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US-Studie: Mehrheit der Deutschen würde Nato-Partner nicht verteidigen


Laut einer US-Studie
Mehrheit der Deutschen würde Nato-Partner nicht verteidigen

spiegel-online, Sebastian Fischer

Aktualisiert am 10.06.2015Lesedauer: 3 Min.
Deutsche ISAF-Soldaten sind aus Afghanistan zurückgekehrt. Eine Studie hat ergeben, dass die Mehrheit der Deutschen sich von der Nato distanziert.Vergrößern des Bildes
Deutsche ISAF-Soldaten sind aus Afghanistan zurückgekehrt. Eine Studie hat ergeben, dass die Mehrheit der Deutschen sich von der Nato distanziert. (Quelle: dpa-bilder)

Der anhaltende Konflikt zwischen Russland und dem Westen hat Folgen in allen beteiligten Staaten. Während die Bevölkerungen der Nato-Staaten mehrheitlich den russischen Präsidenten Wladimir Putin für die Krise in der Ukraine verantwortlich machen, wachsen seine Zustimmungsraten in Russland - auch die Ablehnung von EU und Nato nimmt unter Russen zu.

Dies sind Ergebnisse einer vom amerikanischen Pew-Research-Center vorgelegten Studie (die Studie im Original finden Sie hier). In Russland, der Ukraine und acht Nato-Staaten (USA, Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Polen, Spanien, Großbritannien) wurden repräsentative Umfragen durchgeführt.

Betrachtet man die Entfremdung zwischen Ost und West näher, ist insbesondere das Meinungsklima in einem Land auffällig: Deutschland. In keinem anderen Nato-Staat ist die Skepsis gegenüber dem eigenen Verteidigungsbündnis so groß und die Zurückhaltung gegenüber den Vorgängen in der Ukraine so ausgeprägt.

58 Prozent der befragten Deutschen sagen, dass Deutschland im Falle eines "ernsthaften militärischen Konflikts" zwischen Russland und einem benachbarten Nato-Land dem Verbündeten nicht militärisch zur Hilfe kommen sollte. Das ist der Spitzenwert vor Frankreich (53) und Italien (51); der Nato-Durchschnitt liegt bei 42 Prozent. Nur 38 Prozent der Deutschen würden dem Partner helfen - also Artikel 5 des Nato-Vertrags achten: Ein Angriff auf einen ist ein Angriff auf alle.

Gleichzeitig gehen 68 Prozent der Deutschen davon aus, dass die USA in einem solchen Fall militärisch eingreifen würden, um den Nato-Partner zu beschützen.

Kein positives Bild von Nato

Immer weniger Deutsche äußern Zustimmung zur Nato: Gaben im Jahr 2009 noch 73 Prozent der Befragten an, sie hätten ein positives Bild von dem Verteidigungsbündnis, so sind es 2015 nur noch 55 Prozent. In keinem anderen Nato-Land ist der Vertrauensverlust so gravierend.

Während ausnahmslos alle Nato-Staaten erstens Russland und zweitens den prorussischen Separatisten die Schuld an der Gewalt im Osten der Ukraine geben, sind die Werte in Deutschland etwas niedriger als anderswo: 29 Prozent sagen, Russland trage die Schuld; 25 Prozent meinen, die Separatisten seien verantwortlich; zwölf Prozent weisen dem Westen die Schuld zu.

Eine große Mehrheit der Deutschen (71 Prozent) unterstützt die Wirtschaftshilfen für die Ukraine und liegt damit auf Linie mit anderen Nato-Staaten. Allerdings wünschen nur 19 Prozent der befragten Deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine, ähnlich niedrig ist dieser Wert in Spanien und Italien; in Polen dagegen sprechen sich 50 Prozent der Befragten für Waffenlieferungen aus.

Keine Zustimmung für Ukraine in EU

Stärker als alle anderen Befragten sprechen sich die Deutschen gegen eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine aus: 57 Prozent lehnen das ab. Ebenso führend sind die Deutschen in der Ablehnung einer EU-Mitgliedschaft für die Ukraine: 54 Prozent sagen Nein.

Bei den deutschen Zahlen fällt der starke Ost-West-Unterschied auf. Würden nur die Westdeutschen befragt, wäre die Abweichung vom Nato-Durchschnitt weit geringer. So haben etwa 19 Prozent im Westen, aber 40 Prozent im Osten eine positive Meinung zu Putin.

Unter den Westdeutschen wünschen sich 26 Prozent ein Zurückfahren der Sanktionen gegen Russland; bei den Ostdeutschen sind es schon 42 Prozent. Und während 40 Prozent der befragten Westdeutschen bereit wären, einem anderen Nato-Staat militärisch gegen Russland zur Hilfe zu kommen, liegt der Anteil im Osten Deutschlands nur bei 28 Prozent.

Befragte bevorzugen Verhandlungen

Die von den Pew-Forschern in der Ukraine (mit Ausnahme der Krim, Luhansk und Donezk) erhobenen Daten zeigen eine Bevölkerung, die weniger auf militärische Konfrontation setzt als auf eine Verhandlungslösung mit Putin und den Separatisten hofft:

47 Prozent der befragten Ukrainer sprechen sich für Verhandlungen aus; 23 Prozent dagegen wollen den Konflikt mit Waffengewalt beenden. 67 Prozent der Ukrainer wünschen sich eine EU-Mitgliedschaft für ihr Land; 53 Prozent setzen auf einen Beitritt zur Nato.

Ukraine-Konflikt schwächt Wirtschaft und stärkt Putin

In Russland hat der Ukraine-Konflikt trotz wirtschaftlicher Schwächung des Landes der Studie zufolge zu einer Stärkung Putins und wachsendem Nationalismus geführt:

63 Prozent der befragten Russen haben ein sehr positives Bild von ihrem Land - das ist ein Zuwachs von 34 Prozentpunkten im Vergleich zu 2013. 61 Prozent meinen, dass manche Teile anderer Länder eigentlich zu Russland gehören.

Russen stehen hinter Putin

88 Prozent der Russen haben Vertrauen zu Putin, in internationalen Angelegenheiten das Richtige zu tun. Das ist für ihn der höchste jemals von Pew gemessene Wert (seit 2003).

Die USA sehen 81 Prozent der Russen negativ, es folgen die Nato (80), die EU (60) und Deutschland (56). Nur 28 Prozent der befragten Russen vertrauen der deutschen Kanzlerin Angela Merkel auf der Weltbühne; US-Präsident Barack Obama kommt nur noch auf elf Prozent.

Befragt wurden insgesamt 11.116 Erwachsene in zehn Nationen zwischen dem 6. April und 15. Mai.

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