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Ted Malloch: Möglicher Trump-EU-Botschafter sorgt in Brüssel für Entsetzen


Trumps möglicher EU-Botschafter
Diplomatie mit der Brechstange

spiegel-online, Markus Becker

Aktualisiert am 02.02.2017Lesedauer: 4 Min.
Ted Malloch gilt als aussichtsreicher Kandidat für den Posten des US-Botschafters bei der EU.Vergrößern des Bildes
Ted Malloch gilt als aussichtsreicher Kandidat für den Posten des US-Botschafters bei der EU. (Quelle: Splashnews)

Ted Malloch vergleicht die EU mit der Sowjetunion, wettet auf den Zerfall des Euro - und könnte nächster US-Botschafter in Brüssel werden. Europapolitiker fordern, ihm die Akkreditierung zu verweigern.

Ted Malloch lässt keine Zweifel daran aufkommen, was er von der EU hält. In den Augen von US-Präsident Donald Trump sei sie "eine supranationale Organisation, ungewählt, in der Bürokraten Amok laufen". Eben "keine echte Demokratie".

Der Euro? "Könnte in einem oder anderthalb Jahren zusammenbrechen."

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker? "War ein ordentlicher Bürgermeister in irgendeiner Stadt in Luxemburg, glaube ich. Vielleicht sollte er dorthin zurückkehren."

Mallochs Auftritt in einer BBC-Talkshow gipfelte in seiner Antwort auf die Frage, warum er überhaupt EU-Botschafter werden wolle: "Auf einem früheren diplomatischen Posten habe ich geholfen, die Sowjetunion zu stürzen. Vielleicht gibt es eine weitere Union, die ein wenig gezähmt werden muss."

So redet der mit hoher Wahrscheinlichkeit nächste US-Botschafter bei der EU. Malloch, derzeit Professor für "Strategische Führung" an der englischen University of Reading, gilt als derzeit heißester Kandidat für den Posten.

Im Gespräch mit dem "Spiegel" bestätigt er das: Er habe aus Trumps innerem Zirkel gehört, dass er die erste Wahl des Präsidenten sei. Natürlich gebe es noch einige Formalitäten zu absolvieren, etwa die Anhörung im US-Senat. "Und dann muss man noch vom Präsidenten oder einem seiner Unterlinge vereidigt werden."

Glühender Brexit-Befürworter

Seine bisherigen Aussagen zur EU bekräftigt Malloch - und spekuliert erneut über den Zerfall der EU: "Die Mitgliedstaaten werden demokratisch entscheiden, ob die EU ein eher wirtschaftliches oder politisches Gebilde wird, oder ob sie zusammenbricht", sagt der glühende Brexit-Befürworter. Die ersten dieser Entscheidungen würden schon in den nächsten Monaten fallen, sagt Malloch mit Blick auf die anstehenden Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland.

Großbritannien empfiehlt er gar, EU-Recht zu umgehen. Binnen 90 Tagen, meint Malloch, könnten die USA mit dem Vereinigten Königreich einen Handelsvertrag schließen. Abgesehen davon, dass Experten von einer Dauer von bis zu einem Jahrzehnt ausgehen: London dürfte solche Verhandlungen derzeit gar nicht führen, weil die Befugnis dafür bei der EU-Kommission liegt. Solange Großbritannien EU-Mitglied ist, ist es daran gebunden.

Malloch aber sieht darin kein Problem. "Hinter verschlossenen Türen kann man alle Bedingungen aushandeln, sodass der Vertrag am selben Tag verkündet werden kann, an dem die Scheidung Großbritanniens von der EU vollzogen wird."

Dass in einem solchen Moment der Rechtsbruch der Briten offensichtlich wäre, sie anschließend aber noch einen Handelsvertrag mit der - wirtschaftlich für sie viel wichtigeren - EU verhandeln müssten, ficht Malloch nicht an. Das sofortige Aushandeln eines Handelsvertrags sei schon jetzt "mehr oder weniger die Intention" von Trump und der britischen Premierministerin Theresa May. Das sei aus ihrer gemeinsamen Stellungnahme nach Mays Besuch in Washington ersichtlich geworden.

Am Handel mit der EU sind die USA laut Malloch dagegen weit weniger interessiert - zumindest mit der EU in ihrer jetzigen Form. "Der TTIP-Vertrag ist tot", sagt Malloch. Über einen möglichen Ersatz habe er nicht einmal Gerüchte gehört, und Trump bevorzuge ohnehin bilaterale Handelsabkommen. Das aber würde voraussetzen, dass die EU in ihrer jetzigen Form aufhöre zu existieren. "Das", bestätigt Malloch, "ist eine Annahme."

Gabriel kann Malloch verhindern

Ob derartige Kommentare hilfreich sind, um die USA bei der EU zu vertreten? Dieser Frage weicht er aus: "Als Botschafter gibt man die Sicht des Landes wieder, das man vertritt - und nicht die des Landes, in dem man akkreditiert ist. Das scheinen viele Leute nicht zu verstehen."

Akkreditiert ist Malloch allerdings noch nicht - und geht es nach manchen EU-Politikern, wird das auch nicht geschehen. Der SPD-Außenpolitiker Jo Leinen etwa fordert von der EU-Führung, Malloch abzulehnen: "Wir brauchen in Brüssel keinen Quertreiber, der vom Ende des Euro träumt und die EU wie die frühere Sowjetunion zähmen und niederringen will", sagt Leinen. Malloch habe sich mit diesen Äußerungen "völlig disqualifiziert".

Andere einflussreiche EU-Politiker stimmen dem zu - allerdings nur hinter vorgehaltener Hand, um den Ärger mit der US-Regierung nicht noch weiter eskalieren zu lassen.

Möglich wäre eine Ablehnung Mallochs durchaus. Schlägt ein Staat einen neuen EU-Botschafter vor, müssen die Kommission und der Rat - letztlich also die Regierungen der Mitgliedstaaten - über den Vorschlag befinden, und das einstimmig. Damit, sagt ein Europaabgeordneter, habe SPD-Politiker Leinen den Ball seinem Parteifreund Sigmar Gabriel zugespielt. Der Außenminister habe es jetzt in der Hand, Malloch zu verhindern.

Üblicherweise passiert es allenfalls Drittwelt-Diktaturen, dass ihren Diplomaten die Akkreditierung verweigert wird. Rhetorisch aber scheinen sich die EU und die USA einem solchen Verhältnis anzunähern. "Die Werte und Interessen der EU müssen gegen die Angriffe von Trump und anderen Vertretern der Administration verteidigt werden", erklärt Leinen.

Ähnlich klingt Donald Tusk, der Präsident des Europäischen Rats: In einem offenen Brief an die EU-Staats- und Regierungschefs hatte er die Politik der US-Regierung als Bedrohung bezeichnet und in eine Reihe mit Russlands Aggressionen und dem Terror des "Islamischen Staats" gestellt.

Zwar mahnte Tusk an, die transatlantische Partnerschaft weiter zu pflegen und zu schützen. Ob ausgerechnet Malloch dafür der richtige Mann ist, erscheint aber zweifelhaft.

In Großbritannien jedenfalls scheint sich mancher schon auf den neuen EU-Botschafter zu freuen. "Das wird lustiger als in Washington", sagte BBC-Moderator Andrew Neil. "Glaube ich auch", antwortete Malloch.

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