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Barack Obama zu Syrien-Einsatz: "Wir haben noch keine Strategie"


"Wir haben noch keine Strategie"
Präsident Obama wirkt angesichts der Gewalteskalation in Syrien planlos

Von dpa
Aktualisiert am 29.08.2014Lesedauer: 3 Min.
Ungewohnter Look und noch ungewohntere Aussagen: Präsident Obama wirkte erstaunlich zurückhaltend.Vergrößern des Bildes
Ungewohnter Look und noch ungewohntere Aussagen: Präsident Obama wirkte erstaunlich zurückhaltend. (Quelle: ap-bilder)

"Wir haben noch keine Strategie" - das sagt der Oberbefehlshaber der stärksten Streitmacht der Welt über seinen Kampf gegen die IS-Terrormiliz in Syrien. Und auch auf die Ukraine-Krise und die Frage nach einer angemessenen Strategie gegenüber Russland hat Barack Obama keine Antwort parat. Kommt der einst als Hoffnungsträger stilisierte US-Präsident im Geflecht der internationalen Krisen ins Straucheln? Seine Kritiker werfen ihm falsche Zurückhaltung und "Torheit" vor.

Im sommerlich-beigen Anzug mit der schräg gestreiften hellgrauen Krawatte sah Barack Obama nicht wie jemand aus, der etwas Ernstes zu verkünden hat. Zu fröhlich war das Outfit, um Luftangriffe gegen die Terrormiliz IS in Syrien bekanntzugeben. Zu wenig staatstragend, um Antworten auf die Frage nach dem Umgang mit Russland im Lichte der Geschehnisse in der Ukraine zu geben.

Doch wenn schon seine Kleiderwahl den US-Präsidenten ungewöhnlich harmlos wirken ließ, dann musste man erst einmal seine Worte hören. So zurückhaltend, so vorsichtig hat man Obama lange nicht mehr erlebt.

Seit Tagen diskutieren Fachleute in der amerikanischen Hauptstadt, ob der Oberbefehlshaber seine Streitkräfte künftig auch in Syrien Luftangriffe gegen die Terroristen fliegen lässt. Es sei nur noch eine Frage weniger Tage, bis er den Befehl gebe, lautete bislang die gängige Meinung.

Doch Obama gab keine Hinweise diesbezüglich. Er sprach lieber davon, für den Kampf gegen IS weitere Partner in der Region zu finden und an einer umfassenden Lösung zu arbeiten. Er habe zwar auch das Pentagon um militärische Optionen gebeten. Doch er wolle erst noch den Kongress einschalten. Und dann sagte Obama schließlich jenen Satz, der viele völlig verblüffte: "Wir haben noch keine Strategie."

Größte Bedrohung seit dem 11. September - und ein Versprecher?

Keine Strategie? Gegen eine brutale Terrortruppe, die Verteidigungsminister Chuck Hagel jüngst als größte Bedrohung für die USA seit den Anschlägen vom 11. September 2001 bezeichnete? Und gegen die seit drei Wochen mehr als 100 Luftangriffe im Irak geflogen wurden. Falls das ein Versprecher war, dann vermutlich einer der schlimmsten in seinen fünfeinhalb Jahren als Präsident. Obamas Sprecher Josh Earnest eilte schnell vor die TV-Kameras, um den Schaden einzudämmen. Sein Chef habe speziell die Militärstrategie für Syrien gemeint, sagte er.

Doch auch bei den neuen Entwicklungen in der Ukraine zeigte Obama einen auffälligen Hang zur Gemütsruhe. Dass Russland aus Nato-Sicht mehr als 1000 eigene Soldaten mit schweren Waffen in die umkämpfte Ost-Ukraine geschickt haben soll, nannte er "ein bisschen offenkundiger" als das, was Moskau bislang gemacht habe. Aber darin sah er "nicht wirklich eine Verschiebung der Lage". Das Wort Invasion vermied Obama ganz - und betonte stattdessen, was Kremlchef Wladimir Putin wohl besonders gern hört: "Wir ergreifen keine Militärmaßnahmen, um das ukrainische Problem zu lösen."

"Die Maske kommt runter"

Der Kontrast zu den Vorwürfen von seiner Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power, hätte kaum größer sein können. Die Amerikanerin bezichtigte Moskau zuvor der Lüge. "Die Maske kommt runter", erklärte Power in einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats. Was Russland in der Ukraine mache, sei "eine Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit von uns allen". Mehr als neue Sanktionen - oder "weitere Kosten und Konsequenzen", wie Obama das ausdrückt - muss Putin aber von US-Seite wohl dafür nicht fürchten.

Kritiker wie der republikanische US-Senator John McCain, gegen den Obama 2008 das Rennen um das höchste Amt im Weißen Haus gewonnen hatte, verstehen Obamas Zurückhaltung nicht. "Russlands anhaltende Aggressionen in der Ukraine können nur so genannt werden: eine grenzüberschreitende Militärinvasion", sagte McCain.

"Zu glauben, dass die Antwort jetzt ist, mehr vom Gleichen zu machen, oder sogar weniger, ist eine Torheit", meinte McCain mit Blick auf weitere begrenzte Strafmaßnahmen. Er fordert, sofort Geheimdienstinformationen und Verteidigungswaffen an die Ukraine zu geben. Und Sanktionen sollten ganze Sektoren treffen, wie das Energie- oder Finanzwesen.

Ob der Auftritt des Präsidenten im Sommeranzug wegweisend war oder nur ein Ausrutscher, wird sich in den kommenden Tagen zeigen. Denn die Probleme mit der IS-Terrormiliz und in der Ukraine bleiben bestehen. Obama kündigte weitere Sitzungen mit seinem Nationalen Sicherheitsrat an. In der kommenden Woche ist er dann auf Staatsbesuch in Estland und trifft seine Verbündeten beim Nato-Gipfel in Wales.

Vielleicht hat Obama bis dahin ja auch eine Strategie.

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