Bürgerkriegs-Szenen in Bangkok Demonstranten berennen den Regierungssitz
Unter dem Ansturm tausender Demonstranten versinkt das Regierungsviertel der thailändischen Hauptstadt Bangkok immer weiter im Chaos. Inmitten dichter Tränengasschwaden versuchen Regierungsgegner, Betonbarrieren und Stacheldraht zu überwinden, mit denen die Sicherheitskräfte wichtige staatliche Einrichtungen verbarrikadiert haben.
Die Straßen rund um den Regierungssitz sehen aus wie im Bürgerkrieg. Zuvor musste Regierungschefin Yingluck Shinawatra an einen unbekannten Ort fliehen. Im Fernsehen signalisierte sie Gesprächsbereitschaft: Es müsse jeder Weg für einen Dialog genutzt werden, sagte die Regierungschefin.
Mob kapert Einsatzwagen
Die Polizei setzt Wasserwerfer ein, die Demonstranten feuern Wurfgeschosse über die Barrieren. An einer Stelle kaperten die Regierungsgegner einen großen Einsatzwagen der Polizei, wie im Fernsehen zu sehen war. Überall gehen Demonstranten mit Würgereiz und brennenden Augen zu Boden. Sie versuchen, die Chemikalien mit Wasser abzuwaschen. Sanitäter der Armee sind mit Bahren unterwegs, um Verletzte zu bergen. Die Polizisten sind nur noch mit Gasmasken im Einsatz.
Außenminister Surapong Tovichakchaikul rief die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes auf, Aufforderungen zu Streiks zu ignorieren. "Die Proteste beschädigen unser Image im Ausland und schaden unserer Wirtschaft", sagte er in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache.
Demonstranten verlangen neue Verfassung
Mehrere Universitäten und mehr als 30 Schulen bleiben aus Sicherheitsgründen geschlossen. In der Hotel- und Geschäftsgegend ist die Lage aber weiter ruhig. Die Demonstranten sind vor allem im Regierungsviertel im Westen der Stadt, rund zwei Kilometer nördlich des Königspalastes - der touristischen Hauptattraktion in Bangkok.
Nach einer Woche friedlicher Proteste war die Situation nach Zusammenstößen zwischen rivalisierenden Demonstranten am Wochenende eskaliert. Nach unterschiedlichen Angaben kamen drei oder vier Menschen ums Leben. Erstmals verteidigten die Sicherheitskräfte am Sonntag aktiv Staatseinrichtungen. Die Demonstranten wollen die Regierung stürzen. Sie werfen ihr Verschwendung von Steuergeld und Politik zur Förderung persönlicher Interessen vor.
Der Anführer der Demonstranten blieb am Sonntagabend nach einem Treffen mit Yingluck Shinawatra kompromisslos. Er verlangt nicht nur den Sturz der Regierung, sondern die Einrichtung eines bislang obskuren Volkskomitees, das vor Neuwahlen eine neue Verfassung ausarbeiten soll.