Nach knapper Pleite FPÖ klagt gegen Ergebnis der Präsidenten-Stichwahl in Österreich
Jetzt also doch: Die FPÖ klagt gegen die Präsidenten-Stichwahl in Österreich. Es gebe eine große Zahl an Unregelmäßigkeiten und Fehlern, die untersucht werden müssten, sagte Parteichef Heinz-Christian Strache.
FPÖ-Kandidat Norbert Hofer war dem ehemaligen Grünen-Chef Alexander Van der Bellen bei der Stichwahl am 22. Mai nur knapp unterlegen. Nach Schließung der Wahllokale lag Hofer noch vorne. Die Briefwähler, deren Stimmen erst am Tag darauf ausgezählt wurden, drehten das Ergebnis aber noch zugunsten Van der Bellens, der schließlich mit einem Vorsprung von lediglich 30.863 Stimmen oder 50,3 zu 49,7 Prozent gewann.
"Ausmaß mehr als erschreckend"
Besonders diese Briefwahlstimmen monierte die FPÖ in ihrer Anfechtung, die sie beim Verfassungsgerichtshof einreichte, wie ein Sprecher bestätigte. Strache sagte, dass in 94 der 117 Wahlbezirke das Gesetz auf die eine oder andere Weise missachtet worden sei, etwa indem Briefwahlstimmen vor dem Eintreffen von Vertretern der Wahlkommission vorsortiert worden seien. "Das Ausmaß ist mehr als erschreckend und mehr als relevant", sagte Strache. Hofer hätte ohne diese Fehler Präsident werden können.
Van der Bellen soll am 8. Juli als neuer Bundespräsident vereidigt werden. Bis dahin soll auch über die Anfechtung entschieden sein, wie der Österreichische Rundfunk berichtet. Die Verfassungsrichter hätten nach Eingang der Beschwerde laut Gesetz maximal vier Wochen Zeit, um ein Urteil zu fällen - das wäre der 6. Juli. Möglich wäre bei einer für die FPÖ positiven Entscheidung eine Neuauszählung, eine Wiederholung oder teilweise Neuaustragung der Wahl.
Strache hält Neuwahlen "für sehr realistisch"
Unmittelbar nach der Wahl hatten Strache und Hofer ihre denkbar knappe Niederlage noch anerkannt. Nun bezeichnete FPÖ-Kandidat Hofer die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Wahlanfechtung als "exorbitant hoch". Es mache keinen Sinn, die Stimmen der insgesamt mehr als 700 000 Briefwähler neu auszuzählen, sagte Strache. Angesichts des Umfangs der Fehler komme nur eine Neuwahl infrage. "Ich halte Neuwahlen für sehr realistisch."
Die Grünen, die ihren Ex-Chef Van der Bellen im Wahlkampf unterstützt hatten, zeigten sich unbeeindruckt. Etwaigen Pannen müsse nachgegangen werden, sagte der geschäftsführende Parlamentarier der Grünen, Dieter Brosz. Zugleich sah er ein taktisches Kalkül der FPÖ. "Wer wochenlang Weltverschwörungstheorien gezielt verbreitet, möchte sich zum Schluss nach einer Abweisung der Anfechtung durch den Verfassungsgerichtshof auch noch als Opfer darstellen können."