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Incirlik-Eklat: Deutschland droht Türkei mit Bundeswehr-Abzug


Nach Eklat um Besuch in Incirlik
Deutschland droht Türkei mit Bundeswehr-Abzug

Von dpa, afp, pdi

Aktualisiert am 15.05.2017Lesedauer: 3 Min.
Techniker bereiten im Rahmen des Einsatzes Counter DAESH einen Einsatzflug zweier Recce Tornados auf der Air Base in Incirlik (Türkei) vor.Vergrößern des Bildes
Techniker bereiten im Rahmen des Einsatzes Counter DAESH einen Einsatzflug zweier Recce Tornados auf der Air Base in Incirlik (Türkei) vor. (Quelle: dpa)

Neue Belastungsprobe für die deutsch-türkischen Beziehungen: Nach dem erneuten Besuchsverbot für deutsche Abgeordnete auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik droht die Bundesregierung mit dem Abzug der Soldaten.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Berlin werde sich weiter um eine Besuchsmöglichkeit bemühen, gleichzeitig aber auch "Alternativstandorte ins Auge fassen". Das Auswärtige Amt nannte die Haltung der Türkei "absolut inakzeptabel".

Nach Angaben des Auswärtigen Amtes hatte sich die Bundesregierung in den vergangenen Wochen auf allen Kanälen um eine Besuchserlaubnis bemüht. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) persönlich habe das Thema am Rande einer internationalen Konferenz in London gegenüber dem türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim angesprochen.

"Wir lassen uns nicht erpressen"

"In dieser Lage müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie es weiter geht", sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer. Das Verteidigungsministerium hat bereits Alternativstandorte geprüft. Als Favorit gilt Jordanien. Nach seinen Angaben würde eine Verlegung aber Monate dauern.

Der Vorsitzende des Verteidigungs-Ausschusses, Wolfgang Hellmich (SPD), kündigte an, dass die Bundeswehr jetzt aus Incirlik abgezogen werde. "Die konkreten Vorbereitungen in Richtung einer Verlegung werden nun in Angriff genommen", sagte Hellmich. Auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann machte deutlich: "Unter diesen Voraussetzungen kann die Bundeswehr nicht in Incirlik bleiben."

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Das Besuchsrecht der Abgeordneten bei den Soldaten müsse jederzeit gewährleistet sein. "Deswegen ist die Einleitung eines Abzuges und Verlegung an den bestmöglichen Standort absolut richtig. Das muss jetzt geschehen."

CDU vorsichtig

Der CDU-Obmann Henning Otte äußerte sich etwas vorsichtiger: "Vor dem Hintergrund der fortgesetzten politischen Hindernisse, die mit der Stationierung in Incirlik verbunden sind, bitte ich die Verteidigungsministerin, mit höherer Dringlichkeit alternative Stationierungsorte in Betracht zu ziehen. Hier ist vorrangig Jordanien in Erwägung zu ziehen", sagte er. Auch Otte betonte: "Wir lassen uns von der Türkei nicht erpressen."

Die Linke forderte ebenfalls den Abzug aus Incirlik. Das wäre ein erster Schritt hin zu einer anderen Politik gegenüber der Türkei, sagte Obmann Alexander Neu. Bisher habe sich die Bundesregierung erpressbar gemacht. "Das würdelose Agieren der Bundesregierung ist der Preis für die geopolitisch geprägte deutsche Machtpolitik."

Besuch untersagt

Die Krise in den deutsch-türkischen Beziehungen verschärft sich damit weiter. Die Türkei hatte zuvor mehreren Bundestagsabgeordneten einen Besuch bei den deutschen Soldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik untersagt.

Der Besuch der Obleute des Verteidigungsausschusses war für Dienstag geplant und bereits vor Wochen angekündigt worden. Die türkische Seite hatte sich lange Zeit gar nicht gerührt. Am Wochenende habe das Außenministerium in Ankara dem deutschen Türkei-Botschafter Martin Erdmann mitgeteilt, dass der Besuch angesichts der gegenwärtigen Lage der deutsch-türkischen Beziehungen nicht möglich sei.

Hintergrund der Entscheidung ist offenbar, dass Deutschland zuletzt mehreren Offizieren der türkischen Armee Asyl gewährte. Die Offiziere fürchten in ihrer Heimat eine politische Verfolgung nach dem gescheiterten Militärputsch gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Nicht das erste Verbot

Die Bundeswehr beteiligt sich von Incirlik aus mit "Tornado"-Aufklärungsjets und einem Tankflugzeug an den Luftangriffen gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien und im Irak. Auf der Luftwaffenbasis sind etwa 260 deutsche Soldaten stationiert.

Bereits im vergangenen Jahr hatte die Türkei Bundestagsabgeordneten über Monate hinweg den Besuch bei den deutschen Soldaten in Incirlik verweigert. Im Oktober durften sie dann doch noch einreisen. Grund für die Verstimmung war damals, dass der Bundestag in einer Entschließung die im Osmanischen Reich an den Armeniern begangenen Verbrechen als Völkermord anerkannt hatte.

Abzug nach Jordanien?

Später führte der Wahlkampf vor dem Referendum zur türkischen Verfassungsreform zu neuen Spannungen im deutsch-türkischen Verhältnis, die sich nun weiter verschärfen dürften.

Das Verteidigungsministerium hat bereits Alternativ-Standorte in Jordanien, Kuwait und auf Zypern geprüft. Die Entscheidung soll nach Angaben aus dem Ausschuss in den nächsten Wochen fallen. Jordanien wird als Standort favorisiert.

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