Im Bürgerkrieg gefangen Die Flucht aus Syrien ist weitgehend versperrt
Wer bislang noch nicht vor dem Bürgerkrieg aus Syrien geflohen ist, hat kaum noch eine Chance dazu. Denn fast alle Grenzen zu den Nachbarn sind inzwischen dicht.
21 Millionen Einwohner hat das Land, davon sind seit Beginn des Bürgerkriegs 2011 rund 4,6 Millionen Menschen geflohen - die meisten in angrenzende Länder. Nur ein Bruchteil davon ist nach Europa gekommen. 2015 haben 160.000 Syrer in Deutschland einen Asylantrag gestellt.
Über die Situation der Daheim-Gebliebenen hat das Analyse-Institut, eine Non-Profit-Organisation mit Sitz in der Schweiz, einen Überblick erstellt:
Türkei: Anfangs pflegte Erdogan eine Politik der offenen Tür und nahm Millionen Syrer auf. Doch seit Anfang des Jahres verlangt Ankara Einreisevisa, die nicht einfach zu erhalten sind. Zehntausende Syrer strandeten daher auf der Flucht vor den Kämpfen um Aleppo vor der türkischen Südgrenze. Durchgelassen wurden vor allem Turkmenen.
Libanon: Zwischen dem kleinen Mittelmeerstaat, etwa so groß wie Hessen, und Syrien gibt es viele kulturelle und verwandtschaftliche Beziehungen. Entsprechend leicht konnten viele Syrer zu Kriegsbeginn in das Nachbarland kommen, um dort zu bleiben oder weiterzuziehen.
Doch aus Furcht vor einem Überschwappen des Syrienkrieges kontrolliert das multikonfessionelle Land seit Januar 2015 den Zuzug. Seitdem müssen Syrer ein Visum beantragen oder einen libanesischen Bürgen vorweisen. Wer bleiben will, braucht eine Arbeitserlaubnis und muss 200 US-Dollar zahlen.
Jordanien: Das Königreich hat bereits im September 2014 seine Grenze zu Syrien weitgehend geschlossen. Jetzt sollen Zehntausende Syrer vor den wenigen Grenzübergängen bei Hadalat und Rukban warten. Flüchtlinge werden nur in kleinen Tageskontingenten ins Land gelassen.
Israel: Aus Furcht vor Terroranschlägen hält Israel seine Grenze zu Syrien hermetisch dicht - das hat sich seit Beginn des Bürgerkriegs nicht geändert. Das Grenzgebiet der Golanhöhen wird zudem von UN-Truppen überwacht.
Irak: Da, wo der Islamische Staat sein sogenanntes Kalifat errichtet hat, existiert die Grenze zwischen Syrien und dem Irak faktisch zwar nicht mehr - doch die islamistische Terrormiliz versperrt das Gebiet für Flüchtlinge, die zumeist entweder vor Assad oder vor dem IS fliehen. Im kurdischen Norden flohen einst Kurden und Jesiden vor dem IS ins Nachbarland. Heute ist auch diese Grenze für Asylsuchende geschlossen.
Andere Länder sind nur auf dem See- oder Luftweg zu erreichen. Doch die westlichen Staaten haben ihre Botschaften und Konsulate in Syrien geschlossen. Selbst arabische Staaten lassen nicht einfach jeden Syrer rein. So fordert Ägypten bereits seit Juli 2013 Visa für Flugpassagiere aus Syrien.
Illegal auf einem Flughafen an Bord eines Fliegers und in einem Hafen an Bord eines Schiffes zu kommen, gelingt vielleicht einzelnen Menschen. Flucht in großer Zahl ist so nicht möglich.
Zoff um Wahl entbrannt
Um so wichtiger wird die Perspektive auf Frieden für die im eigenen Land eingeschlossenen Syrer. Einige Hoffnung ruht dabei auf den für Montag anberaumten Syrien-Gesprächen in Genf mit Vertretern von Regierung und Opposition, wie US-Außenminister John Kerry trotz brüchiger Waffenruhe bestätigte. Die USA und Russland werden dabei mit am Tisch sitzen.
Wichtiger Teil einer friedlichen Lösung dürfte eine demokratische Wahl sein, die von unabhängiger Seite kontrolliert wird. Doch genau darüber gibt es schon wieder Streit. Das Regime in Damaskus hat dem Vorschlag des UN-Sondergesandten Staffan de Mistura eine Absage erteilt, der eine Wahl unter UN-Aufsicht in den kommenden anderthalb Jahren plant.