Umgang mit Ukraine-Krieg Polen kritisiert Deutschland scharf: "sehr unzufrieden"
Deutschland habe einen starken Hang nach Moskau und handle zu wenig konstruktiv im Ukraine-Krieg – das wirft der polnische Vizeregierungschef der Bundesregierung vor. Zudem fordert er mehr Militär an der Ostflanke.
Die polnische Regierung hat die Politik der Bundesregierung in Bezug auf den Ukraine-Krieg kritisiert. "Ich bin sehr unzufrieden mit dem Verhalten der deutschen Regierung", sagte Jaroslaw Kaczynski, Polens Vizeregierungschef und Chef der nationalkonservativen Partei PiS, der "Welt am Sonntag". "Deutschland könnte mehr Waffen liefern. Und Deutschland könnte sich in der EU für ein Ölembargo aussprechen."
Er betonte, er beziehe sich nicht auf ein Gasembargo, da dafür mehr Zeit benötigt werde. Öllieferungen ließen sich ersetzen, bei Erdgas sei das schwieriger. "Man darf eine Großmacht wie Russland nicht andauernd unterstützen mit Milliardenzahlungen aus dem Kauf von Energie", sagte Kaczynski. "Das ist aus politischer und moralischer Sicht unzulässig. Das muss ein Ende haben, und Deutschland sollte dazu endlich eine eindeutige Haltung einnehmen."
Deutschland habe "starken Hang nach Moskau"
Er warf Deutschland und Frankreich "einen starken Hang nach Moskau" vor. Die Bundesregierung habe jahrelang nicht sehen wollen, was Russland unter Präsident Wladimir Putin macht. "Das ist schlecht ausgegangen, wie wir jetzt sehen", sagte Kaczynski. "Es war aber nicht schwer vorauszusehen, dass es so kommen würde. Aber Deutschland wollte es immer besser wissen."
Der nationalkonservative Politiker forderte einen grundsätzlichen Kurswechsel der deutschen Politik in Europa. "Polen ist nicht zufrieden mit der deutschen Rolle in Europa. Sie sollte konstruktiver sein." In den vergangenen Jahrzehnten habe Deutschland eine Dominanz in Europa angestrebt, "aber im Schulterschluss mit Russland". Deutschland habe aber "keinerlei moralische Grundlage, Europa zu dominieren", sagte Kaczynski.
Kaczynski fordert stärkere Nato-Präsenz an der Ostflanke
Er forderte eine stärkere Präsenz von US-Soldaten an der Ostflanke der Nato in Europa. "Polen würde es begrüßen, wenn die Amerikaner künftig ihre Präsenz in Europa wegen der zunehmenden Aggressivität Russlands von derzeit 100.000 Soldaten auf 150.000 Soldaten erhöhen würden", sagte Kaczynski.
Davon sollten 75.000 Soldaten fest an den Grenzen zu Russland stationiert werden, 50.000 Soldaten alleine im Baltikum und in Polen. Die Ostflanke müsse in Zukunft viel besser geschützt werden. "Soldaten der Nuklearmacht Amerika schrecken Russland am stärksten von einem Angriff auf die Nato-Länder ab und geben uns am meisten Sicherheit."
Kaczynski brachte vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs auch eine dauerhafte Lagerung von US-Atomwaffen in Osteuropa ins Spiel. Im Moment stelle sich diese Frage aber nicht.
- Nachrichtenagenturen AFP und Reuters