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Guerillakrieg in der Ukraine: Der nächtliche Horror der Besatzer von Melitopol


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Guerillakampf in der Ukraine
Der nächtliche Horror der Besatzer von Melitopol


Aktualisiert am 24.05.2022Lesedauer: 4 Min.
Russischer Soldat in Melitopol: "Macht euch bereit! Wir kennen alle eure Patrouillenrouten!"Vergrößern des Bildes
Russischer Soldat in Melitopol: "Macht euch bereit! Wir kennen alle eure Patrouillenrouten!" (Quelle: imago-images-bilder)

Russland will sich die besetzte Südukraine einverleiben, doch die Menschen in der Region wehren sich. Vor allem nachts schlagen die Partisanen zu – und arbeiten offenbar eng mit der ukrainischen Armee zusammen.

Einfach würden es die Einwohner von Melitopol den Besatzern nicht machen, das war nach dem russischen Einmarsch schnell klar. Ende Februar meldeten Putins Truppen die Einnahme der 150.000-Einwohner-Stadt im Süden der Ukraine. Doch anstatt sich zu verkriechen, gingen die Menschen mit Ukraine-Flaggen demonstrieren – zu Tausenden. Drei Monate später ist aus dem zivilen Widerstand offenbar eine schlagkräftige Partisanenbewegung geworden.

Der Bombenanschlag auf Andrij Schewtschik war wohl nur deren jüngster Coup. Die Explosion traf den von Russland eingesetzten Chef der "Volksadministration" von Enerhodar am Sonntag und verletzte ihn schwer. Es habe sich um einen gezielten Partisanenangriff gegen einen Kollaborateur gehandelt, so das ukrainische Militär im Oblast Saporischschja, in der auch Melitopol liegt.

Drei Guerillaattacken an nur einem Tag

Nach Angaben von Bürgermeister Iwan Fedorow haben Guerillakämpfer seit Beginn der Besatzung mehr als 100 russische Soldaten in Melitopol getötet. Der ukrainische Militärgeheimdienst spricht von 70 tödlichen Angriffen in der Region Saporischschja zwischen 20. März und 12. April. Die meisten Besatzer seien bei nächtlichen Guerillaattacken getötet worden, vor allem durch Stich- und Schusswunden, berichtet das ukrainische Nachrichtenportal "Hromadske". Und der ukrainische Widerstand scheint noch zu wachsen.

Allein am 18. Mai soll es in Melitopol drei Partisanenangriffe gegeben haben. Am frühen Morgen traf es der Nachrichtenagentur Unian zufolge zwei hochrangige Vertreter der russischen Besatzung. Sie wurden mit tödlichen Wunden auf einem Bürgersteig liegend aufgefunden. Später am Tag gab es einen Angriff auf das Büro des russischen Kommandanten in Melitopol, laut Augenzeugen mit einer Handgranate. Die russischen Soldaten hätten daraufhin das Feuer eröffnet und Straßensperren in dem Gebiet errichtet. Über Tote und Verletzte bei der Aktion wurde bislang nichts bekannt.

Partisanen sprengen russischen Panzerzug bei Melitopol

Doch die Guerillakämpfer suchen sich auch größere Ziele. Ebenfalls am 18. Mai gab es in Melitopol einen Anschlag auf einen russischen Panzerzug, der von der Halbinsel Krim kommend Waffen und Munition für die Besatzungstruppen bringen sollte. Dafür hatten die Partisanen offenbar die Gleise so manipuliert, dass der Zug entgleiste. Dabei soll Munition explodiert und die Schienen sollen beschädigt worden sein. Anfängliche Berichte über getötete russische Soldaten bestätigten sich dagegen nicht, wie das britische Portal "Inews" berichtete.

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Über die innere Organisation des Widerstands hält sich die ukrainische Führung verständlicherweise bedeckt. Eine Aktion von Sonntag hat aber gezeigt, dass Militär und Partisanen offenbar eng zusammenarbeiten. So hätten Partisanen zunächst eine Radarstation bei Melitopol zerstört, bevor ukrainische Soldaten mehrere russische Artilleriegeschütze zerstörten, hieß es von der regionalen Militärführung. "Die Eindringlinge reagierten auf diese Niederlagen, indem sie die Kontrollen an den Checkpoints verstärkten und nicht nur private Autos, sondern auch öffentliche Verkehrsmittel in Melitopol kontrollierten", heißt es in der Mitteilung.

Ukrainer spielen mit Angst der Besatzer

Tatsächlich scheinen die Partisanenangriffe ihre Wirkung auf die Besatzer nicht zu verfehlen, wie aus abgefangenen Funksprüchen hervorgeht, die der ukrainische Geheimdienst veröffentlicht hat: "Jede Nacht kämpfen wir gegen die Saboteure, die ins Dorf kommen", beschwert sich darin ein russischer Soldat in der Region Saporischschja bei seinen Kameraden. "Manche rufen schon: 'Lasst uns verdammt noch mal abhauen, lasst uns weglaufen. Wir sind getäuscht worden'".

Und die Partisanen nutzen die Angst der Besatzer offenbar gezielt aus. Plakate wie diese sollen in den vergangenen Wochen an vielen Hauswänden in Melitopol und dem ebenfalls besetzten Cherson weiter westlich aufgetaucht sein:

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"Macht euch bereit! Wir kennen alle eure Patrouillenrouten! Cherson ist ukrainisch!", steht auf dem Plakat, das einen Messerangriff auf einen russischen Soldaten durch einen Ukrainer zeigt. Ziemlich eindeutig ist auch die Botschaft dieser Plakate:

"Warnung! Die russische Welt ist gefährlich für Ihre Gesundheit", steht auf dem Plakat mit dem skelettierten russischen Soldaten und dem "Z", das zum Symbol der russischen Invasion wurde. Diese Plakate sollen ebenfalls in Cherson aufgetaucht sein.

Russland will sich die Südukraine komplett einverleiben

Widerstand schlägt den russischen Besatzern im Süden der Ukraine aber nicht nur in Form von tödlichen Attacken entgegen. So weigern sich offenbar viele ukrainische Beamte in Melitopol, mit der von Russland eingesetzten Statthalterin Halyna Daniltschenko zu kooperieren, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Den rechtmäßigen Amtsinhaber Iwan Fedorow hatten die Besatzer im März entführt und erst nach mehreren Tagen im Austausch gegen russische Gefangene wieder freigelassen.

Russland will die besetzte Südukraine offenbar eng in sein eigenes Verwaltungssystem eingliedern. Die Region werde einen "würdigen Platz in unserer russischen Familie" einnehmen, sagte vorige Woche Russlands Vize-Regierungschef Marat Chusnullin bei einem Besuch in Cherson. Schon seit dem 1. Mai gilt der Rubel als offizielles Zahlungsmittel in den besetzten Gebieten.

Wie genau der Anschluss der Südukraine aus russischer Sicht laufen soll, ist bislang unklar. Der Vizechef der prorussischen Verwaltung von Cherson, Kirill Stremoussow, brachte zuletzt ein formelles Beitrittsgesuch an Kremlchef Putin ins Gespräch. Ein manipulierter Volksentscheid wie 2014 auf der annektierten Halbinsel Krim würde international nicht anerkannt, so Stremoussow. Die Regierung in Kiew ist dagegen überzeugt, dass die Russifizierung der Region scheitern werde.

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