"Was verlangt das Volk?" Erdogan will über Todesstrafe abstimmen lassen
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat erstmals erklärt, möglicherweise einen Volksentscheid über die Einführung der Todesstrafe abhalten zu lassen. "Was verlangt das Volk?", fragte Erdogan die Menge während einer Veranstaltung in der westtürkischen Stadt Manisa. "Wenn das Volk sagt 'Todesstrafe', dann ist die Debatte abgeschlossen."
Die Türkei hatte im Zuge ihres Bestrebens, Mitglied der Europäischen Union zu werden, im Jahr 2004 die Todesstrafe abgeschafft. Die Wiedereinführung der Todesstrafe würde das Ende der Beitrittsverhandlungen bedeuten.
Der Europarat erklärte in einer ersten Reaktion auf Erdogans Äußerungen: "Wir haben immer wieder gesagt, dass die Todesstrafe unvereinbar ist mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und dass Hinrichtungen in Mitgliedsstaaten zum Ausschluss aus dem Europarat führen."
Nur ein wahltaktisches Manöver?
Erdogan hatte nach dem gescheiterten Putschversuch vom vergangenen Juli mehrfach erklärt, dass er ein Gesetz zur Wiedereinführung der Todesstrafe unterzeichnen werde, falls das Parlament es beschließe. Beobachter fragen sich allerdings, ob die jetzige Äußerung über eine Volksabstimmung ein Manöver im Zusammenhang mit dem Plebiszit über die Einführung eines Präsidialsystems im April ist. Dieses würde Erdogan noch mehr Macht geben.
In Manisa warb Erdogan dafür, am 16. April mit Ja zu stimmen. Jüngsten Umfragen zufolge wollen allerdings mehr Menschen ein Nein-Votum abgeben. Erdogan bemüht sich deshalb verstärkt um die Stimmen noch unentschiedener ultranationalistischer Wähler. Diese treten mehrheitlich für die Einführung der Todesstrafe ein.