"Russland kann es sich nicht leisten" Trump und Putin: keine echte Männerfreundschaft
Wohl noch nie haben sich Moskau und Washington derart viele Kusshändchen zugeworfen, wie es derzeit Putin und Trump tun. Bahnt sich da eine pikante Männerfreundschaft an? Gar eine russisch-amerikanische Annäherung? Völlig illusorisch, meint der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger.
Russische Hacker sollen den US-Wahlkampf pro Donald Trump beeinflusst haben, Wladimir Putin springt Trump in der Prostituierten-Affäre zur Seite und spart auch sonst nicht mit lobenden Worten über den designierten US-Präsidenten. Der revanchiert sich artig mit Respektsbekundungen, nennt Putin einen "smarten" Typen.
Gefühlt waren sich mächtige Männer der selbsternannten Weltmächte USA und Russland noch nie so grün, wie Trump und Putin. Doch der Schein trügt, meint zumindest Ischinger. Er hält eine Männerfreundschaft zwischen Putin und Trump für völlig illusorisch.
Putin brauche wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage im Land einen äußeren Feind, um sein Land hinter sich zu vereinen. "Putin kann es sich nicht leisten, eine wirkliche Männerfreundschaft mit Trump anzufangen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Stolz auf neue Stärke hält Russland zusammen
Im letzten Jahr schrieb etwa Sergej Medwedew, einer der führenden Politiker des liberalen Lagers in Russland: "Die hauptsächliche Exportware Russlands im 21. Jahrhundert ist nicht Öl oder Gas, sondern Angst.“ Will heißen: Der Stolz auf diese neue Stärke ist der Kleber, der Regierung und Bevölkerung in Russland zusammenhält. Bricht das Feindbild Westen weg, löst sich auch der Kleber.
Zudem sollte nicht unterschätzt werden: Die Skepsis gegenüber Russland ist groß bei den US-Republikanern, Trumps Partei. So bezeichnete etwa Präsidentschaftskandidat Mitt Romney Russland vor vier Jahren als größten geopolitischen Gegner der Vereinigten Staaten. Das ist auch heute noch die vorherrschende Meinung unter republikanischen Politikern.
Ischinger erkenne auch nicht, wie sich das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen - inklusive den USA - rasch verbessern könne. "Wir haben eine schwere Krise mit Russland. Die müssen sich warm anziehen, wenn sie nach München kommen", sagte Ischinger.
Die diesjährige Sicherheitskonferenz vom 17. bis 19. Februar wird nicht nur im Zeichen der weltweiten Krisenherde, sondern auch des Regierungswechsels in den USA stehen.
Erstes Beschnuppern in München
Da Donald Trump erst am 20. Januar in sein Amt als neuer US-Präsident eingeführt wird, ist derzeit noch unklar, wer die Vereinigten Staaten bei der Tagung Mitte Februar vertreten wird. "Vielleicht bietet München eine erste Gelegenheit, sich zu beschnuppern für Vertreter der russischen und der amerikanischen Administration", sagte Ischinger.
Die sicherheitspolitische Lage der Welt habe sich im Vergleich zu vergangenem Jahr noch wesentlich verschlimmert. "Was wir im Augenblick haben, ist ein Zustand maximaler und bisher nicht da gewesener Unvorhersehbarkeit." Die euro-atlantische Sicherheitsarchitektur sei in einer desaströsen Lage. "Keiner traut mehr dem anderen."
Auf der Münchner Sicherheitskonferenz könnten sich Gelegenheiten zur Aussprache zwischen Politikern ergeben, ohne dass irgendeine Seite ihr Gesicht verliert. "Nach München kommen sie alle zu gleichen Bedingungen."
Bevor Trump überhaupt ins Amt gekommen sei, sei weltweit eine erhebliche Verunsicherung eingetreten, sagte Ischinger. Man könne sich nur wünschen, dass Trump ab dem 20. Januar nicht mehr "einfach so drauflos twittert und dass er sich nicht benimmt wie der König irgendeines nebensächlichen Inselstaats, der halt irgendwas sagt, sondern dass er sich benimmt wie der Präsident des wichtigsten Lands der Welt, zumindest was die militärische Leistungskraft angeht."