Terroristen-Jagd in Gaza Gegen diese Bombe hilft auch kein unterirdischer Tunnel
Der Boden unter dem Gazastreifen ist durchzogen von einem komplexen Tunnelsystem. Sicher fühlen sollten sich die Hamas-Terroristen dort aber nicht.
Die Terroristen der Hamas haben sich tief eingegraben in den Untergrund von Gaza. Seit den 1990er-Jahren haben die Palästinenser dort ein weit verzweigtes und Hunderte Kilometer langes System aus unterirdischen Tunneln angelegt. Das ganze Ausmaß der Anlagen kennt wohl niemand so genau. Die Röhren dienen der Hamas zum Schmuggel von Waffen in den Gazastreifen, gleichzeitig auch als Kommandozentrum und Ausgangspunkt für Überraschungsangriffe. Machtlos gegen das Tunnelsystem ist Israels Armee aber nicht.
Um ihre Gegner auch tief unter der Erde zu treffen, hat Israel bei Luftangriffen in der Vergangenheit sogenannte Bunkerbrecher eingesetzt. Diese Art Bomben sind dafür gemacht, viele Meter weit in den Boden einzudringen und erst in der Tiefe zu detonieren. So lassen sich auch stark befestigte Bunker und andere unterirdische Strukturen zerstören. Bei den Bunkerbrechern in Israels Arsenal handelt sich um eine Bombe vom Typ GBU-28. "Das sind ziemlich mächtige, aber auch furchteinflößende Waffen", sagte der israelische Militärexperte Yossi Mekelberg dem Sender Al-Jazeera.
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GBU-28 wurde im Eilverfahren entwickelt
Ihre Durchschlagskraft bezieht die Bombe aus ihrem massiven Gewicht von fast 2,3 Tonnen. Aus großer Höhe abgeworfen kann eine GBU-28 bis zu 30 Meter tief ins Erdreich eindringen oder bis zu sechs Meter dicken Stahlbeton durchschlagen. Mit einem Laserstrahl leitet der Kampfpilot die GBU-28 aus bis zu neun Kilometer Entfernung ins Ziel. Eine verstärkte "Nase" verhindert, dass die Bombe beim Aufprall zerstört wird. Der fast 550 Kilogramm schwere Sprengkopf der Bombe explodiert erst in einer programmierten Tiefe – der deutsch-schwedische Marschflugkörper Taurus funktioniert ähnlich. Die Druckwelle der Explosion kann in unterirdischen Gängen verheerende Schäden anrichten.
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Entwickelt wurde die Bombe im Eilverfahren während des Zweiten Golfkriegs 1991, damit die US-Armee auch besonders tief liegende Bunkeranlagen des irakischen Diktators Saddam Hussein zerstören konnte. Der hatte im August 1990 das Nachbarland Kuwait überfallen. Der erste ausländische Käufer des Bunkerbrechers war Israel, das 2005 die ersten 100 Stück in den USA bestellte.
Mit dem Kauf der GBU-28 reagierte Israel auf die wachsende Bedrohung durch die Hamas im Gazastreifen und der Hisbollah-Miliz im Libanon. Auch diese Terrorgruppe unterhält ein Tunnelsystem im Grenzgebiet zu Israel. 2006 entführte die Hisbollah zwei israelische Soldaten bei einem Überraschungsangriff aus einem Tunnel heraus und provozierte damit einen israelischen Militäreinsatz im Libanon. Die beiden Soldaten überlebten die Geiselnahme nicht.
"Die Hamas kennt die Tunnel am besten"
Gegen Ziele im Gazastreifen hat Israel die GBU-28 zuletzt bei Luftangriffen im Juli 2022 eingesetzt. Dabei zerstörte die Armee nach eigenen Angaben eine unterirdische Produktionsstätte für Raketen und 16 Tonnen Sprengstoff. Damals sprach die Armee von einem bedeutenden Schlag gegen das Raketenprogramm der Hamas. Angesichts Tausender Geschosse, die seit dem Wochenende von Gaza auf Israel abgefeuert wurden, lässt sich der Erfolg der Aktion allerdings bezweifeln.
Nach Einschätzung von Militärexperte Mekelberg kann die GBU-28 helfen, das Leben israelischer Soldaten bei einer möglichen Bodenoffensive zu schützen. Beim Gaza-Krieg 2014 seien mehrere Soldaten in Tunneln der Hamas eingeschlossen und getötet worden, als sie Terroristen in die Anlagen gefolgt seien. "Die Hamas kennt die Tunnel am besten und wird sich dort immer leichter zurechtfinden als die israelische Armee", sagte Mekelberg Al Jazeera. Mit der GBU-28 ließen sich die Tunnel dagegen aus sicherer Entfernung zerstören, ohne eigene Soldaten in Gefahr zu bringen.
Seit Ende 2021 bemüht sich Israel bei der US-Regierung um die Lieferung des Nachfolgemodells der GBU-28, der GBU-72. Über die Eigenschaft der GBU-72 ist bislang nicht viel bekannt, die Waffe befindet sich noch in der Testphase. Nach Angaben des Entwicklungsleiters James Culliton soll das neue Model aber "erheblich mehr Schaden" anrichten können. Völkerrechtlich ist der Einsatz von bunkerbrechenden Bomben an Bedingungen geknüpft. Die Genfer Konvention erlaubt ihren Einsatz nur zur Selbstverteidigung "unter extremen Bedingungen". In dicht besiedelten Gebieten ist der Einsatz demnach untersagt.
- aljazeera.com: "Israel doesn’t care about collateral damage": Bunker busters used in Gaza (englisch)
- science.howstuffworks.com: How Bunker Busters Work (englisch)
- timesofisrael: Gaza airstrike significantly sets back Hamas rocket production, says IDF (englisch)
- breakingdefense.com: Israel To Request America’s New GBU-72 Bunker Buster Bomb (englisch)
- flightglobal.com: USAF F-15E successfully drops new 5,000lb bunker buster (englisch)