Konflikte Syrien: Die USA schließen militärische Schritte nicht aus
Damaskus/Washington (dpa) - Nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien haben die USA militärische Schritte gegen die syrische Regierung nicht ausgeschlossen. Präsident Donald Trump kündigte eine schnelle Entscheidung seiner Regierung an.
Er wolle mit seinen militärischen Beratern über mögliche Schritte sprechen. Alle Optionen würden in Betracht gezogen. Ähnlich hatte sich zuvor sein Verteidigungsminister James Mattis geäußert.
Nach Angaben von Aktivisten sollen bei dem mutmaßlichen Giftgaseinsatz auf die von Rebellen kontrollierte Stadt Duma in Ost-Ghuta am Samstag mehr als 150 Menschen getötet und rund 1000 verletzt worden sein.
Die USA machen die Regierung von Syriens Präsident Baschar al-Assad dafür verantwortlich. Auch die Bundesregierung vermutet, dass die syrische Armee hinter dem Angriff steht. Die Umstände deuteten auf "die Verantwortlichkeit des Assad-Regimes" hin, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag und betonte: Ein so schwerwiegender Verstoß gegen das Völkerrecht "darf nicht ungesühnt bleiben".
Russlands Außenminister Sergej Lawrow bezeichnete Berichte über einen syrischen Angriff mit Chemiewaffen hingegen als Provokation. Russische Militärspezialisten seien vor Ort gewesen und hätten keinerlei Spuren von Chlorgas gefunden. Vorwürfe des Westens, Russland decke den syrischen Einsatz von Chemiewaffen gegen Zivilisten, bezeichnete der Minister als antirussische Kampagne.
Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein, rief die Welt zum Handeln auf. Er verurteilte die Reaktionen auf ähnliche Vorfälle als völlig unzureichend. Wenige Stunden vor Beginn einer Sitzung des Weltsicherheitsrates in New York zu dem Thema kritisierte Said "leere Worte, schwache Verurteilungen und einen Sicherheitsrat, der durch den Einsatz des Vetos gelähmt ist".
Nach dem Vorfall in Duma kam es am Montag zu einem schweren Raketenangriff auf einen syrischen Militärflugplatz, für den Syrien, Russland und der Iran Israel verantwortlich machen. Bei der Bombardierung wurden mindestens 14 Angehörige der syrischen Armee und verbündeter Milizen getötet, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Montag meldete. Unklar blieb, ob der Militärschlag mit dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Zusammenhang stand.
Das russische Verteidigungsministerium erklärte, zwei israelische Kampfjets vom Typ F-15 hätten vom Libanon aus acht Raketen auf den Flugplatz T4 nahe der Stadt Homs abgefeuert. Augenzeugen berichteten im syrischen Fernsehen von Explosionen in der Gegend. Bewohner im Libanon hörten nahe der Grenze zu Syrien das Dröhnen von Jets. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete, die Luftabwehr des Landes haben den israelischen Raketenangriff abgewehrt. Nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur Fars starben auch drei Soldaten der iranischen Revolutionsgarden.
Der Iran verurteilte den Angriff als "klaren Verstoß gegen alle internationalen Vorschriften". Die UN dürften diesen Verstoß gegen die territoriale Integrität Syriens nicht ignorieren, fügte Außenamtssprecher Bahram Ghassemi am Montag in Teheran hinzu.
Die israelische Armee wollte sich wie bereits in früheren Fällen nicht zu den Vorwürfen äußern. Die USA und Frankreich dementierten jede Beteiligung an der Bombardierung.
Der mutmaßliche Giftgaseinsatz setzt den Westen unter erheblichen Druck. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hatte am Wochenende mit "gezielten Schlägen" gegen die syrische Regierung gedroht, sollte ein tödlicher Einsatz von Chemiewaffen unwiderlegbar bewiesen sein. Das sei eine rote Linie, sagte Macron. Auch Trump drohte Assad.
Der US-Präsident sprach am Montag von einem "barbarischen" Angriff. "Wir können solche Gräueltaten nicht zulassen", fügte er hinzu. Seine Regierung werde in den nächsten 24 bis 48 Stunden eine "bedeutende Entscheidung" treffen. Die USA prüften eine mögliche Beteiligung der iranischen und der russischen Regierung. Trump schloss in diesem Zusammenhang auch mögliche Konsequenzen für den russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht aus. Wenn sich herausstelle, dass dieser eine Verantwortung für den Angriff trage, werde er wie jeder andere einen Preis dafür zahlen, sagte er.
Bereits vor einem Jahr hatte das US-Militär die syrische Luftwaffenbasis Schairat beschossen - als Reaktion auf den verheerenden Giftgasangriff mit Dutzenden Toten auf die Stadt Chan Scheichun, für den UN-Experten ebenfalls die Assad-Regierung verantwortlich machten. Das Eingreifen der USA galt aber weitgehend als symbolisch. Denkbar ist, dass die US-Regierung erneut einen ähnlichen Schritt unternimmt, um ein Signal an Assad zu senden, ohne aber eine tiefere Verstrickung in den Bürgerkrieg zu suchen. Denn eigentlich will Trump das US-Engagement in Syrien beenden.