Verstärkte Aktivitäten in Nord- und Ostsee Nato warnt: Russland könnte Unterseekabel angreifen
Seit den Nord-Stream-Explosionen ist die kritische Infrastruktur im Westen gefährdet. Nun warnt die Nato vor russischen Angriffen auf Unterseekabel.
Russland könnte Unterseekabel sabotieren, um westliche Staaten für die Unterstützung der Ukraine abzustrafen, warnt der stellvertretende Nato-Generalsekretär für Nachrichtendienste und Sicherheit, David Cattler. Das Militärbündnis plane daher, seine Bemühungen zum Schutz der Unterwasserinfrastruktur nach den Nord-Stream-Angriffen zu verstärken.
"Es gibt verstärkte Bedenken, dass Russland Unterseekabel und andere kritische Infrastrukturen angreifen könnte, um das Leben im Westen zu stören und Druck gegenüber westlichen Nationen auszuüben, welche die Ukraine unterstützen", so Cattler.
Die Russen seien in diesem Bereich so aktiv wie seit Jahren nicht mehr und hätten auch ihre Aktivitäten in Nord- und Ostsee verstärkt, fügte er an.
Nord Stream als Blaupause?
Die Bedrohung von Unterseekabeln und wichtigen Pipelines ist seit den Nord-Stream-Anschlägen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Noch immer ist unklar, wer für die Explosionen im vergangenen Herbst verantwortlich ist, Spuren führen laut Recherchen von t-online durch verdächtige Schiffe nach Russland. Zum gleichen Ergebnis kommen mittlerweile mehrere skandinavische Medien, unter anderem durch Fotos und abgefangene Funksprüche.
Die Pipeline Nord Stream 2 sollte Gas aus Russland nach Deutschland transportieren und war vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine ein großer Streitpunkt in der westlichen Allianz. Nord Stream 1 war seit 2011 im Betrieb. Mit Blick auf die laufenden Ermittlungen lehnte es Cattler ab, darüber zu spekulieren, wer hinter den Anschlägen auf die deutsch-russischen Pipelines steckt.
Während die Besorgnis über die Sicherheit von Unterseekabeln wächst, wollen westliche Länder die Nordsee in eine grüne Energiequelle verwandeln. Nordsee-Staaten planen dafür mehrere neue Windparks, die ihrerseits über weitere Unterseekabel mit dem Festland verbunden werden sollen und somit womöglich eine neue Schwachstelle im westlichen Bündnis auftun.
"Wirtschaftlicher Dreh- und Angelpunkt"
Weltweit transportieren 400 Unterseekabel etwa 95 Prozent des weltweiten Internetverkehrs, wobei 200 dieser 400 Kabel laut Nato als kritisch gelten.
"Insgesamt werden über diese Kabel täglich Finanztransaktionen im Wert von schätzungsweise 10 Billionen US-Dollar abgewickelt, sodass diese Kabel ein wirtschaftlicher Dreh- und Angelpunkt sind", sagte Cattler.
Er warnte davor, dass Gegner der Nato den enormen strategischen Vorteil erkennen könnten, wenn sie die Sicherheit der westlichen Internet-, Energie- und Finanzsysteme bedrohen.
"Russland kartiert aktiv kritische Infrastrukturen von Nato-Staaten sowohl an Land als auch auf dem Meeresgrund", sagte Cattler und nannte ein Unterwasseraufklärungsprogramm des russischen Verteidigungsministeriums.
Allerdings würden russische Schiffe mit entsprechender Spionage-Ausrüstung, die elektronische oder akustische Informationen vom Meeresboden sammeln können, streng von der Nato beobachtet, so der Vize-Generalsekretär der Allianz. Diese Spionageschiffe seien an ihren Antennen oder ungewöhnlichen Aktivitäten zu erkennen.
Westen kündigt Gegenmaßnahmen an
Die Nato hat die Zahl der Schiffe, die in der Nord- und Ostsee patrouillieren, nach den Nord-Stream-Sprengungen deutlich erhöht. Zusätzlich hat die Allianz zum Schutz kritischer Unterwasserinfrastrukturen eine neue Abteilung gebildet, um die Zusammenarbeit mit der Industrie, Verbündeten und Experten zu verbessern.
"Die Bedrohung ist echt, und die Nato verstärkt ihre Maßnahmen", sagte der deutsche Generalleutnant Hans-Werner Wiermann der Nachrichtenagentur Reuters, der seit Februar für die neue Abteilung verantwortlich ist.
Auch die Abschlusserklärung des Digitalministertreffens der G7 hat sich vorgenommen, die Sicherheit von Unterseekabeln auszubauen. Darin hieß es, man wolle die Zusammenarbeit in der G7-Gruppe selbst sowie mit gleichgesinnten Partnern vertiefen.
- Nachrichtenagentur Reuters: "NATO says Moscow may sabotage undersea cables as part of war on Ukraine"
- Material der Nachrichtenagentur dpa