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Krieg in Nahost | Kritik an Israels Evakuierung im Süden des Gazastreifens


Krieg in Nahost
Israels Offensive im Süden Gazas: Wohin sollen die Menschen fliehen?

Von dpa
Aktualisiert am 02.12.2023Lesedauer: 3 Min.
Nahostkonflikt - RafahVergrößern des Bildes
Flucht im Gazastreifen (Archivbild): Nach der Wiederaufnahme der israelischen Angriffe wissen Anwohner im Gazastreifen häufig nicht wohin. (Quelle: Ahmed Zakot/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa/dpa)

Israel setzt die Offensive im Süden des Gazastreifens fort. Die Armee ruft die Menschen zur Evakuierung auf. Hilfsorganisationen sind entsetzt.

Israels massive Bombardements im Süden des Gazastreifens, wo ein Großteil der palästinensischen Zivilbevölkerung auf engstem Raum Zuflucht sucht, hat unter Hilfsorganisationen für Entsetzen und Empörung gesorgt. "Hunderte und Hunderte von Explosionen. An einem Ort, der so dicht mit Zivilisten bevölkert ist, muss alles etwas treffen... jemanden", schrieb der Sprecher des UN-Kinderhilfswerks Unicef, James Elder am Samstag auf X (vormals Twitter). Hiba Tibi, Direktorin der Hilfsorganisation Care, sagte CNN zur Lage der Zivilisten: "Sie wissen nicht, wohin sie gehen sollen". Es gebe keine ausreichenden Orte, um die Menschen aufzunehmen.

Nach Angaben der von der islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde in Gaza stieg die Zahl der seit Kriegsbeginn durch Israels Bombardements getöteten Palästinenser auf inzwischen mehr als 15.000. Die Mehrheit der Opfer sind demnach Frauen, Kinder und Jugendliche. Die Angaben der Behörde können derzeit nicht unabhängig überprüft werden.

Kritik an Evakuierungsplänen des israelischen Militärs

Die israelische Armee begann am Samstag, eine neue Evakuierungskarte zu benutzen, die den Gazastreifen in Hunderte von kleinen Zonen unterteilt, um die palästinensische Zivilbevölkerung über aktive Kampfzonen zu informieren. Die Menschen aus mehreren Blöcken wurden zur Flucht in andere Bezirke im nördlichen Gazastreifen aufgerufen. Auch im Süden wurden die Palästinenser in mehreren Gebieten nahe der israelischen Grenze aufgefordert, Schutzräume in Rafah aufzusuchen.

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Die Karte mache es für die Menschen "sehr schwierig und beängstigend zu wissen, dass sie zum sechsten oder siebten Mal evakuiert werden müssen", beklagte Care-Direktorin Tibi am Samstag. Die auf der Karte ausgewiesenen sicheren Orte würden sich auf die von den Vereinten Nationen ausgewiesenen Zentren beziehen. Doch die seien bereits "extrem überfüllt". Die Menschen müssten draußen schlafen, so Tibi.

Eine Reporterin des arabischen Fernsehsenders Al-Jazeera berichtete aus dem Gazastreifen, Menschen hätten vielfach weder Strom noch Internet, um sich die israelische Karte anzusehen. Die Karte mache Menschen konfus, sie wüssten nicht, wie sie mit ihr umgehen sollten. Außerdem vertrauten Menschen den israelischen Streitkräften nicht. Sie hätten das Gefühl, dass kein Ort im Gazastreifen sicher ist.

Verstärktes Bombardement in Gaza

Der Gaza-Bewohner Muneer Haduka sieht neben Israel auch die Terrororganisation Hamas, die 2007 in dem Küstenstreifen gewaltsam die Kontrolle an sich gerissen hatte, in der Verantwortung. "Beide Parteien haben uns zu Vertriebenen und Bettlern in unserem eigenen Land gemacht, ohne Unterkunft und Nahrung", sagt der 33-jährige Palästinenser. Das Ende der Feuerpause bedeute die Fortsetzung "dieser inakzeptablen Situation". Die Hamas habe "einen schweren Fehler gegen uns begangen", so Haduka. Israel bekämpfe jedoch nicht die Hamas, sondern bestrafe die Menschen im Gazastreifen kollektiv.

Israels Militär verstärkte sein Bombardement von Zielen in Gaza am zweiten Tag nach Auslaufen der einwöchigen Feuerpause. "Meine Kinder hatten sich in der Woche, als die Bombardierungen und Kämpfe aufhörten, wieder etwas erholt", sagte die 38-jährige Samira Zaid. Nun kehre der Zustand "der Angst, der Unruhe und der Zerstörung" zurück. Während der Waffenruhe sei es kaum möglich gewesen, an Kochgas zu kommen, schildert Machmud Badawi. "Es ist unglaublich, dass wir im 21. Jahrhundert unsere Mahlzeiten über Holzfeuern zubereiten müssen". Nun sei nicht einmal mehr Brennholz erhältlich.

50 Lastwagen mit Hilfsgütern

Unterdessen gelangten nach Angaben des Palästinensischen Roten Halbmonds am Samstag wieder 50 Lastwagen mit Hilfsgütern nach Gaza. Die Lastwagen seien mit Lebensmitteln, Wasser, medizinischen Hilfsgütern und Medikamenten beladen gewesen. Nach Ende der Feuerpause und mit der Fortsetzung der Kämpfe am Freitagmorgen waren die Hilfslieferungen noch zum Erliegen gekommen.

Unicef-Sprecher Elder beschrieb die Nacht zum Samstag, in der Israels Armee nach eigenen Angaben allein im Raum der Stadt Chan Junis im Süden des abgeriegelten Gazastreifens mehr als 50 Ziele bombardiert hatte, als "unerbittlich".

Care-Direktorin Tibi forderte: "Wir müssen die Zivilbevölkerung und die lebenswichtige Infrastruktur, auf die sie angewiesen ist, schützen". Die im Gazastreifen verbleibenden Geiseln der Terrororganisation Hamas müssten sofort und bedingungslos freigelassen werden. "Wir brauchen einen humanitären Waffenstillstand", erklärte Tibi. "Die Kämpfe müssen aufhören."

Auslöser des jüngsten Gaza-Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen aus dem Gazastreifen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze begangen hatten. Dabei wurden mehr als 1.200 Menschen getötet. Etwa 240 Geiseln wurden nach Gaza verschleppt. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen, einer Blockade des Gazastreifens und begann Ende Oktober eine Bodenoffensive.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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