Trump befeuert Jerusalem-Streit Palästinenser rufen zu "Tagen des Zorns" auf
US-Präsident Donald Trump hat mit der angekündigten Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels Bestürzung und Besorgnis ausgelöst. Israel warnte die Palästinenser eindringlich vor gewaltsamen Protesten. "Ich schlage vor, dass sie keine Spannungen verursachen und diesen Weg nicht einschlagen", sagte Geheimdienstminister Israel Katz nach Angaben seines Beraters. "Gewaltsame Proteste wären ein großer Fehler der Palästinenserbehörde."
Nach Angaben aus dem Weißen Haus will Trump Jerusalem entgegen internationaler Gepflogenheiten als Hauptstadt Israels anerkennen. Er will seine Entscheidung am Mittwochabend bekanntgeben. Die Verlegung der Botschaft werde aber Jahre in Anspruch nehmen, hieß es.
Konfrontationen in Bethlehem
Trump werde die Aussetzung eines US-Gesetzes aus dem Jahr 1995, das Jerusalem als Sitz der US-Botschaft vorschreibt, ein weiteres Mal unterzeichnen. Die Aussetzung verlängert sich somit zunächst um weitere sechs Monate. Trump hatte die Verlegung der Botschaft im Wahlkampf versprochen.
Mehrere palästinensische Gruppierungen haben aus Empörung über die US-Entscheidung zu drei "Tagen des Zorns" aufgerufen. In der Nähe von Bethlehem kam es zu einer Konfrontation zwischen Palästinensern und israelischen Soldaten. In Bethlehem verbrannten Demonstranten schon am Dienstagabend Bilder von Trump. In Gaza zündeten hunderte Demonstranten Trump-Bilder und US-Flaggen an. Die Bundesregierung warnte vor möglichen Ausschreitungen in Jerusalem, dem Westjordanland und dem Gazastreifen.
Israel hatte 1967 während des Sechs-Tage-Kriegs den arabisch geprägten Ostteil der Stadt erobert und später annektiert. Es beansprucht ganz Jerusalem als seine unteilbare Hauptstadt. Dieser Anspruch wird international nicht anerkannt. Unter anderem erkennen die Vereinten Nationen nicht ganz Jerusalem als Israels Hauptstadt an. Die Palästinenser sehen in Ost-Jerusalem ihre künftige Hauptstadt.
Hamas mobilisiert
Die palästinensische Politikerin Hanan Aschrawi sagte, Trump begehe "vorsätzlich eine äußerste Torheit, die nicht nur illegal ist, sondern auch dazu dient, religiöse und spirituelle Gefühle zu entflammen".
Die radikal-islamische Hamas sieht in den Plänen des US-Präsidenten eine Provokation. "Dies stellt eine schamlose Attacke auf palästinensische, arabische und islamische Rechte in Jerusalem dar", sagte ein Sprecher der bisher im Gazastreifen herrschenden Hamas. Er forderte eine Mobilisierung der Palästinenser, "um alle Pläne zur Zerstörung der palästinensischen Sache zunichte zu machen".
Geheimdienstminister Katz begrüßte den US-Schritt am Mittwoch und sprach von einem "historischen Tag". Er sagte: "Wir erwarten von der internationalen Gemeinschaft, Trumps Entscheidung zu unterstützen." Regierungschef Benjamin Netanjahu betonte das "einmalige Bündnis" mit den Vereinigten Staaten, äußerte sich am Mittwoch jedoch nicht konkret zu den Plänen.
Erdogan droht
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will einen Sondergipfel der Organisation für Islamische Kooperation (OIC) einberufen. Das außerordentliche Spitzentreffen sei für Mittwoch kommender Woche in Istanbul geplant, hieß es. Ziel sei es, im Streit um die geplante Anerkennung Jerusalems durch die USA "ein gemeinsames Handeln und Koordination zwischen den islamischen Ländern zu gewährleisten". Die Türkei hat derzeit die OIC-Präsidentschaft inne.
Die Weltgemeinschaft hat Trump in überwältigender Einhelligkeit seit Tagen vor der Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt gewarnt. Erdogan hatte die Aufkündigung der diplomatischen Beziehungen mit Israel angedroht. Die türkische Regierung warnte am Mittwoch vor einem neuen interreligiösen Konflikt.
Trump hatte mit dem Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas über seine Absicht gesprochen, mit den Vorbereitungen für die Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu beginnen. Trump soll unter anderem auch Jordaniens König Abdullah II. und Netanjahu über seine Absichten informiert haben.
Warnungen an Trump
Abbas' Sprecher sagte, der Palästinenserpräsident habe Trump "vor den schwerwiegenden Auswirkungen dieser Entscheidung auf den Friedensprozess sowie Sicherheit und Stabilität in der Region und der Welt gewarnt". Abbas habe bekräftigt, es werde keinen Palästinenserstaat ohne Ost-Jerusalem als Hauptstadt geben.
Neben der Türkei haben mit Deutschland und Frankreich weitere Nato-Verbündete Trump eindringlich davor gewarnt, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen.
Auch Saudi-Arabien, das sich als Schutzmacht aller Muslime weltweit sieht, äußerte sich "ernsthaft und tief besorgt". König Salman warnte Trump in einem Telefongespräch vor einem solchen Schritt, den Muslime in aller Welt als Provokation empfinden würden.
"Gefährliche Entwicklung"
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel befürchtet eine "sehr gefährliche Entwicklung", sollten die USA Jerusalem anerkennen. In der Europäischen Union bleiben viele überzeugt, eine Zwei-Staaten-Lösung müsse das Ziel bleiben.
Papst Franziskus warnte nachdrücklich, alle Parteien müssten den "Status Quo" der Stadt respektieren, "wie es die entsprechenden Resolutionen der UN vorsehen".
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg will sich aus dem Streit um eine mögliche einseitige Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt durch die USA heraushalten. "Über solche Dinge zu entscheiden, ist die Sache von Staaten, und das ist eine US-Entscheidung", sagte Stoltenberg am Mittwoch in Brüssel. Die Nato an sich sei nicht am Friedensprozesses im Nahen Osten beteiligt.