Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen Den Rechtsextremismus in der DNA
2012 scheiterte sie, diesmal ist Le Pen entschlossen zum Sieg. Als Präsidentin will sie umgehend einen "Schlachtplan gegen islamischen Terrorismus" auflegen. Trotz aller Versuche, sich von ihrem Vater zu distanzieren, kann sie dessen übermächtigen Schatten nicht abschütteln.
Die Leidenschaft für Politik und rechtsextreme Werte wurde Marine Le Pen in die Wiege gelegt. Nun nimmt sie ihren zweiten Anlauf auf das Präsidentenamt in Frankreich und hofft auf den Sieg in der Stichwahl, der ihrem Vater im Jahr 2002 nicht gelungen war.
Hartes Durchgreifen gegen "massive Einwanderung"
Der Terroranschlag am Donnerstag in Paris, bei dem ein Polizist getötet wurde, warf noch einmal ein Schlaglicht auf Le Pens zentrale Themen. Die Vorsitzende der rechtsextremen Front National hat angekündigt, durch ein hartes Durchgreifen gegen die "massive Einwanderung" radikaler Muslime einen sicheren Staat zu schaffen. Sie wirft Einwanderern vor, das jüdisch-christliche Erbe Frankreichs verdrängen zu wollen. Im Falle eines Wahlsiegs werde sie sofort einen "Schlachtplan gegen islamischen Terrorismus" in Kraft setzen, "damit Frankreich lebt", kündigte die 48-Jährige an.
Die dreifache Mutter gilt als ehrgeizige und mutige Politikerin, die der alten FN-Garde erfolgreich getrotzt hat. Sie bemühte sich, die Partei von den rassistischen und antisemitischen Tönen zu befreien, die den Front National unter der Führung ihres Vaters Jean-Marie Le Pen jahrzehntelang geprägt hatten.
Front National soll akzeptable politische Alternative werden
Im Jahr 2015 schreckte sie nicht davor zurück, ihn aus der Partei auszuschließen, die er 1972 gegründet hatte. Der ehemalige Fallschirmjäger und flammende Redner hatte sich geweigert, antisemitische Bemerkungen zu unterlassen. Diese torpedierten die Bemühungen seiner Tochter, den FN zu einer akzeptablen politischen Alternative umzubauen - und gefährdeten ihren Traum, eines Tages Präsidentin zu werden.
Bei ihrer ersten Kandidatur 2012, ein Jahr nach der Übernahme des FN-Parteivorsitzes, wurde Marine Le Pen Dritte. Doch die Niederlage verstärkte nur ihren Wunsch zu siegen. Mit Hilfe von Kommunal-, Regional- und Europawahlen baute sich Le Pen einen Parteiapparat für ihre Ambitionen auf. Im Jahr 2014 gewann der Front National die Kommunalwahlen in elf Städten, und bei den Wahlen zum Europäischen Parlament schnitt die Partei besser ab als alle anderen in Frankreich.
Aufgezogen mit dem "Honig und der Säure der Politik"
Bei Auftritten betont die establishment-kritische Le Pen stets auch ihre weiche Seite und spricht damit gezielt Wähler an, die früher nicht wagten, die Front National zu wählen. Doch auch ihre Liebe zu Katzen kann ihren eisernen Willen und ihre scharfe Zunge nicht verbergen, mit der sie es durchaus mit ihrem Vater aufnehmen kann.
Im Europaparlament ist die studierte Anwältin seit 2004 vertreten, außerdem gehört sie dem Nationalrat für Nordfrankreich an. Zur Welt kam sie 1968 als Marion Anne Perrine Le Pen in einem Pariser Vorort als jüngste von drei Töchtern. Sie sei mit "Honig und der Säure der Politik" großgezogen worden, schrieb Le Pen mit Blick auf ihr privilegiertes Leben und den Schatten des übermächtigen Vaters.
Schlammschlacht bei Trennung der Eltern
"Die Tochter von Jean-Marie Le Pen zu sein war nicht immer einfach", sagte sie kürzlich in einem Interview des Fernsehsenders BFM. Seine Tochter zu sein habe bedeutet, in seine Fußstapfen treten zu müssen, deutete sie an und bezeichnete Politik als "Virus, den man in sich trägt". Als Marine acht Jahre alt war, war das Wohnhaus der Familie bei einem Angriff zerstört worden. Die drei Töchter schliefen zur Tatzeit.
Die französischen Medien wärmten nun auch Details über die Scheidung ihrer Eltern wieder auf. Die Tochter war damals ein Teenager. Ihre Mutter Pierrette Lalanne posierte kurz nach der Trennung 1987 halbnackt im Kostüm eines Dienstmädchens für den "Playboy". Sie bezog sich damit nach eigenen Worten auf ein Interview ihres Mannes mit dem Magazin: Darin hatte er gesagt, wenn seine Frau Geld brauche, könne sie als Haushälterin arbeiten.
Marine Le Pen hatte damals jahrelang keinen Kontakt zu ihrer Mutter. Doch heute sei da "viel Liebe zwischen Mama und mir", sagte sie.
Loyalität ist das Markenzeichen von Le Pen
Auch sonst kennzeichnet sie eine hohe Loyalität. Noch heute sind in ihrem engsten Kreis alte Studienfreunde aus Paris vertreten, Mitglieder einer für Gewalt und Antisemitismus bekannten radikalen Studentengruppe. Sie stehen auch im Mittelpunkt eines mutmaßlichen Finanzskandals innerhalb der Front National. Dabei geht es um den Vorwurf, Wahlkampfkosten künstlich in die Höhe getrieben zu haben, um sich höhere staatliche Erstattungen zu sichern.
Solche Vorwürfe tun Le Pens Entschlossenheit keinen Abbruch. Inspiriert wird sie nach eigenen Worten nicht von ihrem Vater, sondern vom "ewigen Frankreich". "Wie die Mutterliebe lässt sich die Liebe zu Frankreich nicht erklären", schrieb sie 2012 in einem Buch. "Sie wird gelebt."