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China: Miliz? Was Pekings "Blaue Männchen" auf dem Meer treiben


Mutmaßliche verdeckte Miliz
Angriff der "blauen Männchen"

Von t-online
13.08.2023Lesedauer: 3 Min.
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Vorfall im Südchinesischen Meer: Ein Schiff der Küstenwache hatte ein philippinisches Schiff mit Wasser beschossen. (Quelle: Reuters)

China versucht, seinen Einfluss auszudehnen. Das spürt nicht nur Taiwan. Jetzt offenbart ein Bericht, dass möglicherweise eine verdeckte Miliz im Südchinesischen Meer unterwegs ist.

Der Vorfall schlug buchstäblich hohe Wellen: Am vergangenen Wochenende wurden Videos von einem Zwischenfall mit der chinesischen Küstenwache veröffentlicht. Dabei ist zu sehen, wie chinesische Schiffe ein philippinisches Boot mit Wasserkanonen attackieren.

Der Vorfall ereignete sich demnach am Samstag in der vergangenen Woche nahe einem unter Wasser gelegenen Riff, das etwa 200 Kilometer von der philippinischen Provinz Palawan entfernt ist. Ein kleines Kontingent philippinischer Truppen ist dort seit 1999 auf einem alten philippinischen Kriegsschiff stationiert, das nicht mehr funktionsfähig ist und den Anspruch des Landes auf dieses Gebiet markiert.

Die angegriffenen Schiffe hätten Lebensmittel, Wasser und Hilfsgüter für philippinische Soldaten gebracht, die dort stationiert seien, hieß es von der philippinischen Küstenwache. Als Reaktion hatte die Regierung in Manila den chinesischen Botschafter einbestellt.

Chinas "blaue Männchen"

Laut einem Bericht des US-Nachrichtensenders CNN könnte der Vorfall allerdings noch weitere Kreise ziehen: Denn Videoaufnahmen der philippinischen Küstenwache sollen zeigen, dass im Verbund mit der chinesischen Küstenwache noch mindestens zwei weitere Boote mit blauem Rumpf agierten, die eher nach Fischerbooten aussahen.

Experten sprechen laut dem Bericht schon von Pekings "kleinen blauen Männchen" – wohl eine Analogie auf die "grünen Männchen", die aus dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine weltbekannt wurden: 2014 hatten russische Spezialkräfte die ukrainische Halbinsel Krim annektiert. Die eingesetzten Soldaten agierten dabei in grünen Kampfuniformen, allerdings ohne Abzeichen, die sie als russische Truppen identifizierten. Was haben also die "blauen Männchen" Chinas vor?

Befehle von der Küstenwache

Laut CNN würden westliche Militärexperten genauso wie die philippinische und US-Regierung davon ausgehen, dass China eine verdeckte Miliz aufgebaut hat, um seinen Einfluss im Südchinesischen Meer und darüber hinaus auszudehnen. Angeblich soll die Miliz Hunderte Schiffe umfassen.

"In diesem speziellen Fall können wir tatsächlich davon ausgehen, dass dieses chinesische Fischereifahrzeug nicht nur ein Fischereifahrzeug ist, sondern eine chinesische Seemiliz, die Befehle von der chinesischen Küstenwache erhält, um ihre Operationen zu unterstützen und unsere Versorgung zu blockieren", sagte der Sprecher der philippinischen Küstenwache, Jay Tarriela, bei einem Briefing vorige Woche.

China reklamiert praktisch das gesamte Südchinesische Meer für sich. Dort beanspruchen auch die Philippinen, Vietnam, Malaysia, Taiwan und Brunei Gebiete. Die USA und Chinas Nachbarn werfen Peking eine zunehmende Militarisierung der Region vor. Der Internationale Schiedsgerichtshof in Den Haag wies Chinas Gebietsansprüche 2016 zurück. Peking ignoriert das Urteil.

Konflikt mit USA wird verhindert

Aus chinesischer Sicht erscheint daher der Aufbau einer solchen Miliz sinnvoll: Die Schiffe können den Einfluss Pekings in der Region vergrößern, während die Regierung offiziell jegliche Beteiligung abstreiten kann. Es ermöglicht China quasi-militärische Einsätze, ohne anderen Ländern einen möglichen Kriegsgrund zu liefern.

Im konkreten Fall mit den Philippinen wäre eine offizielle chinesischen Intervention auch deshalb heikel, weil das Land ein Militärabkommen mit den USA abgeschlossen hat. Durch das Abkommen, das 2014 geschlossen wurde, haben US-Streitkräfte freien Zugang zu fünf philippinischen Militärbasen. Erst im Februar wurde das Abkommen auf vier weitere Stützpunkte ausgeweitet.

Offizielle Blockade als Kriegshandlung

Ray Powell, Direktor von SeaLight am Gordian Knot Center for National Security Innovation an der Stanford University, sagte CNN, eine offizielle Blockade der chinesischen Marine könnte als Kriegshandlung gewertet werden. Daher sei es aus chinesischer Sicht sinnvoller, in einem Graubereich mit der Miliz zu agieren. Eine Konsequenz könnte in Zukunft sein, dass die US-Marine in der Region philippinische Schiffe eskortieren müsste. Allerdings haben weder China noch die USA Interesse, die Spannungen zwischen beiden Ländern weiter zu erhöhen.

Dass die "blauen Männchen" allerdings einen direkten Draht zum chinesischen Militär besitzen, ist naheliegend: Die Küstenwache des Landes wurde 2021 in die Strukturen der chinesischen Streitkräfte integriert. "Es ist unmöglich, dass sie eine solche Operation durchführen können, ohne dass sie im Voraus geplant wurde und ohne dass es eine Echtzeit-Kommunikation zwischen den beiden gibt", sagte Lyle Morris, Senior Fellow am Asia Society Policy Institute's Center for China Analysis und ehemaliger US-Verteidigungsbeamter.

Die chinesische Regierung erkennt dagegen die Existenz der Miliz nicht an und bezeichnete sie auf Nachfragen als "sogenannte Seemiliz". Nachfragen von CNN ließen die chinesischen Behörden unbeantwortet.

Verwendete Quellen
  • cnn.com: "‘Little blue men’: Is a militia Beijing says doesn’t exist causing trouble in the South China Sea?" (englisch)
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
  • tagesschau.de: "Neue US-Stützpunkte auf den Philippinen"
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