Aufforderung zum Rückzug ignoriert Türkei beschießt Kurden in Nordsyrien
Die türkische Armee hat am Donnerstagabend kurdische Stellungen in Nordsyrien mit Artilleriegranaten beschossen. Die Kurden hatten zuvor offenbar Aufforderungen zum Rückzug ignoriert.
Unter Berufung auf Geheimdienstinformationen meldete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu, die Kurdenmiliz YPG habe sich nicht wie angenommen auf das Ostufer des Euphrats zurückgezogen, sondern versucht, Geländegewinne zu erzielen. Daraufhin eröffneten die türkischen Streitkräfte das Feuer.
Die Türkei hatte erklärt, sie werde ihren Militäreinsatz in Nordsyrien solange fortsetzen, bis die Kurden auf die andere Flussseite zurückgedrängt seien. Ankara will verhindern, dass die Kurden in Syrien ihr Herrschaftsgebiet weiter vergrößern und dort noch mehr Autonomie bekommen.
Einheiten wegen IS zurückgeblieben?
Anadolu hatte zuvor berichtet, US-Außenminister John Kerry habe seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu in einem Telefongespräch versichert, die Verlegung der kurdischen Verbände sei im Gange.
Die Darstellung des Sprechers der US-geführten internationalen Koalition, John L. Dorrian, klingt etwas anders als die der Türkei: Er erklärte, der Großteil der Demokratischen Kräfte Syriens habe sich östlich des Euphrats zurückgezogen. Einige Einheiten seien jedoch zurückgeblieben, um zusammen mit Anwohnern Sprengfallen zu beseitigen und sicherzustellen, dass es keine IS-Schläferzellen gebe. Bei den Demokratischen Kräften Syriens handelt es sich um ein Bündnis, das von der YPG dominiert wird.
Wichtigster Partner der Anti-IS-Koalition
Auch die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, Teile dieser Koalition hätten sich östlich des Flusses zurückgezogen. Die YPG selbst teilte mit, ihre Kräfte hätten die von ihr eingenommene Stadt Manbidsch westlich des Euphrats schon Mitte August an den lokalen Militärrat übergeben.
Die YPG ist in Syrien im Kampf gegen den IS der wichtigste Partner der internationalen Koalition. Die Kurden haben von den Extremisten im Norden Syriens mit Luftunterstützung der Koalition große Gebiete erobert und dort eine Selbstverwaltung ausgerufen. Zudem kontrollieren die Kurden den größten Teil der Grenze zur Türkei.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und ranghohe Regierungsmitglieder hatten deutlich gemacht, dass an der syrischen Grenze nicht nur der IS aus der Stadt vertrieben werden, sondern auch die Entstehung eines syrischen Kurdengebietes verhindert werden soll.