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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nach Wagner-Aufstand Schoigu hat wohl Putins Gunst zurückgewonnen
Der gescheiterte Aufstand der Söldnertruppe Wagner hätte Russlands Elite aufmischen können. Zwei alte Bekannte sollen Putins Gunst allerdings wiedererlangt haben.
Sergej Schoigus Zeit als russischer Verteidigungsminister schien zu einem Ende zu kommen. Als die Wagner-Söldner von Jewgenij Prigoschin am 23. und 24. Juni 2023 in Richtung Moskau marschierten, gab es quasi keinen Widerstand seitens des russischen Militärs. Nur weil Prigoschin seine Rebellion selbst stoppte und ins belarussische Exil ging, endete der Wagner-Aufstand nicht mit einem größeren Blutvergießen.
Damit schienen die Karrieren von Sergej Schoigu und dem Generalstabschef der russischen Armee, Waleri Gerassimow, beendet zu sein. Doch wie das amerikanische Institute for the Study of War (ISW) berichtet, haben beide es mittlerweile geschafft, die Gunst des russischen Präsidenten Wladimir Putin zurückgewinnen.
Insider: Putin will Schoigus Position stärken
In seinem Bericht bezieht sich das ISW auf den russischen Telegram-Kanal "VChK-OGPU", der in der Vergangenheit stets gut über die Ereignisse in der russischen Machtzentrale informiert zu sein schien. Im Bericht des Insiders ging es auch um Alexej Djumin, einen ehemaligen Bodyguard des russischen Präsidenten und heutigen Gouverneur der Oblast Tula. Verschiedene russische Militärblogger hatten Djumin nach dem gescheiterten Wagner-Putsch schnell als potenziellen Schoigu-Nachfolger für den Posten des Verteidigungsministers ausgemacht.
Putin soll Djumin allerdings kürzlich aufgefordert haben, Verteidigungsminister Schoigu öffentlich bei einem Rundgang über die Militärmesse "Army 2023" in Moskau zu begleiten. In der Öffentlichkeit wolle der Kreml damit suggerieren, Schoigu und Djumin hätten ein gutes Verhältnis zueinander, berichtet "VChK-OGPU". Allerdings gehe es Putin wohl eher darum, öffentlich zu zeigen, dass Djumin einen niedrigeren Rang bekleide als Schoigu – ein Hinweis auf Schoigus gefestigte Position in der Kreml-Elite.
Putin traf sich mit Gerassimow
Eine weitere Behauptung des Kreml-Insiders bezieht sich auf den Generalstab der russischen Armee, dessen Chef Waleri Gerassimow ist. Demnach habe der Kreml dem Generalstab einen Blankoscheck ausgestellt, alle Protegés des geschassten Generals und Wagner-Sympathisanten Sergei Surowikin aus Ämtern in der Armee zu entfernen. Surowikin hatte sich im Gefecht vormals durch seine große Brutalität hervorgetan und dadurch von seinen Gefolgsleuten den Kampfnamen "General Armageddon" verliehen bekommen. Seit dem gescheiterten Wagner-Aufstand fehlt von ihm jede Spur, er soll sich im staatlich angeordneten Hausarrest befinden.
Auch ein öffentliches Treffen von Gerassimow mit Wladimir Putin in Rostow am Don, der Basis des russischen südlichen Militärdistrikts, spricht dem Bericht des ISW zufolge für eine gefestigte Position Gerassimows und Schoigus. Die Zusammenkunft gilt den Experten als Zeichen dafür, dass beide die Gunst des russischen Präsidenten zurückgewonnen haben – auch wenn es dafür aus dem Kreml bisher keine offiziellen Verlautbarungen gibt.
- understandingwar.com: "Russian Offensive Campaign Assessment, August 19, 2023"
- understandingwar.com: "Russian Offensive Campaign Assessment, August 21, 2023"
- Telegramkanal "VChK-OGPU"