"Dann werden Sie direkt dorthin gehen" Russland sucht auf Jobplattformen nach Soldaten
Ohne Umweg in die Ukraine: Auf zivilen Jobplattformen sucht der russische Staat offenbar nach Soldaten. Die Zahl der Anzeigen ist seit dem Angriff auf die Ukraine deutlich gestiegen.
Seit Anfang März sind auf Jobplattformen offenbar Tausende Stellenangebote für das russische Militär aufgetaucht. Das berichtet der russische Dienst der britischen BBC. Die Anzeigen für "Vertragssoldaten" finden sich demnach auf eigentlich zivilen Webseiten wie "SuperJob" oder "HeadHunter".
BBC-Journalisten gaben sich als Bewerber aus. Ein Vorstellungsgespräch bekamen sie meist innerhalb eines Tages, selbst am Wochenende. Ihnen wurde gesagt, dass sie innerhalb kürzester Zeit in die Kampfgebiete in der Ukraine kommen würden, sollten sie den Vertrag unterschreiben.
"Innerhalb von 10 bis 15 Tagen werden Sie ordnungsgemäß als Vertragsarbeiter registriert sein. (...) Und dann werden Sie direkt dorthin gehen", wurde einem der angeblichen Bewerber im Süden Russlands gesagt. Oft wurden Verträge für drei bis sechs Monate angeboten.
Zahl der Stellenanzeigen seit Ende Februar stark gestiegen
Auf Anfrage der BBC teilten die Plattformen mit, dass es bereits vor Ende Februar Anzeigen für Militärpersonal gegeben hätte. Zu dem Zeitpunkt begann der russische Angriff auf die Ukraine. Laut BBC ist die Zahl der Stellenanzeigen seitdem stark gestiegen. Auf die Suchanfrage "Vertragssoldat" gebe es allein auf "HeadHunter" 3.000 Anzeigen.
Ein russischer Sicherheitsexperte, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben wollte, sagte der BBC, es sei ungewöhnlich, dass Soldaten über Online-Anzeigen rekrutiert werden. "Normalerweise läuft alles über die Militärregistrierungs- und Rekrutierungsämter, über Rekrutierungszentren", sagte er.
Auch Wehrpflichtige in die Ukraine entsandt
Die russische Führung hatte immer wieder betont, dass die Truppen in der Ukraine aus professionellen Soldaten bestehe. Allerdings war schon bekannt geworden, dass Russland auch Wehrpflichtige in die Ukraine entsendete.
Die Anzeigen sind womöglich auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die russische Armee offenbar in der Ukraine große Verluste verzeichnet. Die russischen Behörden halten sich mit Angaben dazu bedeckt, sprachen aber vergangene Woche von "signifikanten Verlusten" in der Ukraine – eine seltene Aussage, die darauf hindeuten lässt, dass die Verluste tatsächlich dramatisch sind.
Die offiziellen Zahlen liegen bei knapp über 1.300 Toten. Die westlichen Staaten aber schätzen, dass die Zahl weit höher liegt. Nach ukrainischen Angaben sind 20.000 russische Soldaten ums Leben gekommen.
- BBC News: "Du gehst dorthin, wo die Schießerei ist": Russland sucht massiv nach militärischen Auftragnehmern, die in die Ukraine entsandt werden sollen
- Nachrichtenagentur Reuters