versicherte in Berlin, sein Land werde sich auch in Zukunft an das Pariser Klimaabkommen halten.
Allianz zwischen Putin und Trump?
Das Reich der Mitte, noch vor den USA größter Produzent von Treibhausgasen in aller Welt, hatte sich in den Monaten des Washingtoner Wankelmuts geradezu als ein Hüter des Weltklimas produziert - eigene wirtschaftliche Interessen immer im Hinterkopf.
Auch Russland will Teil der Paris-Übereinkunft bleiben. Aus dem Kreml verlauteten aber auch Töne, die Wasser auf die Mühlen von Verschwörungstheoretikern sind, die eine geheime Allianz zwischen Trump und Wladimir Putin wittern. Es werde natürlich schwer, das Klimaschutzabkommen umzusetzen, wenn wichtige Länder fehlten, sagte Peskow. Das ließ durchaus aufhorchen.
Scharfe Töne aus Deutschland
Kanzlerin Angela Merkel hat Trump direkt nach seiner Ankündigung angerufen. Sie habe ihm ihr Bedauern ausgedrückt, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert bei Twitter mit. In dem Gespräch habe sie bekräftigt, dass Deutschland zu der Vereinbarung stehe. "Weiter alle Kraft für globale Klimapolitik, die unsere Erde bewahrt", schrieb Seibert zuvor im Namen der Kanzlerin.
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Es sei schon ein bitterer Befund, "dass ein Land wie die Volksrepublik China, ein Einparteienstaat autoritärer Art, in der Klimapolitik uns näher steht als die Vereinigten Staaten von Amerika", erklärte Martin Schulz, Kanzlerkandidat der SPD, in Berlin. Parteikollegin und Umweltministerin Barbara Hendricks mühte sich derweil um demonstrative Gelassenheit: "Paris ist nicht tot", sagte sie im rbb-Inforadio.
Historisches Abkommen
Einen wahren Freudenrausch hatte der damalige französische Außenminister Laurent Fabius unter den Delegierten ausgelöst, als er im Dezember 2015 mit einem knallgrünen Hammer auf den Tisch schlug und das Klimaabkommen für angenommen erklärte. Endlich hatte die Weltgemeinschaft sich zusammengerauft, um der selbst verursachten Erderwärmung entgegenzutreten und ein Zeichen für den Abschied von Kohle und Öl gesetzt - wenn auch eher übermorgen.
Ökonomen rechnen Trump und seinen Leuten seit Monaten vor, dass der Verbleib im Klimaabkommen wirtschaftlich sinnvoll wäre. "Wenn wir es nicht schaffen, eine Volkswirtschaft aufzubauen, die wenig Kohlenstoff verbraucht, dann setzt das den Wohlstand in Amerika aufs Spiel", heißt es in einem Brief an den Präsidenten, den die Chefs von 600 US-Unternehmen unterzeichnet haben - darunter Firmen wie Johnson&Johnson oder der Jeans-Hersteller Levi Strauss.
Was ist der Pariser Weltklimavertrag?
Es ist 25 Seiten lang und eine historische diplomatische Leistung: 195 Staaten einigen sich im Dezember 2015 auf das Pariser Klimaabkommen. Darin setzen sie sich das Ziel, die Erderwärmung durch den Treibhauseffekt auf "deutlich unter zwei Grad" im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Am 4. November 2016 tritt das Abkommen in Kraft. Jedes Land soll eigene Ziele zur Reduzierung der Treibhausgase setzen, regelmäßig wird geprüft, wie weit man ist und ob es schon reicht. Wie das im Detail ablaufen soll, darüber wird noch verhandelt. Die zwei Grad sind nicht zufällig gewählt. Nach der 1994 in Kraft getretenen Klimarahmenkonvention von Rio de Janeiro darf der Ausstoß der Treibhausgase nur so weit steigen, dass sich "die Ökosysteme auf natürliche Weise den Klimaänderungen anpassen können" und "die Nahrungsmittelerzeugung nicht gefährdet wird". Die meisten Experten gehen davon aus, dass diese Grenze bei einem Temperaturanstieg von durchschnittlich 1,5 bis 2 Grad liegt.