Nordkorea bei Olympia Kim schickt seine Schwester ins Feindesland
Weil Nordkorea teilnimmt, werden die Olympischen Winterspiele in Südkorea zu einem Politikum. Die Schwester des Diktators ist dort auf diplomatischer Mission.
Rein dürfen sie schonmal alle: Wenige Stunden vor Beginn der Olympischen Winterspiele in Pyeongchang hat der UN-Sicherheitsrat die Reise eines nordkoreanischen Regierungsvertreter genehmigt – trotz bestehender Sanktionen gegen ihn. Damit darf Choe Hwi, Ex-Vize Direktor des Propagandaministeriums, als Teil der nordkoreanischen Delegation zu dem Sportereignis zu reisen.
Kims Schwester ist seine engste Vertraute
Begleitet wird Choe unter anderem von Kim Yong Nam, dem zeremoniellen Staatsoberhaupt – und Kim Yo Jong, der Schwester des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong-Un.
Sie ist das erste Mitglied der Kim-Dynastie, das Südkorea besucht. Kim Jong-Un vertraue niemandem mehr als seiner kleinen Schwester, sagt der Nordkorea-Insider Koh Yu Hwan von der Universität in Seoul. "Mit jedem anderen Abgesandten hätte man höchstens jemanden bekommen, der die Befehle Kim Jong-Uns einfach nur ausführt."
Die kleine Schwester wird zur Machtfigur
Beobachtern zufolge will Kim seine Schwester, die bereits ein führendes Mitglied der Arbeiterpartei ist, zu einer der wichtigsten Führungspersönlichkeiten des Landes aufbauen. Und auch der Westen darf hoffen, mit Kims Schwester erstmals eine Gesprächspartnerin zu haben, die auf Augenhöhe mit dem Diktator reden kann.
Angeführt wird die nordkoreanische Delegation vom protokollarischen Staatsoberhaupt Kim Yong Nam. Er ist formal gesehen der ranghöchste nordkoreanische Regierungsvertreter, der jemals in den Süden gereist ist. Sein politischer Einfluss gilt aber als begrenzt. Als eigentliche Spitzendiplomatin gilt die Schwester. Sie ist sozusagen das Aushängeschild der Delegation.
Denn neben der politischen Elite nehmen auch 22 nordkoreanische Sportler an den Olympischen Winterspielen teil. Zwölf von ihnen gehören dem Damen-Eishockeyteam an, das Nord- und Südkorea gemeinsam aufgestellt haben. Außerdem reisen drei Skilangläufer, drei Alpinskifahrer, zwei Eisschnellläufer und ein Eiskunstlauf-Paar an. Die Athleten laufen bei der Eröffnungszeremonie gemeinsam mit den südkoreanischen sportlern hinter der sogenannten Flagge der Vereinigung ein.
Kim schickt auch die "Armee der Schönheiten"
Teil der Delegation ist außerdem die sogenannte "Armee der Schönheiten": 229 nordkoreanische Cheerleader. Sie sorgten schon für Aufregung, als sie in knielangen, scharlachroten Mänteln mit Pelzkragen und Pelzmützen im Süden ankamen.
"Ich will es nicht sagen, aber Nordkoreas Cheerleader sind ziemlich hübsch", schrieb ein Twitter-Nutzer. "Ihr könnt Steine auf mich werfen, aber die Wahrheit ist die Wahrheit." Den handverlesenen Frauen werden neben gutem Aussehen auch eine stramm kommunistische Gesinnung und Loyalität gegenüber der Regierung abverlangt.
Warnungen vor nordkoreanischer Propaganda
Deswegen stößt der Besuch aus dem Norden im Süden nicht nur auf Gegenliebe. Eine nordkoreanische Künstlertruppe wurde bei ihrer Ankunft von hunderten Demonstranten empfangen. "Wir befinden uns im Kriegszustand und wir laden die Prostituierten unseres Feindes ein", sagte ein Demonstrant. Viele Südkoreaner werfen dem verfeindeten Nachbarland vor, die Olympischen Winterspiele mit einer Charmeoffensive kapern zu wollen.
Auch US-Vizepräsident Mike Pence warnte vor nordkoreanischer Propaganda rund um die Spiele und forderte daher Härte gegen das Regime. In Tokio kündigte er die bisher "härtesten und aggressivsten Sanktionen" an. Nordkorea habe Phasen diplomatischer Annäherung in der Vergangenheit mit "vorsätzlichem Betrug, gebrochenen Versprechen und endlosen und eskalierenden Provokationen" beantwortet. Dabei sei Pjöngjang kriegslüstern und habe Atomwaffen.
Nur einen Tag vor der Eröffnungszeremonie hatte Nordkorea in Pjöngjang eine große Militärparade abgehalten, bei der es seine möglicherweise nuklear bestückbaren Interkontinental-Raketen zur Schau stellte.
Ende der diplomatischen Eiszeit im tiefsten Winter?
Unbeeindruckt von den Protesten im Süden wird Kims Schwester am Samstag gemeinsam mit ihrem honchrangigen nordkoreanischen Begleiter den südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In treffen – um die vorsichtige Annäherung der Nachbarstaaten voranzutreiben. Seoul spricht sogar von "Olympischen Spielen des Friedens".
Zu einem Treffen mit dem amerikanischen Vize-Präsidenten Mike Pence soll es dagegen nicht kommen. Die USA zeigten sich zwar offen, Nordkorea lehnt aber ab. Südkorea und die USA werden bald wieder gemeinsame Militärübungen abhalten. Ob die diplomatische Annäherung über die Olympischen Spiele Bestand haben wird, ist ungewiss.
- AFP
- AP
- dpa