Internationale Politik Verwirrung um Snowden: Zwangsstopp für Flugzeug von Boliviens Präsident
Der Fall des flüchtigen Enthüllers Edward Snowden hat jetzt zu einem Zwangsstopp einer aus Moskau kommenden bolivianischen Regierungsmaschine geführt und für diplomatische Verstimmungen zwischen Bolivien und westlichen Ländern gesorgt.
Wegen des "unbestätigten" Gerüchts, der US-Geheimdienstenthüller befinde sich an Bord, hätten Frankreich und Portugal ihren Luftraum für die Präsidentenmaschine gesperrt und der bolivianische Staatschef Evo Morales sei zur Zwischenlandung in Wien gezwungen worden, erklärte Boliviens Außenminister David Choquehuanca.
"Wir wissen nicht, wer diese enorme Lüge verbreitet hat", sagte Choquehuanca. Das österreichische Außenministerium bestätigte inzwischen, dass Morales in Wien gelandet sei und erklärte auch, Snowden habe sich nicht an Bord befunden. "Nach unserem Wissenstand stimmt es einfach nicht", sagte der Sprecher des österreichischen Außenministeriums Alexander Schallenberg. Erst am späten Vormittag hob Morales' Maschine wieder ab.
Weisung aus den USA?
Choquehuanca zeigte sich "verärgert" und warf den zuständigen Behörden vor, Morales' Leben in Gefahr gebracht und die Rechte des Luftverkehrs verletzt zu haben. Die bolivianische Regierung äußerte den Verdacht, dass die USA hinter der Entscheidung standen, den Weiterflug zu untersagen.
Boliviens Verteidigungsminister Rubén Saavedra, der Morales begleitete, erklärte dem venezolanischen Fernsehsender Telesur aus Wien, Frankreich habe dem Flugzeug von Morales schließlich doch Überflugrecht gewährt, nachdem Paris ein paar Stunden vorher "aus technischen Gründen" dies verweigert hatte.
Bolivianer demonstrieren gegen Frankreich
Frankreichs Regierung habe so ihren Fehler zugegeben, sagte Saavedra. Dennoch verweigerten Portugal, Italien und Spanien die Überflugrechte, wurde Saaverdra weiter zitiert.
Das französische Außenministerium erklärte, über den Vorfall nicht informiert zu sein. Wenige Stunden nach dem Vorfall erklärte die bolivianische Regierung, Paris und Lissabon hätten ihren Luftraum wieder freigegeben.
In Boliviens Hauptstadt La Paz kam es am Dienstagabend zu spontanen Protesten dutzender Demonstranten vor der dortigen französischen Botschaft wegen des Vorfalls. "Es lebe Bolivien, es lebe Präsident Evo" rief die Menge. Morales' Anhänger riefen zu weiteren Demonstrationen vor den diplomatischen Vertretungen der USA, Portugals und Italiens auf.
Sondersitzung der Unasur
Ecuadors Staatschef Rafael Correa und seine argentinische Kollegin Cristina Fernández de Kirchner forderten am Dienstagabend die Einberufung einer außerordentlichen Sitzung der Unasur, dem südamerikanische Staatenbund.
Die Unasur solle gegen das Überflugverbot des bolivianischen Präsidentenflugzeugs über mehrere europäische Staaten Protest einlegen. Kirchner erklärte über ihren Twitter-Account, der peruanische Präsident und Unasur-Vorsitzende Ollanta Humala habe ihr die Einberufung der Sitzung bestätigt.
Flüchtiger IT-Profi bis Dienstag in Moskau
Es war aber zunächst noch unklar, wann die Präsidentenmaschine ihren Flug nach La Paz fortsetzen kann. Morales hatte sich bis Dienstag in Moskau aufgehalten, wo sich Snowden seit über einer Woche im Transitbereich des Flughafens versteckt halten soll.
Zuletzt hatte er in über 20 Ländern Asyl beantrag, darunter auch in Deutschland. Berlin lehnte das Aufnahmegesuch am Dienstag aber ab. Zu seinem Antrag in Bolivien sagte Morales am Dienstag dem russischen Fernsehen, dieser würde "debattiert und berücksichtigt".
Bespitzelung auch von Europäern enthüllt
Snowden wird von den USA wegen Spionage per Haftbefehl gesucht. Er hatte enthüllt, dass der britische und der US-Geheimdienst im großen Stil Internetkommunikation auch europäischer Nutzer überwachen. Der "Guardian" hatte unter Berufung auf Dokumente Snowdens berichtet, dass der US-Geheimdienst NSA in EU-Vertretungen in Washington, New York und Brüssel unter anderem auch Wanzen installierte.
Vater lobt Sohn als "Patrioten"
Snowdens Vater Lon Snowden schrieb unterdessen gemeinsam mit seinem Anwalt einen offenen Brief an seinen Sohn, in dem er ihn als "Patrioten" lobte und mit dem US-Freiheitskämpfer Paul Revere verglich. Snowden rufe "wie ein Paul Revere der Moderne" die US-Bürger dazu auf, gegen die "wachsende Gefahr der Tyrannei" zu kämpfen, hieß es in dem Brief. Darin ermutigen die Verfasser den 30-Jährigen, seine Arbeit fortzusetzen.